Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind, sehen sich immer wieder einem Vorwurf ausgesetzt: Sie hätten mit aufreizender Kleidung die Tat provoziert. Gegen dieses "victim blaming", das Frauen zu Täterinnen macht, will eine Wanderausstellung in Ulm kämpfen.
Das Sommerkleid einer sechsjährigen - die dicke Lederjacke einer 15-Jährigen. Alles Kleidungsstücke von Mädchen und Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. Insgesamt zwölf davon sind in der Ulmer Stadtbibliothek zu sehen. Von zwölf Frauen, die ihre Geschichte erzählen wollen.
Ausstellung in Ulm "Was ich anhatte..." - Jüngste Betroffene ist sechs Jahre alt
Die ausgestellten Kleidungsstücke zeigen: Sexualisierte Gewalt kennt kein Alter, kein arm und kein reich. Die jüngste der Betroffenen ist sechs Jahre alt, die älteste wurde mit über 80 Jahren im Pflegeheim vergewaltigt. Immer wieder wechseln die ausgestellten Kleidungsstücke, erzählt die Kuratorin Beatrix Wilmes. Es gebe Kleidungsstücke, die die betroffenen Frauen für eine begrenzte Zeit zu Verfügung stellen. Die Opfer möchten sie dann zurückbekommen, weil sie sagen: "Ich haue sie dann in die Tonne und verbrenne sie. Weil damit das Thema für mich abgeschlossen ist".
Es gebe aber auch Frauen, die während des Auf- oder Abbaus der Ausstellung mit einer Tüte kommen und signalisieren, dass sie gerne an der Ausstellung teilnehmen möchten. Alle Frauen hätten dieselbe Motivation: Sie wollen mit dem Mythos aufzuräumen, dass die Kleidung etwas mit der Tat zu tun habe.
Schon die Frage: "Was hattest du an?" impliziert ja, dass die Kleidung bei sexualisierter Gewalt eine Rolle spiele, bemerkt Sonja Fröhlich von der Frauenberatungsstelle Ulm. "Den Täter fragt niemand, was er anhatte. Es wird gefragt, ob ich mit meiner Kleidung in irgendeiner Form provoziert habe. Also die Kleidung bekommt eine Funktion, die sie aber nicht hat. Und das ist halt ein Punkt, unter dem die Frauen sehr leiden."
Ausstellung will mit dem Zeigen der Kleidungsstücke Frauen Mut machen
Auf diese Art der Täter-Opfer-Umkehr will die Ausstellung aufmerksam machen - und den vielen Frauen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, Mut machen, mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen.