Landgericht Tübingen

Munitionsaffäre beim KSK: Ex-Kommandeur begründet sein Vorgehen

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Anna Priese
Anna Priese ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.
Katharina Kregel
Katharina Kregel ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Am Freitag hat ein ehemaliger KSK-Kommandeur am Landgericht Tübingen ausgesagt. Er soll Soldaten erlaubt haben, mutmaßlich gestohlene Munition anonym und straffrei zurückzugeben. 

Am Freitag äußerte sich der ehemalige KSK-Kommandeur Markus Kreitmayr vor dem Landgericht in Tübingen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm "unterlassene Mitwirkung bei Strafverfahren vor" - eine Tat, ähnlich wie Strafvereitelung. Der Hintergrund: Bei einer Inventur im Jahr 2019 waren im KSK-Munitionslager in Calw erhebliche Fehlbestände entdeckt worden. Um genauer zu sein: Munition im Wert von 28.000 Euro fehlte.

Dies sei dem damaligen Brigadegeneral Markus Kreitmayr bekannt gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Die festgestellten Fehler in den Munitionsbüchern beim Komando Spezialkräfte (KSK) schlug im politischen Berlin damals ein wie eine Bombe. Erfasst wurden mehrere zehntausend Schuss zu wenig und teils auch zu viel, überdies war zunächst kiloweise Sprengstoff vermisst worden. Die Munitionsaffäre beim der Eliteeinheit der Bundeswehr beschäftigte die Bundespolitik wochenlang.  

Kreitmayr: "Ich hatte keine konkreten Anhaltspunkte für Straftaten" 

Vor Gericht äußerte sich der 55-Jährige am Freitag ausführlich. Offenbar habe es große Schlampereien bei der Buchhaltung gegeben, so Kreitmayr zur Inventur im Dezember 2019 und der verschwundenen Munition. Er habe damals entschieden, die Fehlbestände nicht direkt zu melden, weil er keine konkreten Anhaltspunkte für Straftaten gehabt habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass er sich dabei in einem rechtlichen Graubereich befunden habe.

Es habe im Anschluss an die Inventur Begehungen des KSK-Geländes in Calw gegeben, allerdings hätte man keine persönlichen Spinte durchsucht. Er habe außerdem ein Rückgabeverfahren angeordnet, bei dem die Soldaten straffrei und anonym Munition zurückgeben konnten. Dabei sei mehr Munition zurückgegeben worden, als offiziell gefehlt hatte. Damit habe er verhindern wollen, dass die Munition in falsche Hände gerät und zur Gefahr für Dritte werde. Mehrmals betonte Kreitmayr, er habe nie von einer "Amnestie" für die Soldaten gesprochen. Bei entsprechenden Hinweisen hätte er anders gehandelt, so der Brigadegeneral. Demnach ging er von einer Fehllagerung der Munition oder Mängeln bei Inventuren in der Vergangenheit aus.

Vor Gericht sagte auch der zuständige Zähltruppführer aus, der für die Inventur verantwortlich war. Bei der Zählung würde man jede Patrone einzeln zählen, berichtete er. Es gebe dafür klare Regeln. Die Zählung sei innerhalb von zehn Werktagen abzuschließen.  Die Ergebnisse würden von einer dritten Person erfasst. 

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Vermutung: Soldaten haben Munition entwendet 

Laut Staatsanwaltschaft konnten die mutmaßlichen Täter durch das anonyme Rückgabeverfahren nicht identifiziert werden. Die Vermutung liege nahe, dass Soldaten zumindest einen Teil der Munition entwendet hätten. Das sei beim KSK auch schon früher vorgekommen. Bis heute gebe es keine eindeutige Erklärung für das Fehlen der Munition.

Bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt Markus Kreitmayr als unschuldig. Bei einer Verurteilung würden ihm bis zu drei Jahre Haft drohen. Die Anwälte von Kreitmayr gehen allerdings nicht davon aus, dass ihr Mandant verurteilt wird. Es sei ihm nie um eine Vertuschung von Straftaten gegangen. Kreitmayr war von Juni 2018 bis August 2021 Kommandeur des Kommando Spezialkräfte (KSK).

Am Freitagmorgen forderte vor dem Tübinger Landgericht eine kleine Gruppe von Aktivisten die Auflösung des KSK. Die Kommandosoldaten sind etwa für die Befreiung und Rettung von Geiseln im Ausland, aber auch für Einsätze zur Landes- und Bündnisverteidigung zuständig. Allerdings sorgte die militärische Einheit der Bundeswehr mehrfach für Skandale in den vergangenen Jahren.

KSK Prozess in Tübingen: Demonstranten mit Schweinekopf vor dem Landgericht in Tübingen.
Mit einer Aktion forderten einige Aktivisten am Morgen vor dem Prozess die Auflösung des KSK.

KSK wegen Rechtsextremismus in der Kritik

Bereits 2017 soll es bei einer internen Party zu rechtsextremen Vorfällen gekommen sein. Außerdem habe es eine Art Weitwurfwettbewerb mit den Köpfen toter Schweine gegeben. Unter anderem hatten damals der "Spiegel" und das ARD-Magazin "Panorama" über die "Schweinskopfaffäre" berichtet. Gegen einen Oberstleutnant des KSK hatte es anschließend einen Strafbefehl gegeben, weil er den Hitlergruß gezeigt haben soll.

Im Zuge der Aufarbeitung dieser Vorfälle wurde die zweite Kompanie der Truppe 2020 aufgelöst und ein Reformprogramm verordnet. 2022 waren die insgesamt 60 Reformpunkte laut Eva Högl, der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, größtenteils umgesetzt worden.

Für den Prozess am Landgericht Tübingen sind bis Ende Februar drei weitere Verhandlungstermine angesetzt. 

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