So richtig fassen können es Eugen und Rose Heller noch immer nicht, als das Räumkommando in ihrer Wohnung in Tübingen anpackt. "Pipi ist das wahrscheinlich", stellt einer der Arbeiter mit Blick auf eine Glasflasche mit gelbem Inhalt fest. "Pipi?", fragt der 85-jährige Eigentümer unsicher. "Ja nicht alles, was wie Apfelsaft aussieht, ist auch Apfelsaft", die Antwort. Zwei Meter weiter eine kleine Pfütze am Boden, in ihr liegt eine Spritze. Diese Müllkippe ist ein langer Albtraum für die Hellers.
Tatortreiniger muss die Wohnung retten
Eigentlich wollten die Hellers mit der Wohnung ihre Rente aufbessern. Diesen Teil der Altersvorsorge muss nun ein echter Tatortreiniger retten. Stefan Marquart ist der Inhaber des Räumungsdienstes. Für ihn ist der Einsatz eher unspektakulär. "Normalerweise liegt bei uns noch eine Leiche dazwischen", sagt er. Wohl auch deshalb lässt ihn der bestialische Gestank kalt.
Galgenhumor beim Blick in den Ofen
Etwa ein Jahr hat eine junge Frau die Wohnung von Eugen und Rose Heller gemietet und völlig verwüstet hinterlassen. Der 85-Jährige klappt die Ofentür herunter. Sie ist pechschwarz. "Meine Frau sagt immer, da haben sie eine Katze drin gegrillt." Galgenhumor im Chaos. "Der Ofen ist ja ein Jahr alt", sagt der Rentner. Aber der Ofen ist wohl hin. Statt mit Einnahmen rechnet das Paar jetzt mit bis zu 20.000 Euro Kosten: Für Anwalt, Räumung und Renovierung.
Am liebsten würde das Ehepaar die Wohnung gar nicht mehr vermieten, aber finanziell kommt das nicht in Frage. Bis zur Räumung der Wohnung war es ein langer Weg. Die Mieterin musste ihre Einwilligung dafür geben, zu sämtlichen ausgemachten Terminen ist sie aber nicht gekommen. Und trotz dem ganzen Stress: Die junge Frau tut Eugen Heller auch leid: "Ich persönlich wollte ihr immer, ich möchte ihr auch heute noch helfen."
Vermieter vermuten Drogenproblem
Als Grund für das Verhalten der Mieterin vermuten die Hellers ein Drogenproblem. Sie versuchen Kontakt zur Mieterin und auch zu ihrer Mutter aufzunehmen. Nach einem guten Gespräch bricht der Kontakt wieder ab. Also zieht das Ehepaar im Februar vor Gericht. Im Mai die Zwangsvollstreckung: Die Mieterin muss raus. Die Chance, aus dem Albtraum aufzuwachen.
Bei der Unterschrift des Mietvertrags im Dezember 2022 haben die Rentner aus Tübingen keine Anzeichen für eine solche Tortur ausgemacht. Die junge Frau hatte einen Job, hat damals einen guten Eindruck hinterlassen.
Albtraum endet und Schlafen geht auch wieder
Das Räumkommando ist schon wieder abgerückt. Zwei Tage hat der Einsatz gedauert. Den Boden und die Küche haben sie rausgerissen. Ein Neuanfang für die Hellers und ihre Wohnung steht bevor. Groß feiern werden sie nicht. "Dann muss man sich überlegen, was die nächste Arbeit ist", sagt Eugen Heller. Immerhin haben die Schlafprobleme seiner Frau Rose schon etwas nachgelassen.
Therapeutin erklärt Messie-Syndrom
Veronika Schröter ist Leiterin des Messie-Kompetenz-Zentrums in Stuttgart. Sie hilft Menschen, die das Messie-Syndrom haben. Die Therapeutin war 2017 in der SWR Landesschau zu Gast und erklärte ihre Arbeit: