Sie war die größte Befestigung Europas im 19. Jahrhundert: die Bundesfestung Ulm. Seit einem halben Jahrhundert kümmern sich Ehrenamtliche vom Förderkreis mit Elan und jeder Menge Herzblut darum, dass dieses Stück Ulmer Geschichte für alle erhalten bleibt.
Restaurieren - dokumentieren - präsentieren: erlebbare Festung
Seit 50 Jahren packen viele Menschen ehrenamtlich tatkräftig an: Sie bieten Führungen an, machen die Festung erlebbar, restaurieren in ihrer Freizeit in unzähligen Arbeitsstunden Bauwerke der historischen Festung.
Immer samstags heißt es: Einsatz - auf wechselnden Baustellen
"In den Anfangsjahren brachte jeder noch sein eigenes Werkzeug von zu Hause und sogar selbst gekauftes Baumaterial mit", sagt Matthias Burger, Vorsitzender vom Förderkreis. 300 Mitglieder sind momentan aktiv für das Kulturdenkmal.
Nächster Großeinsatz der fleißigen Denkmalpfleger vom Förderkreis: Mäharbeiten
Als nächster Großeinsatz stehen Mäharbeiten rund um das Fort Oberer Kuhberg an. In den letzten sechs Jahren haben sie ein Blockhaus auf dem Kuhberg nach Originalplänen rekonstruiert. Es soll zur Geburtstagsfeier fertig sein und bietet in seinem Keller Platz für ein Archiv mit Dokumenten, für die es bislang keinen trockenen Ort gab.
Ulmer Verkehrspolitik der Nachkriegszeit Bedrohung für Bundesfestung
Vereins-Urvater ist der Ulmer Dr. Otmar Schäuffelen. Der Vereinsmitbegründer und Festungskenner sah seinerzeit die Festung akut von der Städteplanung der Sechzigerjahre bedroht. Damals hätte der vierspurige Ausbau von Straßen höhere Priorität als der Erhalt der geschichtsträchtigen Bauwerke gehabt, erinnert der Verein in seinen Publikationen. Die noch bestehenden Festungsbauten habe man durch die Vereinsgründung 1974 gerade noch vor dem drohenden Abriss bewahren können.
Zerfall lauert hinter jeder Mauerecke der Festung
Heute sieht der Verein eine neue Gefahr für das denkmalgeschützte Ensemble: Wasserschäden an Kalksteinmauern seien etwa eine Folge des Wildwuchses von Efeu.
Stadt und Verein als unermüdliche Pfleger und Gärtner
Deshalb müssten Stadt und Verein unermüdlich an der konsequenten Pflege dran bleiben, sagt Hartlieb. Das historische Erbe sei den Verantwortlichen bei der Stadt selbstverständlich sehr wichtig, sagte Sandra Lützel, Pressesprecherin der Stadt Neu-Ulm, dem SWR: "Dementsprechend kümmern wir uns auch um die Festungsanlage und investieren in die Pflege und vor allem den Erhalt", so Lützel. Im kommenden Winterhalbjahr, also nach Ende der Vegetationsperiode, werde beispielsweise wieder Bewuchs von den Bauwerken entfernt.
Museen, Vereine und Firmen bevölkern das Kulturdenkmal
Über die Jahre kamen immer neue Nutzungsformen der Festung hinzu und sind aus dem Kulturleben Ulms und Neu-Ulms nicht mehr wegzudenken: Das Festungsmuseum am Oberen Kuhberg, die KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg, ein Museumsstützpunkt auf der Wilhelmsburg oder der Festungsweg durch Ulm und Neu-Ulm: Beispiele dafür, dass der Verein seit seiner Gründung am 2. September 1974 alles daran setzt, dass die Bundesfestung ins Bewusstsein der Bürger und Gäste von Ulm und Neu-Ulm dringt.
Die sommerliche Aktion "Stürmt die Burg" auf dem Teil der Bundesfestung bei der Wilhelmsburg, Konzerte und Ausstellungen beleben die Mauern. Firmen haben Räume darin bezogen, etwa das Kriegsspital an der Neu-Ulmer Turmstraße.
Jahr der Festung ausgerufen zum 50. Geburtstag
Der Förderkreis Bundesfestung Ulm e.V. feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen - mit Aktionstagen. So öffnen am "Kleinen Tag der Festung" am Sonntag, 11. August sechs bedeutende Stationen in Neu-Ulm ihre Türen. Sie sind Teil des 9,5 Kilometer umfassenden Mauerzugs der Bundesfestung. Bis zu 10.000 Arbeiter haben seinerzeit in 17 Jahren 16 Außenforts gebaut. Interessierte dürfen an diesem Tag von 11 bis 16 Uhr in die Geheimnisse der Gemäuer auf der bayerischen Seite eintauchen. Ein Rundweg ist ausgeschildert.
Die Jubiläumsfeier findet am 20. Oktober in der Gedenkstätte Oberer Kuhberg statt. Dann soll auch die Rekonstruktion des Blockhaus fertiggestellt sein und das Festungsmuseum ergänzen. Das ursprüngliche Blockhaus war 1921 abgerissen worden und seit 2018 durch den Verein neu aufgebaut.
Welche der sechs Stationen sich am meisten lohnen, vermag Hartlieb gar nicht zu sagen, "weil alle sechs sonst nie fürs Publikum geöffnet sind, lohnen sich alle", sagt er.
Wer hätt's gewusst? Neu-Ulmer Wasserturm steht auf ehemals explosivem Grund
Besucher dürfen exklusiv in ein altes Pulvermagazin aus Kriegszeiten hinabsteigen. Der Neu-Ulmer Wasserturm wurde auf ehemals explosiven Grund gebaut: "Das galt als prima Fundament", sagt Michael Hartlieb. Warum? Das Pulverlager war natürlich ohnehin aus besonders stabilem Mauerwerk. Jetzt hat der Förderkreis darin ein Museum mit Plänen, Bildern und einem Modell des Brückenkopfes eingerichtet. Dort, wo ehedem bis zu 1.200 Zentner Pulver lagerten.
Gäbe es Neu-Ulm ohne die Festung überhaupt?
Die Festung wurde zwischen den Jahren 1842 und 1859 erbaut. Baudirektor war der preußische Oberst Moritz Karl Ernst von Prittwitz. Er wollte auch am bayerischen Donauufer einen sogenannten Brückenkopf bauen, um Ulm auch tatsächlich abzuschirmen. Dabei wollte aber der bayerische König Ludwig der Erste ein Wörtchen mitreden. Seine Bedingung: In die Kurve, die durch die Einfassung entstand, sollte eine Stadt passen: Neu-Ulm. Vielleicht der Auslöser, jedenfalls der Schlüssel für die Stadtgründung 1869, spekuliert Hartlieb.