Der "Tag der Bundeswehr" in Stetten am kalten Markt (Kreis Sigmaringen) ging am Wochenende mit einem Besucherrekord zu Ende. Rund 30.000 Menschen kamen laut Bundeswehr in die Alb-Kaserne. Beim letzten Mal im Jahr 2016 waren es nur 12.000.
Bundeswehr hat sich monatelang vorbereitet
Laute Musik dröhnt aus großen Boxen am Eingang zur Alb-Kaserne, ein Transportflugzeug rauscht über das Gelände. Erst gehen die Köpfe der Besucher nach oben, dann die Handys und Kameras. Sie wollen schnell ein Foto machen, bevor die Militärmaschine wieder weg ist. Es wird aber nicht der einzige Überflug sein an diesem "Tag der Bundeswehr". Denn die Truppe hat sich monatelang vorbereitet und weder Kosten noch Mühen gescheut. Man will zeigen, was man kann und hat. Überall auf dem riesigen Kasernen-Gelände stehen Maschinen und Fahrzeuge. Wer will, kann in ein Flugzeug steigen, auf einen Panzer klettern oder den Truppenübungsplatz auf dem Heuberg im Bus erkunden.
Staus bei der Anreise und Protest
Die Hauptwege und Straßen der Alb-Kaserne sind schon am Vormittag rappelvoll. Während Tausende an den Eingangskontrollen warten, stehen andere noch im Stau. Kurz vor der Kaserne haben ein paar Demonstranten Plakate aufgestellt. "Unsere Kinder kriegt ihr nicht" ist darauf zu lesen. Die Besucher strömen an ihnen vorbei.
Auch Feuerwehr, THW und andere sind dabei
Viele Besucher sind mit der ganzen Familie gekommen. Kinder toben auf einer Hüpfburg, stehen staunend vor den großen Fahrzeugen der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks. Denn nicht nur die Bundeswehr selbst stellt sich vor. Auch viele andere Organisationen, Vereine und Hilfsdienste sind da. Musikkapellen aus der Region spielen. Die Bundeswehr will zeigen, dass sie in der Gesellschaft verwurzelt ist.
Großes Interesse für Bundeswehr seit Krieg gegen die Ukraine
Das Interesse für die Bundeswehr sei in den vergangenen Monaten stark gestiegen, sagen die Verantwortlichen in der Alb-Kaserne. Soldaten in Uniform würden auf den Straßen angesprochen, bekämen oft ein Dankeschön für ihren Einsatz zu hören. Die Gäste am "Tag der Bundeswehr" scheinen in der Mehrheit keine bloßen Waffennarren zu sein. "Die Bundeswehr ist jetzt wichtiger denn je", sagen viele. Die politische Lage zeige es. "Ich bezeichne mich selbst als Pazifist", erzählt ein Besucher. Er halte Putin und andere Staaten für aggressiv. "Und wenn man nicht darstellt, dass man sich wehren würde, glaube ich, wäre man ein Opfer", sagt er. Das empfinden viele der Besucher so. Die, die es anders sehen, sind nicht gekommen.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist live auf das Gelände der Alb-Kaserne geschaltet. Er ist auf dem Fliegerhorst in Faßberg (Niedersachsen). Denn der "Tag der Bundeswehr" findet deutschlandweit statt. Er betont erneut, dass die Bundeswehr "kriegstüchtig" werden müsse. Er verstehe, dass dieses Wort einige erschreckt habe. Es sei seine Absicht gewesen zu erschrecken. Man müsse in der Lage sein, einen Verteidigungskrieg zu führen, wenn man angegriffen wird. "Vorbereitet sein auf das Schlimmste", sagt er.
Mehr junge Frauen für die Bundeswehr
Dafür aber braucht es Soldaten und Soldatinnen. Die Wehrpflicht wieder einführen? Viele der Besucher in Stetten am kalten Markt sind dafür. "Wir brauchen dringend wieder eine Wehrpflicht", sagt eine Frau. Und ergänzt: "Ich bin selbst Mutter und habe Enkel. Und hoffe dann, dass es sie nicht trifft". Verteidigungsminister Pistorius spricht davon, dass mehr junge Männer und auch Frauen ihren Wehrdienst leisten sollen. "Idealerweise freiwillig".
Noch immer gibt es in der Bundeswehr zu wenig Frauen. Die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl hat das erst im Mai erneut betont. Eine dieser Frauen in der Truppe ist Oberleutnant Schröder. Sie ist in Stetten am kalten Markt für den Ablauf des Bühnenprogramms verantwortlich. Als es am Nachmittag wolkenbruchartig schüttet und das Bundeswehrfest ins Wasser zu fallen droht, managt sie die Lage routiniert. Die junge Frau ist überzeugt von ihrem Beruf als Soldatin.
Oberleutnant Schröder über ihre Arbeit bei der Bundeswehr:
Schwerer Start für Frauen bei der Bundeswehr
Eine Karriere bei der Bundeswehr - das können sich in der Alb-Kaserne beim Tag der offenen Tür einige vorstellen, auch Frauen. Eine von ihnen erzählt, dass sie vielleicht Hundeführerin werden möchte, eine andere wäre gerne Pilotin. Sie finde die Luftwaffe interessant. Auch ihre Mutter war bei der Bundeswehr, als "eine der ersten drei Frauen im Bataillon". Damals sei es schwierig gewesen, sich zu beweisen, erzählt sie. Diese Erfahrung hat auch eine ehemalige Pfarrhelferin bei der Bundeswehr gemacht. Mittlerweile aber sei das anders geworden. Frauen seien bei der Bundeswehr jetzt auch in Führungspositionen. "Das finde ich sehr gut", sagt sie. Oberleutnant Schröder betont, dass sie nie schlechte Erfahrungen gemacht habe: "Ich habe immer einen super Zusammenhalt erlebt. Ich habe mich immer super wohl gefühlt und da hat es auch nie einen Unterschied gemacht, ob ich männlich oder weiblich bin".
Regen und Hochwasser treffen auch Bundeswehr
In der kommenden Woche will Verteidigungsminister Pistorius sein Modell für eine Wehrpflicht vorstellen. Die Veranstaltungen am Wochenende verbucht die Bundeswehr als Erfolg, auch in Stetten am kalten Markt. Während der Tag der Bundeswehr im bayrischen Mittenwald wegen des Hochwassers in Bayern abgesagt wurde, bereitet starker Regen auch auch auf der Alb am Nachmittag Probleme. Einzelne Programmpunkte fallen aus oder werden verschoben. Auf der Heimreise stehen viele im Stau, denn der heftige Regen hat Straßen überflutet, es gibt Umleitungen. Die Bundeswehr selbst schreibt in einer Pressemitteilung, der Wolkenbruch habe "der guten Stimmung keinen Abbruch" getan. In der Kaserne sind auch nach dem "Tag der Bundeswehr" 120 Soldaten der Panzerpionierkompanie in Alarmbereitschaft. "Wenn sie für den Hochwassereinsatz gebraucht werden, sind sie bereit", sagt einer der Verantwortlichen.