Einige Großbaustellen beginnen noch 2024

Baustellen in der Stadt Ulm: Warum es noch schlimmer wird

Stand
Autor/in
Jannik Volz

In Ulm ist kein Ende der Baustellen in Sicht. Egal, ob mit dem Auto, dem Fahrrad oder zu Fuß - wer unterwegs ist, braucht vielerorts Geduld und manchmal auch Orientierung. Und das ist erst der Anfang.

Und täglich grüßen die Baustellen. Wer durch Ulm fährt oder geht, kommt kaum an den rot-weißen Pylonen, Absperrzäunen und Baken vorbei. Wird eine Baustelle fertiggestellt, dauert es meist nicht lange, da gibt es andernorts schon die nächste. Viele Verkehrsteilnehmer in Ulm stellt das vor eine Herausforderung:

Selbst einem Ortsfremden fällt mit Blick auf die Ulmer Baustellenkarte auf: In dieser Stadt wird viel gebaut. Die Innenstadt ist geplagt von Fernwärmearbeiten. In der Oststadt treffen gleich mehrere Baustellen aufeinander: In der Münchner Straße entsteht ein neuer Radweg, die Straße ist aus Richtung Neu-Ulm kommend seit Anfang März gesperrt. In der Karlstraße sorgt ein Wasserrohrbruch für Behinderungen. Auch durch die Heidenheimer Straße zieht sich eine Baustelle - der allgemeine Straßennutzer verliert den Überblick, warum, wie und wo nochmal. Und er verliert vor allem eines: Zeit.

Grafikkarte: Zahlreiche Baustellen in der Stadt Ulm sind eine Herausforderung für alle Verkehrsteilnehmer, Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer.
Die aktuelle Karte spricht für sich: Die zahlreiche Baustellen in der Stadt Ulm sind eine Herausforderung für alle Verkehrsteilnehmer, Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer.

Gleichzeitige Baumaßnahmen sind kein Versehen, sondern Absicht

Dass im Stadtgebiet gleichzeitig Baustellen entstehen, ist nicht aus Versehen, sondern notwendig, sagt Michael Jung, Leiter der Hauptabteilung Verkehrsplanung. "Sie laufen bewusst gleichzeitig, weil wir einfach viele weitere Baumaßnahmen in petto haben", so Jung. Es gehe darum, an die großen Einschränkungen in der Zukunft zu denken. Würde man eine Baustelle nach der anderen abwickeln, wäre man die nächsten 50 Jahre beschäftigt, so Jung. Aktuelle Verkehrsbehinderungen müssten zwangsläufig in Kauf genommen werden.

Wenn wir sagen würden, wir wickeln eins nach dem anderen ab, dann sind wir die nächsten 50 Jahre beschäftigt.

Große Baumaßnahmen, wie an der Gänstorbrücke, der Adenauerbrücke und der Wallstraßenbrücke, stehen erst noch an. Da müsse man jetzt im Vorhinein andere Strecken auf Vordermann bringen, damit diese dann als Umleitungsstrecken frei seien. Der Bauingenieur weiß: Arbeiten an Brücken verursachen immer mit die größten Probleme im Verkehr. "Das heißt natürlich nicht, dass die Baustellen jetzt keine Einschränkungen mit sich bringen. Aber sie sind deutlich geringer, als wenn wir sie parallel mit den anderen großen Baustellen machen müssten."

"Wiederaufbau 2.0": Ulm vom zweiten Weltkrieg gezeichnet

Großstädte wie Ulm waren nach dem zweiten Weltkrieg sehr gezeichnet. Damals musste die Infrastruktur schnellstmöglich gleichzeitig wieder aufgebaut werden. Jetzt, 70 Jahre später, kommen Straßen, Brücken, Leitungen und Kanäle in ein Alter, in dem sie erneuert werden müssen, berichtet Michael Jung. Das sei der Grund, warum in nächster Zeit so viel gleichzeitig anstehe.

Wir kommen jetzt an den Punkt Wiederaufbau 2.0

Hinzu käme, dass vor 70 Jahren das Verkehrsaufkommen ein völlig anderes war. Viele Brücken und Straßen halten es deshalb einfach nicht mehr aus, dass täglich tausende und zudem schwere Fahrzeuge wie LKW über den Asphalt rollen. Über die Wallstraßenbrücke (B10) beispielsweise fahren täglich bis zu 95.000 Fahrzeuge. Eine Zahl, die damals unvorstellbar war. "Das, was in den 50er, 60er Jahren gemacht wurde, ist jetzt einfach am Ende der Nutzungszeit", ergänzt Harald Walter, Leiter der Koordinierungsstelle Großprojekte in Ulm.

Zu all der Kritik am Baustellen-Management in Ulm sagt Verkehrsplaner Michael Jung: Man könne nicht von Versäumnissen sprechen. "Intakte Sachen werden nicht schon vorher saniert, damit sie dann eventuell nicht gleichzeitig kaputt gehen. Das ist unrealistisch in meinen Augen".

Was steht dieses Jahr noch an?

Mit den Baustellen wird es für die Ulmer nicht besser, eher schlimmer in den kommenden zehn Jahren. Allein 2024 stehen noch einige Großbaustellen auf dem Plan:

Sanierung Donauradweg: Ab Juni wird der Donauradweg zwischen dem Donautal und der Adenauerbrücke saniert. Hier wird der Geh- und Radweg voll gesperrt. Es gibt eine Umleitung. In der Zeit wird auf der B311 eine Fahrspur in Richtung Stadt gesperrt und für den Radverkehr freigegeben.

Gänstorbrücke: Nach Schwörmontag im Juli wird mit dem Brückenabbruch und Neubau der Gänstorbrücke begonnen. Das Projekt soll 2027 abgeschlossen sein. Der Bau der neuen und der Abbau der alten Brücke sollen stückweise so erfolgen, dass der Verkehr aufrechterhalten werden kann.

Sanierung Schammental: Im September und Oktober diesen Jahres wird das Schammental saniert. Es handelt sich um die Strecke von der Halle Nord bis nach Mähringen und dann weiter bis nach Blaustein. Mit einer Sperrung der Straße ist zu rechnen.

Sanierung der alten B10: Die Verlängerung der Stuttgarter Straße, die alte B10, wird zwischen Lehr und Autobahnanschlussstelle saniert. Der genaue Zeitpunkt ist noch unklar, die Straße wird während der Baumaßnahme voll gesperrt.

Sanierung des Ulmer Hauptbahnhofs beginnt ebenfalls 2024

Im dritten Quartal 2024 wird der Bahnhofsteg am Ulmer Hauptbahnhof saniert. Unter anderem wird die Beleuchtung erneuert, der Beton saniert und digitale Fahrgastinformationen eingerichtet.

Die Deutsche Bahn beginnt außerdem in diesem Jahr mit der Kernsanierung des alten Bahnhofsgebäudes. Ab April werden bereits Container auf dem Bahnhofsvorplatz sowie erste Absperrungen errichtet. Im Anschluss wird drei bis vier Jahre lang das gesamte Gebäude entkernt, saniert und umstrukturiert. Dann ist der Steg der einzige Zugang zu den Gleisen für Bahnreisende.

Die Verkehrsplaner in Ulm betrachten die Maßnahme mit einem lachenden und einem weinenden Auge, so Harald Walter. Einerseits habe man auf die dringend nötige Sanierung die letzten Jahre immer wieder gedrängt, "auf der anderen Seite ist die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes erst jüngst abgeschlossen worden, jetzt gibt es dort bald schon wieder eine Großbaustelle."

Erste Zäune werden errichtet: Wieder eine Großbaustelle kommt am Ulmer Hauptbahnhof.
Am Ulmer Hauptbahnhof steht die nächste Großbaustelle an: Sobald hier kein Durchkommen mehr ist, können Bahnreisende nur noch über den Steg auf die Gleise. Bild in Detailansicht öffnen
Erste Zäune werden errichtet: Wieder eine Großbaustelle kommt am Ulmer Hauptbahnhof.
Die ersten Zäune werden errichtet und auch Container sollen in den kommenden Tagen aufgestellt werden. Bild in Detailansicht öffnen
Wieder eine Großbaustelle am Ulmer Hauptbahnhof. Die Eingangshalle wird neu geordnet und bekommt eine Rolltreppe.
Die Bahnhofshalle wird kernsaniert. In Zukunft soll es eine Rolltreppe zu den Gleisen geben. Bild in Detailansicht öffnen
Wieder eine Großbaustelle am Ulmer Hauptbahnhof. Die Bahnhoshalle wird umstrukturiert.
Die gesamte Bahnhofshalle in Ulm soll umstrukturiert werden. Bild in Detailansicht öffnen
Neben dem Ulmer Hauptbahnhof wird der ZOB umgabeut.
Und auch neben dem Hauptbahnhof wird nach wie vor der ZOB umgebaut. In ein paar Monaten beginnt auch die Sanierung des Steges über den Gleisen. Bild in Detailansicht öffnen

Konsequenzen für Verkehrsteilnehmer

Die Konsequenzen für die Verkehrsteilnehmer werden bei jedem Projekt konsequent erörtert und beachtet, sagt Michael Jung. Besonders mit Hinblick darauf, dass versucht würde, jegliche Baumaßnahmen effizient abzuwickeln. Das würde nicht immer klappen - "gerade im innerstädtischen Bereich erleben wir beim Öffnen der Straßen immer wieder Überraschungen".

Ganz klar: Am Anfang einer Baumaßnahme wissen wir nie zu 100%, wie sie abläuft.

Beispielsweise würden Betonplatten immer wieder auftauchen, von denen vorher niemand wusste. Soetwas könne nicht geplant werden. Für ein effizientes Baustellen-Management läuft die Planung in enger Zusammenarbeit mit dem Land, der Stadt Neu-Ulm und Dritten, wie den Stadtwerken oder der Fernwärme Ulm.

Alternative: Bus, Rad oder zu Fuß - denn mit dem Auto wird's noch ungemütlicher

Die Einschränkungen für die Menschen in der Stadt seien nicht wegzudiskutieren. Ohne gehe es nicht, es lasse sich nichts hinzaubern, so Jung. "Die meisten Menschen sind nach wie vor alleine im Auto, auch da muss ein Umdenken stattfinden." In Zukunft werde es mehr passieren, dass bestimmte Verkehrsformen bevorzugt werden. Fahrradstraßen wurden und würden weiter ausgebaut, um die Menschen anzuregen, mehr Rad zu fahren.

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Die Stuttgarter Straße, die eine Hauptumfahrung für die B10 darstellt, soll zudem eine Beschleunigungsspur für den Busverkehr bekommen. Man wolle so Menschen dazu bewegen, auf den Nahverkehr umzusteigen. Ähnlich wie bei der Schranke für Busse auf der Gänstorbrücke. "Wir müssen in den nächsten Jahren in Ulm lernen, dass man sich anders fortbewegen sollte", sagt Michael Jung.

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