In Bisingen (Zollernalbkreis) sind viele Einwohnerinnen und Einwohner auch anderthalb Wochen nach dem Hochwasser damit beschäftigt, Keller auszuräumen und trocken zu legen. Zehn Häuser wurden von den Wassermassen am 2. Mai so stark beschädigt, dass sie unbewohnbar sind.
Ob auf einem riesigen Parkplatz im Zentrum von Bisingen oder neben Privatgrundstücken: Baucontainer gehören nun fest zum Ortsbild. Denn vieles muss noch entrümpelt und beseitigt werden. Der extreme Starkregen hat auch bei Hausbesitzer Vladimir Polivka, der direkt am Klingenbach in einer ehemaligen Mühle wohnt, Spuren hinterlassen. Er ist froh, dass sein Haus noch bewohnbar ist. Sein Öltank ist etwas höher eingebaut und wurde nicht - wie bei anderen - von den Wassermassen mitgerissen.
Mit Auto an Stelle oberhalb Bisingens geflüchtet
In Polivkas Hof stehen gleich zwei Baucontainer: einer für den Sperrmüll, einer für Schlammreste, die aus zwei Kellern geholt werden mussten. Als beim Unwetter der Klingenbach plötzlich rasend schnell anstieg, hatte Polivka beschlossen, sich mit seiner Frau und seinen beiden Kindern ins Auto zu setzen und wegzufahren, an eine höher gelegene Stelle im Ort.
Bisingen ruft zu Spenden auf
Insgesamt wurden zehn Häuser bei dem Hochwasser in Bisingen so stark beschädigt, dass sie unbewohnbar sind. Die meisten Familien sind privat untergekommen. Zwei Familien hat die Gemeinde in Ferienwohnungen untergebracht und eine Spendenaktion gestartet. Mittlerweile sind über 40.000 Euro eingegangen. Wie das Geld verteilt wird, soll bald ein Gremium des Gemeinderates entscheiden.
Besitzer von Eisdiele bangt um Existenz
Vor allem in der Senke im unteren Ortsteil stand das Wasser meterhoch. Der Besitzer des Eiscafés "Rialto", Michele Dal Pont, bangt um seine Existenz und hat eine eigene Spendenaktion gestartet. Denn das Wasser hat den Boden in den Produktionsräumen des Cafés unterspült und alles zerstört: Eismaschinen, Mobiliar und einen Transporter. Noch sei unklar, ob die Versicherung zahlt und ob die Rücklagen ausreichen, um alles zu ersetzen.
Bisinger kritisieren: Sirenenalarm kam zu spät
Einige Bisinger fragen sich, weshalb nicht umgehend, nachdem immer mehr Notrufe bei der Feuerwehr eingingen, Sirenenalarm ausgelöst wurde. Acht neue Sirenen hat die Gemeinde zuletzt installiert. Der Alarm sei aber erst losgegangen, als er schon mit Aufräumarbeiten beschäftigt war, sagte ein Bisinger. Der Alarm sei unnötig gewesen und habe Unruhe geschaffen.
Waizenegger: "Bürger ausreichend informiert über Wetter-Apps"
"Die Bisingerinnen und Bisinger sind über die Wetter-Apps ausreichend über das Unwetter informiert gewesen", sagte Bürgermeister Roman Waizenegger (CDU) dem SWR. Er habe den Sirenenalarm gegen 17:45 Uhr ausgelöst, um die Autofahrer abzuhalten, weiter in den Ort zu fahren. Ein Sprecher des Landratsamtes Balingen sagte auf SWR-Anfrage, dass Sirenenalarm vom Bürgermeister ausgelöst werden solle, um die Bevölkerung zu warnen, so dass sie sich rechtzeitig in Sicherheit bringen könne.
Kritik an mangelndem Hochwasserschutz in Bisingen lässt der Bürgermeister nicht gelten. Man sei ausreichend gewappnet für ein 100-jähriges Hochwasser. Bisingen habe ausreichend Regenüberlaufbecken. "Doch auch mit dem besten Hochwasserschutzkonzept sei man machtlos gegenüber Regenmengen von 70 Liter pro Stunde gewesen", so Waizenegger.
Solidarität in Bisingen enorm
Er beobachte eine große Hilfsbereitschaft in der 10.000-Einwohner-Gemeinde. So habe die CDU beispielsweise vergangenes Wochenende ihre Wahlkampfaktion abgesagt und spontan zu einer Entrümpelungsaktion aufgerufen. Baucontainer würde die Gemeinde natürlich auch anderen Parteien, die helfen, kostenlos zur Verfügung stellen, sagte der Bürgermeister.
Sowohl er als auch viele Bisingerinnen und Bisinger sagen, dass es auch anders hätte kommen können. Viele sind erleichtert, dass es nach dem extremen Starkregen keine Verletzten oder gar Todesopfer gab, so wie bei der Ahrtal-Flut im Juli 2021.