Für alle, die in Baden-Württemberg eine Wohnung, ein Haus oder ein Grundstück besitzen, ändert sich ab Januar 2025 etwas - oder sogar viel. Die Grundsteuer wird reformiert, also ab diesem Zeitpunkt neu berechnet. Weil sich mit dem neuen Bodenwertmodell des Landes die Rechenformel ändert, müssen auch Städte und Gemeinden ran, sonst gehen ihnen wichtige Steuereinnahmen verloren. Zusätzlich sorgt die Reform für Unmut in der Bevölkerung - denn einige Eigentümerinnen und Eigentümer müssen durch die Reform deutlich mehr zahlen als bisher.
Was die Reform genau verändert, kann Uwe Hehn, parteiloser Bürgermeister in Creglingen im Ortsteil Finsterlohr (Main-Tauber-Kreis), genau zeigen. Als er auf einer Straße steht, zeigt er auf zwei Häusergruppen. Auf der einen Seite befindet sich ein Neubaugebiet, auf der anderen ältere Häuser aus dem Dorf. Die Eigentümerinnen und Eigentümer im Neubaugebiet müssen laut Bürgermeister nach der Reform mehr zahlen. Die Grundsteuer steige von 300 auf 1.200 Euro jährlich. Dann zeigt Hehn auf die ältere Häusergruppe: "Hier muss jemand nur 400 Euro pro Jahr bezahlen" und ergänzt:
Bei der Grundsteuerreform zählt in Baden-Württemberg - anders als im Bundesmodell - zukünftig nur noch die Größe und der Wert des Grundstücks. Es ist also egal, wie das Grundstück bebaut ist. Lediglich bei der sogenannten Steuermesszahl ist wichtig, ob das Grundstück überwiegend Wohnzwecken dient und somit vom Finanzamt ermäßigt berechnet wird.
Durch Grundsteuerreform weniger Einnahmen für Gemeinde
Durch die Reform wird die Formel für die Berechnung verändert. Das hat auch Folgen für Creglingen. "Wir würden als Gemeinde zwei Drittel unserer Grundsteuereinnahmen verlieren", sagt Hehn. Insgesamt seien das 400.000 Euro. Die Folgen: "Wir könnten weniger investieren. Zudem sind wir eine Flächengemeinde und haben sehr viele Straßen und öffentliche Gebäude."
Die Zahl kennt der Bürgermeister, weil er schon vor drei Jahren die Folgen der Grundsteuerreform für die Gemeinde ausgerechnet hat. In seinem Büro zeigt er auf seinem Bildschirm eine Liste mit endlosen Zahlenreihen. Das Ergebnis dieser Liste: Der Hebesatz der Gemeinde muss steigen und zwar um 800 Prozentpunkte. Mit dem Hebesatz bestimmen die Kommunen, wie hoch letztlich die Grundsteuerbelastung ausfällt. Jede Gemeinde muss ausrechnen und dann entscheiden, ob der Hebesatz gesenkt oder angehoben werden muss, um das selbstgesteckte Ziel gleichbleibender Einnahmen aus der Grundsteuer zu erreichen - um damit also weder mehr, noch weniger einzunehmen als zuvor.
Gemeindetag: Kommunen wollen sich durch Grundsteuerreform nicht bereichern
Alle Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg müssen aufgrund der Reform ihren Hebesatz überprüfen und gegebenfalls anpassen. Bei etwa einem Fünftel der Kommunen wird er laut Finanzministerium steigen. Der Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, Steffen Jäger, versichert, dass dies aber immer "aufkommensneutral" passiere. Das bedeutet, die Sätze steigen nur, damit die Einnahmen aus der Grundsteuer gleichbleiben. "Dabei werden sie und das ist die Zusage, zu der wir stehen, sich natürlich nicht bereichern, weil es jetzt eine Grundsteuerreform gibt", sagt Jäger.
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Klar ist: Ab 2025 wird die Grundsteuer für viele Hausbesitzer kräftig steigen. Aber um wie viel tatsächlich? Ein Transparenzregister des Landes liefert nun konkretere Anhaltspunkte. Auch für Freiburg.
Transparenzregister des Finanzministeriums sorgt für Kritik
Kritik kommt vom Gemeindetag an dem veröffentlichten Transparenzregister des Finanzministeriums. Auf der Internetseite des Ministeriums ist detailliert zu sehen, wie sich die Hebesätze der Städte und Gemeinden durch die Reform verändern. Man wolle durch das Register den Prozess der Reform transparent machen, heißt es aus dem Ministerium. Eigentümerinnen und Eigentümer wollen wissen, wie viel sie in Zukunft zahlen müssten. Der Gemeindetag entgegnet, dass der Prozess bereits transparent sei, da die Hebesätze in den Gemeinderäten beschlossen werden würden.
Hehn ist durch seine Liste bereits vorbereitet. Er hat die Eigentümerinnen und Eigentümer in Creglingen schon darüber informiert, dass der Hebesatz ansteigen wird. Im November soll der Gemeinderat darüber entscheiden. "Es wird dadurch zu sehr großen Verschiebungen innerhalb der Zahler kommen. Es wird große Entlastung und größere Belastung geben", sagt Hehn und ist sich sicher: "Gerechtigkeit wird es nicht geben." Spätestens, wenn die Bescheide im Briefkasten liegen, so seine Einschätzung, wird der Unmut nochmal groß werden.