Nach drei Verhandlungstagen ist am Donnerstagnachmittag eine Entscheidung am Landgericht Tübingen gefallen: Die 58-jährige Brandstifterin wird in einer geschlossenen Klinik untergebracht. Das Gericht war davon überzeugt, dass die Frau das Feuer in ihrem Zimmer gelegt hat und sich selbst umbringen wollte.
Wegen ihrer Minderbegabung, Schizophrenie und ihrer mangelnden Folgen-Abschätzung kann die Frau nach Begründung des Gerichts nicht bestraft werden. Sie hat laut Vorsitzendem Richter "im Zustand der Schuldunfähigkeit" gehandelt. Da es keine Aussicht auf Besserung ihres Gesundheitszustandes gebe, müsse sie in einer geschlossenen Klinik untergebracht werden, um die Allgemeinheit vor ihr zu schützen.
Brandstiftung mit Todesfolge
Die 58-Jährige, die selbst Bewohnerin der Pflegeeinrichtung für psychisch kranke Menschen in Reutlingen war, hatte am Abend des 17. Januars dieses Jahres nach Einschätzung des Gerichts ihr Bett angezündet. Bei dem Brand kamen zwei Mitbewohner und eine Mitbewohnerin wegen Rauchgasvergiftungen ums Leben, andere Bewohner wurden schwer verletzt. Die Pflegekräfte und die Rettungskräfte hätten ihr Menschenmögliches getan, sagte das Gericht. Aufgrund der extremen Rauchentwicklung im Gang und dem Aufenthaltsraum hätten sie aber nicht gerettet werden können.
Staatsanwaltschaft blieb bei Mord-Vorwurf
Die Staatsanwaltschaft ging von Prozessbeginn an von erheblich verminderter Schuldfähigkeit der Beschuldigten aus. Sie leide seit Jahrzehnten an einer schizophrenen Psychose. Der Staatsanwalt sprach am Donnerstagvormittag in seinem Plädoyer davon, dass die Frau keine Absicht gezeigt habe, andere Menschen zu töten. Die Beschuldigte sei krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, die Folgen ihres Tuns zu erkennen. Dennoch habe sie gewusst, was sie tat, als sie Feuer gelegt habe. Deshalb bleibe er bei den Vorwürfen Mord, versuchter Mord und schwere Brandstiftung. Zum Schutz der Allgemeinheit forderte er, die 58 Jahre alte Frau dauerhaft in ein psychiatrisches Krankenhaus unterzubringen.
Verteidigung plädierte auf fahrlässige Tötung
Auch die Verteidigerin hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Beschuldigte in eine geschlossene Klinik kommt. Seit Februar lebt sie bereits im Zentrum für Psychiatrie in Bad Schussenried (Kreis Biberach). "Die Gefährlichkeit der Brandstiftung drängt sich auf. Es ist ja nicht die erste Brandstiftung in ihrem Leben", sagte die Verteidigerin am Donnerstagvormittag bei der Verhandlung. Die Beschuldigte hatte bereits als junge Frau einen Kleiderschrank in ihrem Elternhaus angezündet, wie aus Akten hervorging. Ihre Mandantin habe das Feuer gelegt, bestätigte die Verteidigerin. Damit habe sie sich allerdings nur selbst schaden wollen. Daher plädiere sie auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung.
Die 58-Jährige selbst sagte am ersten Verhandlungstag, dass sie mit dem Feuerzeug nur sich selbst umbringen wollte.
Feuer in Wohngruppe ausgebrochen
Das Feuer war in einer von insgesamt vier Wohngruppen der Pflegeeinrichtung ausgebrochen, in denen jeweils sieben bis acht psychisch kranke Menschen wie eine Familie mit eigenen Zimmern zusammenleben. Nach damaligen Angaben des ärztlichen Leiters des Heims handelt es sich um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe für Menschen, die mindestens 50 Jahre alt sind, längerfristig dort leben und nach Angaben der Stadt vergleichsweise selbstständig sind.
Drei Menschen starben bei Brand
Bei dem Brand in der sozialpsychiatrischen Pflegeeinrichtung in Reutlingen waren eine 53 Jahre alte Mitbewohnerin und zwei Mitbewohner im Alter von 73 und 88 Jahren getötet worden. Sie starben an einer Rauchgasvergiftung. Die Angeklagte selbst zog sich schwere Verletzungen zu. Es entstand ein Sachschaden am Gebäude von rund 300.000 Euro. Pflegekräfte, die in der Brandnacht Dienst hatten, sind zum Teil bis heute traumatisiert.