Für Christa Bruder und Manfred Neher ist es eine Herzensangelegenheit: Sie wollen verhindern, dass die Kastanie und die beiden Linden hinter ihnen abgesägt werden.

Kastanie und zwei Linden sollen bleiben

Hausen am Tann: Bürger wollen alte Bäume mit Bürgerentscheid retten

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Nathalie Waldenspuhl
Nathalie Waldenspuhl ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.
Anette Hübsch
Anette Hübsch ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Seit einigen Wochen schlagen in Hausen am Tann (Zollernalbkreis) die Wogen hoch: Drei sehr alte Bäume sollen gefällt werden. Dagegen regt sich Widerstand bei den Bürgern.

In Hausen am Tann stellen sich Bürger und Bürgerinnen gegen ihre Verwaltung: Noch in der Winterperiode will die Gemeinde drei alte Bäume fällen. Jetzt kommt es am 21. Januar 2024 zum Bürgerbegehren.

Christa Bruder und Manfred Neher möchten mit einem Bürgerbegehren verhindern, dass drei alte Bäume bei der Kirche in Hausen am Tann gefällt werden
Die Kastanie vor der Hausener Kirche ist ein Naturdenkmal - trotzdem soll sie gefällt werden.

Zwei Linden und eine Kastanie sind betroffen. Sie umgeben malerisch die Hausener Kirche und den Friedhof. Jeder der Bäume ist rund 150 Jahre alt, die Kastanie sogar ein Naturdenkmal.

Gemeinde Hausen am Tann: "Bäume sind eine Gefahr"

Trotz des hohen Alters will die Gemeinde das Baumtrio fällen lassen. Ein Grund dafür ist das Sicherheitsrisiko: Die Bäume werfen Totholz ab, sodass die Verwaltung den Fußgängerweg darunter aus Sicherheitsgründen sperren ließ.

Christa Bruder wohnt in Hausen am Tann (Zollernalbkreis) und kann den Plan ihrer Gemeinde nicht nachvollziehen. Die 49-jährige Erzieherin hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bäume zu retten. Das Argument, dass die Bäume die Sicherheit von Autos und Fußgängern gefährden, überzeugt sie nicht. Sie vermutet, dass statt dessen andere Gründe zur Entscheidung der Gemeinde geführt haben - etwa Aufwand und Kosten für die Pflege der Bäume.

Gutachten eines Baumexperten: Pflege der Bäume teuer

Bei der Kastanie liegen die Kosten für die Pflege bei etwa 7.000 Euro für die nächsten zehn Jahre. Die Gemeinde stützt sich dabei auf das Gutachten eines Baumexperten vom Landratsamt des Zollernalbkreises. In diesem erteilt die Untere Naturschutzbehörde die Genehmigung, die Kastanie zu fällen. Die Begründung: Die Kastanie habe so große Schäden, dass es sich nicht lohne, angesichts des hohen Pflegeaufwands und der geringen Lebenserwartung den Baum zu erhalten. Die Linden stehen nicht unter Naturschutz. Sie dürfen auch ohne Erlaubnis gefällt werden. Auf ihrer Internetseite hat die Gemeinde eine Informationsbroschüre veröffentlicht, in der die Entscheidungsfindung des Gemeinderats dargestellt wird.

Geht es der Gemeinde nur ums Geld?

Christa Bruder wollte den Beschluss des Gemeinderats nicht einfach hinnehmen. Vor knapp zwei Jahren ist sie aus dem Badischen auf die Schwäbische Alb gezogen, um die Natur zu genießen - und jetzt sollen vor ihrer eigenen Haustüre drei wunderschöne Bäume gefällt werden. Nicht mir ihr: Sie machte sich auf und sammelte Unterschriften für eine Petition.

An zwei Tagen knapp 60 Stimmen für Petition

Mit Erfolg: An zwei Tagen kamen knapp 60 zusammen - genug für einen Bürgerentscheid in der Gemeinde mit rund 500 Einwohnern. Außerdem gewann Christa Bruder neue Mitstreiter: Auch der 82-jährige Rentner Manfred Neher unterstützt die Baumrettungsaktion nach Kräften. Er hat immer wieder Kurse zur Baumpflege angeboten und schneidet Bäume seit Jahrzehnten selbst.

Manfred Neher und Christa Bruder werfen der Verwaltung vor, es gehe ihr lediglich ums Geld. Dabei haben sie inzwischen vier Sponsoren, sogenannte Baumpaten, gefunden, die sämtliche Kosten übernehmen würden.

Trotz Baumpaten: Gemeinde will nicht einlenken

Außerdem kritisieren sie mangelnde Transparenz: Bislang habe die Gemeinde in das Gutachten vom Landratsamt keinen Einblick gewährt. Jetzt wollen Christa Bruder und Manfred Neher ein unabhängiges Fachgutachten erstellen lassen. Doch das hängt von der Frage ab, ob die Gemeinde es zulässt, dass die Bäume nochmals untersucht werden.

Bürgermeister Weiskopf: Entscheidungen wurden gut abgewogen

Dass Menschen in Hausen am Tann sich mit einem Bürgerbegehren gegen einen Gemeinderatsbeschluss wenden, sei legitim und zu akzeptieren, so Bürgermeister Stefan Weiskopf. Trotzdem findet er, dass die Bäume besser gefällt werden sollten. Selbst wenn die Bäume stehen bleiben dürften, müsste man sie stark zurückschneiden. Am Ende würden dann nur noch die Baumstämme stehen bleiben. Auch das würde den Bäumen am Ende schaden, so Weiskopf weiter.

"Aus meiner Sicht wurden sämtliche Aspekte abgewogen und unter Anwendung der hausrechtlichen Betrachtungsweise sich für die verhältnismäßigte Maßnahme entschieden, da die Pflegemaßnahme nur von temporärer Natur wäre.

Bürgerentscheid in wenigen Wochen

Am 21. Januar steht jedenfalls der Bürgerentscheid an: Dann dürfen die Einwohnerinnen und Einwohner von Hausen am Tann mit "Ja" oder "Nein" stimmen, ob der Gemeinderatsbeschluss vom 13. September 2023 aufgehoben werden und damit das Geld nicht in die Beseitigung der Bäume, sondern in die Pflege fließen soll. Die entsprechende Frage dafür hat die Gemeinde an diesem Dienstag online veröffentlicht.

Die Baumretter geben sich kämpferisch: Sie wollen sich auf jeden Fall weiter für ihre Bäume engagieren.

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