"AIDA-Projekt" als Retter der deutschen Autoindustrie?

Hochschule Reutlingen: Mit KI sollen Autos Menschen verstehen lernen

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Autor/in
Tim Richter
Tim Richter ist Reporter für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Zurücklehnen und das Auto selbst durch die Stadt fahren lassen - im Moment noch Zukunftsmusik. In Reutlingen wird dazu aber schon konkret geforscht: Mit KI in der "AIDA-Halle".

Die Hochschule Reutlingen hat am Dienstag die Halle ihres Forschungsprojekts "AIDA" eingeweiht. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) sollen dort auf 2.700 Quadratmetern selbstfahrende Autos trainiert und perfektioniert werden.

Autos müssen lernen, wie sich Menschen verhalten

Bei der Einweihung der Halle in Reutlingen wurde deutlich: So manches Auto kann heutzutage schon selbstständig fahren, allerdings nur auf bestimmten Streckenabschnitten, wie zum Beispiel auf Landstraßen. Innerhalb von Städten und Ortschaften kann man sich noch nicht auf das selbstfahrende Auto verlassen.

Denn dort warten viele äußere Einflüsse, auf die das Auto reagieren muss, beispielsweise Fahrradfahrer und Fußgänger. Die selbstfahrenden Autos müssen also lernen, wie sich Menschen als Verkehrsteilnehmer verhalten. Genau da setzt das Projekt in der "AIDA-Halle" an. "AIDA" ist übrigens die Abkürzung für "Human-centered Interactive Artificial Intelligence Data-Incubation Center". Gemeint ist also ein Zentrum, bei dem mithilfe von Künstlicher Intelligenz Daten von Menschen gesammelt werden.

Ein autonomes Auto mit einem Lichtsensor auf dem Dach, der aussieht wie eine Sirene - der Sensor soll durch das "AIDA"-Projekt auf das Erkennen menschlicher Bewegungen perfektioniert werden.
Sieht aus wie eine Sirene, ist aber ein Sensor. Mit Infrafrotlicht machen sich die Autos von morgen ein Bild ihrer Umgebung. Die Autos müssen aber noch lernen menschliche Bewegungen im Straßenverkehr zu deuten.

Hollywood hilft aus

Allerdings sind wir Menschen in unseren vielfältigen Bewegungsabläufen gar nicht so leicht zu berechnen. Projektleiter der Hochschule Reutlingen Cristóbal Curio sagte dem SWR: "Ein alter Mann überquert die Straße mit seinem Rollator anders, als ein spielendes Kind. Wir Menschen erkennen die unterschiedlichen Bewegungen intuitiv und wissen unsere Fahrweise anzupassen." Die KI müsse das erst lernen. Für sie gehe es darum, auch "Unsichtbares" vorhersagen zu können.

Dabei kommt es auch auf die kleinsten Gesten an: ein Zögern, ein Winken, ein Springen. Um die KI an unsere menschlichen Angewohnheiten zu gewöhnen, bedienen sich die Forscher und Forscherinnen Techniken, die auch in Hollywood genutzt werden.

Zwei Menschen mit Laufrad und Gehstock in schwarzem Ganzkörperanzug samt kleiner Bewegungssensoren - so soll die KI menschliche Bewegungen besser verstehen.
Sieht zwar merkwürdig aus, hilft der KI aber Menschen als Verkehrsteilnehmer besser zu verstehen. Die Sensoren an der Kleidung zeigen jede kleine Bewegung auf.

Mit sogenannten Motion Capture-Anzügen, die mit Sensoren ausgestattet sind, können menschliche Bewegungen genau gemessen und digital verarbeitet werden. Im Film lässt man so animierte menschenähnliche Kreaturen zum Leben erwachen. In der "AIDA-Halle" lernt der Computer Fußgänger, Radfahrer und alle anderen, die sich auf der Straße bewegen, verstehen.

"AIDA" Retter der deutschen Autoindustrie?

"AIDA" gilt als Leuchtturmprojekt. Es wird sowohl vom Land Baden-Württemberg als auch von der EU gefördert. Man verspricht sich viele Folgeprojekte und neue Erkenntnisse, um die deutsche Autoindustrie voranzutreiben. Wirtschaftlich steht es um sie zur Zeit nicht gerade gut.

Verschiedene Partner sind bei dem Projekt in Reutlingen involviert. Unter anderem auch die deutsche Autobauer Mercedes-Benz. Bei einer Podiumsdiskussion bei der Einweihung der "AIDA-Halle" betonte ein Sprecher des Unternehmens: "KI ist das Öl unserer heutigen Zeit".

Enge Zusammenarbeit mit Stadt Reutlingen

Bei dem Projekt arbeitet die Hochschule auch eng mit der Stadt Reutlingen zusammen. Sie hat beispielsweise die Halle beim Business-Networking-Unternehmen Innoport zur Verfügung gestellt. Einst war dort ein Fuhrpark für Lkw untergebracht. Dass dort jetzt deutschlandweit die Auto-Branche vorangetrieben werden soll, ist dem Reutlinger OB Thomas Keck (SPD) ein großes Anliegen. "Es braucht solche innovativen Hubs wie das hier", sagte er dem SWR. "Wenn wir in Deutschland nicht wirklich schnell den Hintern wieder hochkriegen und die Spitze übernehmen, dann haben wir in relativ kurzer Zeit ein Problem unseren Wohlstand zu sichern."

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