Vier Kilometer langes Wärmenetz im Dorf

Bioenergiedorf Breitenholz: Heizen mit Sonne und Holzhackschnitzeln

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Autor/in
Judith Hüwelmeier
Judith Hüwelmeier ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Vor Jahren entstand die Idee zum Bioenergiedorf. Nun heizen die Bewohner von Breitenholz bei Tübingen zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien. Doch was, wenn die Anlage ausfällt?

Das Bioenergiedorf Breitenholz (Kreis Tübingen) ist endlich fertig. Über sechs Jahre hat die Planungs- und Bauphase gedauert. Zur Einweihung am Freitagvormittag kam sogar die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker (Grüne).

Schon seit vergangenem Jahr versorgt das Wärmenetz die Bewohnerinnen und Bewohner des kleinen Ortes mit Wärme aus Holzhackschnitzeln. Jetzt stehen auch die Sonnenkollektoren. Auf einer Fläche von 2.000 Quadratmetern verwandeln sie Sonnenstrahlen in Energie.

Wer sein Haus in Breitenholz ans Wärmenetz anschließt, heizt zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien, so die Betreibergesellschaft. Bisher machen etwas mehr als die Hälfte der 250 Haushalte im Dorf mit. Der Anschluss ans Wärmenetz ist kostenlos, Voraussetzung ist eine Beteiligung an der Genossenschaft Bioenergie Breitenholz eG & Co. KG, einer Tochtergesellschaft der Bürger-Energie-Tübingen. Sie hatte das Projekt 2017 ins Rollen brachte.

Heizen mit Holzhackschnitzel aus der Region

Zur neuen Anlage, die am Ortsrand steht, gehören neben den zwei großen Feldern mit Sonnenkollektoren auch eine Heizzentrale, in der die Holzhackschnitzel verbrannt werden, und ein Wärmespeicher, der von außen Ähnlichkeiten mit einem Silo hat. Hier haben eine Million Liter Wasser Platz, die auch von der Sonne erhitzt werden. Das bis zu 80 Grad warme Wasser fließt durch Leitungen zu den Häusern.

Im Bioenergiedorf Breitenholz ensteht Wärme zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien.
Mehr als sieben Millionen Euro hat es gekostet, aus Breitenholz ein Bioenergiedorf zu machen.

Die Wärme wird übers Jahr zu 65 Prozent aus Holzhackschnitzel und zu 35 Prozent aus Solarthermie erzeugt. Das Holz kommt aus der Region. Unter anderem vom Oberen Neckar, dem Schönbuch und aus dem Schwarzwald. Geht ein Teil der Anlage kaputt, wird es in Breitenholz aber nicht plötzlich kalt, sagt Goletz. Von den drei Holzöfen sind beispielsweise nie alle zur gleichen Zeit im Einsatz. Und sollte der Speicher ausfallen, könne die Wärme auch so ins Netz eingespeist werden, erklärt ein Mitarbeiter.

Vier Kilometer langes Wärmenetz im Bioenergiedorf

Ein Gasnetz gab es in Breitenholz nie. Deshalb kam auch der Einsatz von Biogas, wie etwa in anderen Bioenergiedörfern, in Breitenholz bei der Planung nicht infrage. Um mit Solarthermie und Holzhackschnitzeln zu heizen, wurden in den vergangenen Jahren 4.000 Meter Wärmenetz durch den kleinen Ort verlegt.

Dass sich die Tübinger Bürger-Energie vor über sechs Jahren überhaupt Breitenholz aussuchte, um die Energiewende voranzutreiben, lag auch daran, dass es hier keine Infrastruktur für Gas gab. Ortsvorsteher Bernhard Zervas war direkt im Boot, erzählt Geschäftsführer Arvid Goletz, ebenso die ersten 80 Haushalte. Andere Bewohner waren schwerer davon zu überzeugen, sich langfristig von der alten Ölheizung zu trennen, sagt Goletz, der von Tür zu Tür gegangen ist.

Das größte Problem ist, dass sich die meisten Menschen nicht groß für die Heizung in ihrem Keller interessieren.

Breitenholz: Rosa Epple war die Erste am Wärmenetz

Rosa Epple hat Goletz überzeugt. Sie war die erste im Ort, die einen Vertrag mit der Bioenergie Breitenholz unterschrieb. Für 1.000 Euro (der Mindestbetrag) erwarb sie Anteile an der Genossenschaft. Ihre Ölheizung war bereits vierzig Jahre alt, das Projekt kam genau zur richtigen Zeit. Zwar zahlt sie jetzt im Schnitt etwas mehr im Monat als für die Ölheizung, ist aber sehr zufrieden. Denn sie tue etwas Sinnvolles für die Zukunft und fürs Klima, sagt Epple.

Bewohnerin Rosa Epple vor dem Lagerraum für die Holzhackschnitzel. Ihr Dorf Breitenholz (Kreis Tübingen) heizt zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie.
Rosa Epple war die erste Bewohnerin, die ihr Haus an das erneuerbare Fernwärmenetz anschloss.

Gekostet hat die Anlage über sieben Millionen Euro. Noch wirft das erneuerbare Wärmenetz keinen Gewinn ab. Die Betreibergesellschaft geht aber davon aus, dass sich das in den nächsten Jahren ändert.

Noch mehr Bioenergie: Schafe unter Sonnenkollektoren

Geschäftsführer Arvid Goletz von der Bioenergie Breitenholz hat auch schon Pläne für die Zukunft. Etwa den Bau einer Photovoltaik-Anlage, die den Strom für die Heizzentrale der Anlage liefert. Die wird bisher mit regulärem Ökostrom betrieben. Und auch für die Felder mit den Sonnenkollektoren hat Goletz Visionen: Auf den unversiegelten Flächen sollen bald kleine Schafe weiden. Die Wärmewende - in der 760-Einwohner-Gemeinde ist sie schon längst angepackt und umgesetzt.

Das einzige Bioenergiedorf ist Breitenholz übrigens nicht. Laut der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe, die eine Liste führt, gibt es in Baden-Württemberg 56 Bioenergiedörfer, deutschlandweit sind es 182. Die Kombination aus Holzhackschnitzeln und thermischer Solarthermie allerdings sei etwas Besonderes, so Goletz.

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