Der Campingplatz Tannenfels in Baiersbronn im Kreis Freudenstadt hat gerade geöffnet. Nur sechs Grad zeigt am Mittwoch vor Karfreitag das Thermometer. Graue Wolken bedecken den Himmel. Nebel hängt zwischen den Fichten auf den Berghügeln. Immer wieder fegt einem ein kühler Wind um die Ohren. Eigentlich ist es noch viel zu kalt zum Campen oder Zelten in den Osterferien, sagt Katja Gjurin vom Natur-Camp Tannenfels. Gjurin ist die Chefin auf dem Campingplatz bei Baiersbronn. Trotz des trüben Wetters haben sich für das Osterwochenende weitere Gäste angekündigt, so Gjurin.
Campingplatz an Ostern gut ausgelastet
Die kurzfristigen Anreisen sind für die Saison nicht ungewöhnlich, so Gjurin. Trotzdem sei die Spontaneität in den vergangenen Jahren weniger geworden. "Vor der Corona-Pandemie sind Wohnmobil-Camper oftmals losgefahren und haben sich spontan für einen Campingplatz entschieden", erinnert sie sich. Weil Reisen ins Ausland immer teurer geworden sind, machen immer mehr Menschen Urlaub im Ländle, auf der Alb und im Schwarzwald. Der Urlaub im eigenen Wohnmobil, Wohnwagen und Zelt wird immer beliebter.
"Die Schneiders kommen seit Jahren"
"Vor allem an Feiertagen und in den Ferien ist das immer schwieriger einen Platz spontan zu bekommen", erklärt die 39-jährige Campingplatz-Chefin und blickt auf die Uhr. Die Kinder warten aufs Mittagessen. In einer halben Stunde müsse sie schon wieder los. Das Pendeln zwischen Campingplatz und ihrem Wohnhaus in Baiersbronn ist für Gjurin inzwischen Routine. Die Geschäftsführerin und Mutter von drei Kindern hat die Abläufe auf ihrem Campingplatz immer im Blick und zeigt auf einen der Wohnwagen: "Da drüben sind die Schneiders, die sind ganz arg nett." Die Schneiders gehören zu den Stammgästen.
Der Wohnwagen steht auf Platz 8
Raimund und Helene Schneider sind am Montag angereist. Sie gehören zu den ersten Campern auf dem Natur-Camp Tannenfels, die bereits ihr Lager aufgeschlagen haben. Auf dem Stellplatz mit der Nummer 8 haben die Schneiders ihren Wohnwagen abgestellt. Es ist bereits ihr zweiter Camper. Das Auto haben sie daneben geparkt. Auch im Urlaub wollen sie mobil bleiben.
Zweites Zuhause im Camper
Ihr Wohnwagen ist ihr kleines rollendes Zuhause auf Rädern geworden: Bettwäsche, Geschirr und Handtücher, Fernseher. Alles da. Die 71-Jährige Helene führt durch den Wohnbereich: Vorne das Schlafzimmer mit zwei getrennten Betten. In der Mitte das Bad und eine Kochnische. Hinten ihr Wohnzimmer - eine Eckbank mit Tisch. Um der Kälte an diesem Vormittag zu trotzen, haben sie es sich dort bei einer warmen Tasse Tee und Kaffee gemütlich gemacht.
Das Ehepaar war schon in Italien, Österreich und Ungarn campen
Unter dem Kleiderschrank strömt warme Luft aus einer eingebauten Heizung. Eine Gasflasche reicht für die zwei Wochen, zum Wärmen und Kochen, erklärt Raimund Schneider. Die Schneiders haben schon viel gemeinsam erlebt. Der 74-jährige erzählt von ihrer fast 40-jährigen Campingkarriere - von ihren Reisen nach Italien, Österreich und Ungarn. Von Früher und Heute. Von guten und schlechten Campingplätzen.
Wandern im Nordschwarzwald statt auf der Alb
Raimund und Helene Schneider haben ihr richtiges Zuhause in Bisingen (Zollernalbkreis). Da könne man zwar auch gut Urlaub machen, aber die Schwäbische Alb kennen sie schon, sagt Raimund Schneider. Sie zieht es stattdessen in den Nordschwarzwald. Zwei Wochen bleiben sie. Und es ist nicht ihr erster Besuch. Schon fünf Mal waren die Schneiders auf dem Natur-Campingplatz.
"Wir kommen immer wieder gerne hierher", plaudert der ehemalinge Hausmeister. "Katja ist sehr nett und die Leute hier im Dorf sind freundlich und wir können hier gut essen gehen." Auch seine Frau Helene genießt diese Art des Reisens inmitten der Natur. Nicht weit entfernt ist der Nationalpark Schwarzwald, der zum Wandern einlädt. Das machen die beiden Rentner gerne: Wandern. Und das bei fast jedem Wetter. Die Gegend rund um den Tannenfels sei dafür ideal, erzählen sie. Wäre da nicht der Oberschenkelhalsbruch, von dem sich Helene Schneider gerade erholt. Sie sind trotzdem gekommen, denn kurze Strecken soll die 71-Jährige sogar gehen, sich bewegen, sagen ihre Ärzte. Und bei ihren Wandertouren machen die Schneiders gelegentlich die ein oder andere interessante Entdeckung:
Campingplatz ist modern, naturverbunden und nachhaltig
Vor fünf Jahren hat sich Katja Gjurin ganz bewusst für den Weiterbetrieb des Campingplatzes entschieden, aber "das muss man auch wollen", betont sie. Ihr Großvater hat den Platz einst gegründet. Als Kind ist sie hier aufgewachsen, nachdem ihre Eltern den Campingplatz übernommen haben. Heute ist es ihr Herzensprojekt und die ganze Familie hilft mit. Ihr Mann, ihre Kinder, ein kleines Team an Mitarbeitern aber auch Freunde und Bekannte. Und vieles hat sich seither verändert. Der Campingplatz ist jetzt modern und nachhaltig: Lebensmittelautomat vom Bauern statt Supermarkt. Schotterwege statt Asphalt. Holz statt Beton.
Neues Sanitärhaus für jeden
Auch neue Gebäude wurden gebaut, darunter das Sanitärhaus. Das bisherige Sanitärhäuschen aus den 1950er-Jahren war zu klein geworden. Alte Dachziegel, Holztüren, die beiden Schornsteine und die weiß gestrichene Außenmauer zeugen aus der Vergangenheit. Die Außenfassade am neuen Gebäude ist dagegen aus Holz und stammt von einer Weißtanne, erklärt Gjurin. Das sei besonders beständig.
Innen ist es geräumig. Die Duschen und Toiletten sind breit genug für Behinderte und ältere Besucher. Barrierefreiheit ist Gjurin wichtig. Auch an die Familien mit Kindern hat sie gedacht. Im Wickelraum gibt es eine Badewanne extra für Babys. Jeder ist willkommen, sagt Gjurin. Sogar Hundebesitzer, die für ihre Vierbeiner bei ihr keinen Aufpreis zahlen müssen. Eine Ausnahme unter den Campingplätzen.
Für das alte Sanitärhäuschen hat Katja Gjurin bereits andere Pläne: "Wir wollen daraus eine Art Gemeinschaftshaus für die Besucher machen und umbauen", erklärt Gjurin. Mit dem Architekten hat sie schon gesprochen. "Immer wieder haben uns die Gäste nach einem solchen Ort gefragt, wo sie sich zusammensetzen können. Den wollen wir ihnen damit in Zukunft anbieten können."
Eiersuche und Brezeln zu Ostern
Damit es an Ostern etwas Schönes für alle Camper gibt, hat sich Gjurin ein paar Gedanken gemacht: An Gründonnerstag helfen ihre Kinder mit. Dann verkaufen sie Brezeln vom Bäcker um die Ecke an die Camping-Urlauber. Eine Tradition im Ort, die Gjurin auf dem Campingplatz übertragen hat. Und am Ostersonntag dürfen alle Kinder auf Eiersuche gehen.
Bunte Ostereier hat sie mit ihren eigenen Kindern bereits an einen Strauch aufgehängt, als Dekoration. Sie will auch noch einen Osterhase aus Pappmaché aufstellen. Aber erst dann, wenn am Wochenende wieder die Sonne scheint.