Förderkreis feiert Jahr der Festung

50 Jahre Schweiß und Herzblut für Bundesfestung Ulm

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Christina Scherer
Christina Scherer

Restaurieren statt Urlaub: Seit 50 Jahren engagieren sich Menschen in ihrer Freizeit für den Erhalt der Bundesfestung Ulm/Neu-Ulm. Am Sonntag sind sechs Bauwerke in Neu-Ulm geöffnet.

Sie war die größte Befestigung Europas im 19. Jahrhundert: die Bundesfestung Ulm. Seit einem halben Jahrhundert kümmern sich Ehrenamtliche vom Förderkreis mit Elan und jeder Menge Herzblut darum, dass dieses Stück Ulmer Geschichte für alle erhalten bleibt.

Restaurieren - dokumentieren - präsentieren: erlebbare Festung

Seit 50 Jahren packen viele Menschen ehrenamtlich tatkräftig an: Sie bieten Führungen an, machen die Festung erlebbar, restaurieren in ihrer Freizeit in unzähligen Arbeitsstunden Bauwerke der historischen Festung.

Die Arbeit fühlt sich fast wie Urlaub an, ein Ausgleich für viele von uns.

Immer samstags heißt es: Einsatz - auf wechselnden Baustellen

"In den Anfangsjahren brachte jeder noch sein eigenes Werkzeug von zu Hause und sogar selbst gekauftes Baumaterial mit", sagt Matthias Burger, Vorsitzender vom Förderkreis. 300 Mitglieder sind momentan aktiv für das Kulturdenkmal.

Nächster Großeinsatz der fleißigen Denkmalpfleger vom Förderkreis: Mäharbeiten

Als nächster Großeinsatz stehen Mäharbeiten rund um das Fort Oberer Kuhberg an. In den letzten sechs Jahren haben sie ein Blockhaus auf dem Kuhberg nach Originalplänen rekonstruiert. Es soll zur Geburtstagsfeier fertig sein und bietet in seinem Keller Platz für ein Archiv mit Dokumenten, für die es bislang keinen trockenen Ort gab.

Ulmer Verkehrspolitik der Nachkriegszeit Bedrohung für Bundesfestung

Vereins-Urvater ist der Ulmer Dr. Otmar Schäuffelen. Der Vereinsmitbegründer und Festungskenner sah seinerzeit die Festung akut von der Städteplanung der Sechzigerjahre bedroht. Damals hätte der vierspurige Ausbau von Straßen höhere Priorität als der Erhalt der geschichtsträchtigen Bauwerke gehabt, erinnert der Verein in seinen Publikationen. Die noch bestehenden Festungsbauten habe man durch die Vereinsgründung 1974 gerade noch vor dem drohenden Abriss bewahren können.

Zerfall lauert hinter jeder Mauerecke der Festung

Heute sieht der Verein eine neue Gefahr für das denkmalgeschützte Ensemble: Wasserschäden an Kalksteinmauern seien etwa eine Folge des Wildwuchses von Efeu.

Das Memminger Tor ist ein Teil der der Bundesfestung Ulm auf Neu-Ulmer Seite
Unter Büschen und Bäumen versteckt sich das Memminger Tor heute in den Glacis-Parkanlagen in Neu-Ulm. Es ist Teil des sogenannten Brückenkopfes der Bundesfestung Ulm auf bayerischer Seite.

Stadt und Verein als unermüdliche Pfleger und Gärtner

Deshalb müssten Stadt und Verein unermüdlich an der konsequenten Pflege dran bleiben, sagt Hartlieb. Das historische Erbe sei den Verantwortlichen bei der Stadt selbstverständlich sehr wichtig, sagte Sandra Lützel, Pressesprecherin der Stadt Neu-Ulm, dem SWR: "Dementsprechend kümmern wir uns auch um die Festungsanlage und investieren in die Pflege und vor allem den Erhalt", so Lützel. Im kommenden Winterhalbjahr, also nach Ende der Vegetationsperiode, werde beispielsweise wieder Bewuchs von den Bauwerken entfernt.

Museen, Vereine und Firmen bevölkern das Kulturdenkmal

Über die Jahre kamen immer neue Nutzungsformen der Festung hinzu und sind aus dem Kulturleben Ulms und Neu-Ulms nicht mehr wegzudenken: Das Festungsmuseum am Oberen Kuhberg, die KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg, ein Museumsstützpunkt auf der Wilhelmsburg oder der Festungsweg durch Ulm und Neu-Ulm: Beispiele dafür, dass der Verein seit seiner Gründung am 2. September 1974 alles daran setzt, dass die Bundesfestung ins Bewusstsein der Bürger und Gäste von Ulm und Neu-Ulm dringt.

Die sommerliche Aktion "Stürmt die Burg" auf dem Teil der Bundesfestung bei der Wilhelmsburg, Konzerte und Ausstellungen beleben die Mauern. Firmen haben Räume darin bezogen, etwa das Kriegsspital an der Neu-Ulmer Turmstraße.

Wir wollen eine öffentliche Wertschätzung für das bedeutende Kulturdenkmal erreichen.

Jahr der Festung ausgerufen zum 50. Geburtstag

Der Förderkreis Bundesfestung Ulm e.V. feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen - mit Aktionstagen. So öffnen am "Kleinen Tag der Festung" am Sonntag, 11. August sechs bedeutende Stationen in Neu-Ulm ihre Türen. Sie sind Teil des 9,5 Kilometer umfassenden Mauerzugs der Bundesfestung. Bis zu 10.000 Arbeiter haben seinerzeit in 17 Jahren 16 Außenforts gebaut. Interessierte dürfen an diesem Tag von 11 bis 16 Uhr in die Geheimnisse der Gemäuer auf der bayerischen Seite eintauchen. Ein Rundweg ist ausgeschildert.

Die Jubiläumsfeier findet am 20. Oktober in der Gedenkstätte Oberer Kuhberg statt. Dann soll auch die Rekonstruktion des Blockhaus fertiggestellt sein und das Festungsmuseum ergänzen. Das ursprüngliche Blockhaus war 1921 abgerissen worden und seit 2018 durch den Verein neu aufgebaut.

Welche der sechs Stationen sich am meisten lohnen, vermag Hartlieb gar nicht zu sagen, "weil alle sechs sonst nie fürs Publikum geöffnet sind, lohnen sich alle", sagt er.

Wer hätt's gewusst? Neu-Ulmer Wasserturm steht auf ehemals explosivem Grund

Besucher dürfen exklusiv in ein altes Pulvermagazin aus Kriegszeiten hinabsteigen. Der Neu-Ulmer Wasserturm wurde auf ehemals explosiven Grund gebaut: "Das galt als prima Fundament", sagt Michael Hartlieb. Warum? Das Pulverlager war natürlich ohnehin aus besonders stabilem Mauerwerk. Jetzt hat der Förderkreis darin ein Museum mit Plänen, Bildern und einem Modell des Brückenkopfes eingerichtet. Dort, wo ehedem bis zu 1.200 Zentner Pulver lagerten.

In den Gemäuern ist es ja auch schön kühl, dazwischen ein Besuch im Biergarten...

Der bekannte Wasserturm im Glacis-Park Neu-Ulm gehört zur Bundesfetung Ulm und steht auf einem ehemaligen Pulvermagazin und wurde um 1900 auf diesem ungewöhnlichen Fundament erbaut. Der Förderkreis öffnet den alten Pulver-Keller exklusiv am Tag der Festung für Besucher.
Der bekannte Wasserturm im Glacis-Park Neu-Ulm steht auf einem ehemaligen Pulvermagazin und wurde um 1900 auf diesem ungewöhnlichen Fundament erbaut. Der Förderkreis öffnet den alten Pulver-Keller exklusiv am Tag der Festung für Besucher. Auf dem Turm selbst geben sich seit einigen Jahren Paare das Ja-Wort.

Gäbe es Neu-Ulm ohne die Festung überhaupt?

Die Festung wurde zwischen den Jahren 1842 und 1859 erbaut. Baudirektor war der preußische Oberst Moritz Karl Ernst von Prittwitz. Er wollte auch am bayerischen Donauufer einen sogenannten Brückenkopf bauen, um Ulm auch tatsächlich abzuschirmen. Dabei wollte aber der bayerische König Ludwig der Erste ein Wörtchen mitreden. Seine Bedingung: In die Kurve, die durch die Einfassung entstand, sollte eine Stadt passen: Neu-Ulm. Vielleicht der Auslöser, jedenfalls der Schlüssel für die Stadtgründung 1869, spekuliert Hartlieb.

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