Ab 1. Januar 2025 gelten überall in Deutschland neue Regeln für die Grundsteuer. In Baden-Württemberg richtet sie sich dann nur noch nach Größe und Wert des Grundstücks. Den Wert haben Gutachter im Auftrag der Städte und Gemeinden erhoben. Eigentümer mussten bei den Finanzämtern Grundsteuer-Erklärungen einreichen, die haben dann den sogenannten Messbetrag festgelegt.
Die Städte und Gemeinden legen dann selbst den Wert fest, den Hebesatz, mit dem dieser Messbetrag multipliziert wird. Vom Baden-Württembergischen Finanzministerium gab es dazu Empfehlungen, denn die Grundsteuer-Einnahmen der Kommunen sollen durch die neue Berechnung nicht steigen. Es sollen nur manche Eigentümer mehr und andere weniger bezahlen als zuvor, die Gesamtsumme soll gleich bleiben.
Eigentumswohnung günstiger als Einfamilienhaus
Eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus kostet dann, je nach Lage, deutlich weniger als ein alleinstehendes Haus mit großem Garten. Für dieses Haus könnte die Grundsteuer auf ein Mehrfaches steigen. Das soll sich so ausgleichen, dass die Stadt Tübingen im kommenden Jahr, genau wie jetzt, rund 21 Millionen Euro aus der Grundsteuer für betriebliche und private Grundstücke einnimmt. Dafür will sie den Hebesatz auf 270 Prozent festlegen, das wäre genau in der Mitte der vom Finanzamt errechneten Spanne. Bislang lag er bei 660 Prozent.
Kann der Hebesatz gesenkt werden? Grundsteuer in BW: Streit um Veröffentlichung von Transparenzregister
Das Finanzministerium sieht Chancen, dass ein Teil der Kommunen in BW den Hebesatz für die Grundsteuer senken könnte. Die Kommunalverbände warnen vor übertriebenen Hoffnungen.
Druck auf Besitzer von baureifen Grundstücken in Tübingen
Teurer wird es für die Eigentümer, wenn kein Haus auf ihrem Grundstück steht - aber eines gebaut werden könnte, weil die nötige Infrastruktur vorhanden ist. Dann zahlt der Besitzer künftig das Doppelte der normalen Grundsteuer, eventuell also ein Vielfaches dessen, was es ihn früher gekostet hat. Tübingen ist nicht die einzige Stadt in Baden-Württemberg, die auf diese Weise mit der Grundsteuer Wohnungs-Politik machen will. Wendlingen (Kreis Esslingen) und Merdingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) haben laut Stadtverwaltung Ähnliches vor.
800.000 Euro Grundsteuer-Einnahmen im Jahr errechnet sich die Stadt Tübingen von den rund 300 Objekten, auf denen ihrer Einschätzung nach gebaut werden könnte. Das Ziel der Stadtverwaltung ist dabei, Druck auf die Eigentümer auszuüben. Wer für ein brach liegendes Grundstück plötzlich 4.000 Euro statt wie bisher 300 Euro im Jahr zahlen müsse, überlege sich vielleicht, doch zu bauen, sagte Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos). Oder zu verkaufen, damit andere bauen könnten.
Mehr Wohnungen sollen in Tübingen entstehen
Tübingen brauche dringend mehr Wohnraum. Viele Bevölkerungsgruppen fänden keine geeigneten Wohnungen mehr in der Stadt. Für die Steuer auf leere Grundstücke gebe es keine gesetzlichen Vorgaben, sagt OB Palmer. Die Stadt könne die Steuer also weiter erhöhen, wenn sich herausstellen sollte, dass der Druck auf die Besitzer noch nicht ausreicht.
Den Hebesätzen, wie die Stadtverwaltung sie ausgerechnet hat, muss der Gemeinderat noch zustimmen. In der kommenden Woche soll der Verwaltungsausschuss darüber beraten.