Das Landgericht Tübingen hat eine Frau und einen Mann zu je elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Sie hatten mit ihrem Mössinger Pflegedienst Krankenkassen um rund 430.000 Euro betrogen. Mit dem Urteil ist das Gericht unter den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung geblieben.
Mildes Urteil für Geschäftsführer des Pflegedienstes
Die beiden Angeklagten waren von dem Prozess sichtbar beeindruckt. Das hat sich strafmildernd ausgewirkt. Das Verfahren habe auf die Frau und den Mann wie "eine Lehre fürs Leben" gewirkt, sagte die Richterin. Wofür eine Strafe normalerweise gut sei, sei in diesem Fall quasi schon erreicht.
Wenig kriminelle Energie
Die Frau und der Mann würden zudem wenig kriminelle Energie zeigen. Sie waren nicht vorbestraft, hatten direkt zu Beginn des Prozesses Geständnisse abgelegt und kooperiert. Sie würden einfach nicht ins Gefängnis gehören, sagte die Richterin am Tübinger Landgericht. Zu ihrem eigenen Pflegedienst seien die Angeklagten "wie die Jungfrau zum Kind" gekommen und nicht willentlich, um reich zu werden. Das sehe man daran, dass sie selbst nicht reich seien und den Angestellten sogar überdurchschnittliche Gehälter gezahlt hätten.
Pflegerische Leistungen erbracht
Die Schadenssumme von rund 430.000 Euro sei zudem laut Verteidigung irreführend. Schließlich hätte der Pflegedienst in Mössingen Leistungen erbracht, nur eben nicht wie vertraglich vereinbart. Die Angestellten hatten im Tatzeitraum teilweise keine Anerkennung in Deutschland. Ihre Ausbildung stammte aus dem Nicht-EU-Ausland. Dennoch seien sie theoretisch qualifiziert gewesen. Das zeige auch der Umstand, dass viele von ihnen inzwischen eine Anerkennung hätten, so die Verteidigung.
Versorgungsschlüssel nicht eingehalten
Die Richterin wies zudem darauf hin, dass der Pflegedienst den Versorgungsschlüssel teilweise nicht eingehalten habe. In Wohngemeinschaften, in denen beispielsweise zwei Intensivpatienten lebten, hätte bei einem Versorgungsschlüssel von 1:1 auch zwei Pflegekräfte anwesend sein müssen. Hier kam es jedoch vor, dass nur eine Pflegekraft vor Ort war. Weit entfernte Orte habe der Dienst jedoch nicht zusammengefügt. Dennoch rechnete die Geschäftsführerin die Leistung ab.
Staatsanwalt hält sich Berufung offen
Das Tübinger Gericht entschied sich schließlich, den Betrug nicht als "gewerbsmäßig" zu werten. Dies und das Strafmaß von elf Monaten Haft auf Bewährung akzeptierten die Verteidiger und die Angeklagten. Der Staatsanwalt hielt sich die Möglichkeit offen, Berufung einzulegen. Ob er dies tatsächlich macht, dazu wollte er sich nicht äußern.