Im Handwerk, im Einzelhandel, in der Gastronomie - viele Betriebe konkurrieren um wenige Auszubildende. Besonders erfolgreich sind dabei Unternehmen mit kreativen Ideen. Laut einer landesweiten Umfrage der Industrie- und Handelskammern (IHKs) konnte fast die Hälfte der Betriebe nicht alle Ausbildungsstellen besetzen. Wer in den letzten Tagen vor dem Ausbildungsstart am 1. September noch eine Lehrstelle sucht, hat also eine große Auswahl.
Nicht nur Vier-Tage-Woche als Idee
Um bei Azubis punkten zu können, lassen sich die Betriebe reichlich was einfallen. Dabei spielt unter anderem die Vier-Tage-Woche eine Rolle. Die hat beispielsweise die Firma SFS Schaible aus Ammerbuch-Poltringen (Kreis Tübingen). Dort gab es mehr Bewerbungen als Ausbildungsstellen - und schon Anfragen fürs nächste Jahr. Diesen Erfolg führt Chef Benjamin Schaible auf die Vier-Tage-Woche zurück - aber auch auf sein Engagement in den sozialen Medien und Mundpropaganda.
Auto für Azubis kommt gut an
Beim Unternehmen Storz aus Tuttlingen wird gerade über die Einführung der Vier-Tage-Woche für Azubis nachgedacht. Noch sei es nicht so weit, sagte Ausbildungsleiter Herbert Aggeler. Dennoch hat das Unternehmen insgesamt schon 21 Azubis für das neue Lehrjahr. Darunter vier aus Indien und zwei aus Südafrika. Sie alle konkurrieren um ein sogenanntes Azubi-Auto, das der beste Azubi im Gesellenjahrgang für ein Jahr kostenlos nutzen darf. Das komme gut an, so Aggeler.
Betriebe zahlen Zuschuss zum Führerschein
Außerdem bietet Storz einen Zuschuss zum Führerschein. Den bietet auch Minimax Mobile Services aus Bad Urach (Kreis Reutlingen). Das Unternehmen zahlt die Hälfte der Führerscheinkosten. Besonders bei den aktuell hohen Preisen ein guter Anreiz. Unter anderem deswegen konnte Minimax die vier Ausbildungsplätze alle belegen - und hatte auch noch weitere gute Bewerbungen, freut sich Ausbildungsleiterin Rebecca Röcker.
Viele freie Lehrstellen bei IHKs
Damit geht es diesen drei Unternehmen deutlich besser als vielen anderen in der Region. Denn in der Lehrstellenbörse der IHK Reutlingen waren zum 1. August noch fast 300 Ausbildungsplätze frei. Bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg waren es etwas weniger, rund 250 freie Lehrstellen. Und im gesamten Bezirk Nagold-Pforzheim der Agentur für Arbeit habe es Anfang August noch knapp 1.600 unbesetzte Ausbildungsplätze gegeben, so die IHK Nordschwarzwald.
Auch im Handwerk freie Ausbildungsplätze
Ähnlich sieht es im Handwerk aus - auch da sind noch viele Lehrstellen frei. Bei der Onlinebörse der Handwerkskammer Konstanz waren es kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres über 400 freie Stellen. Die Kammer teilte mit, dass besonders viele angehende Elektroniker, Zimmerer und Kfz-Mechatroniker gesucht würden.
Die Handwerkskammer Reutlingen beschreibt ein ähnliches Bild. Sie listet sogar noch knapp 600 freie Lehrstellen auf. Die meisten zum Beispiel im Elektro- und Metallgewerbe, sowie im Bau und Ausbau - insbesondere im Bereich der Sanitär- und Anlagentechnik.
Betriebe kritisieren ungeeignete Bewerbungen
Einige freie Ausbildungsplätze gebe es, weil Bewerberinnen und Bewerber ungeeignete Bewerbungen einreichen würden, so die IHK Reutlingen. Laut einer Mitteilung sei deren Anzahl gestiegen: "Hatten im Vorjahr 67 Prozent der Betriebe unbesetzte Ausbildungsplätze darauf zurückgeführt, tun dies in der jüngsten Auflage der Umfrage 78 Prozent der Betriebe." Auch würden manche Azubis nach Beginn der Ausbildung ihre Verträge kündigen. Dass Betriebe kündigen, sei dagegen selten.
Viele Menschen beginnen Ausbildung
Doch den vielen freien Stellen stehen auch viele belegte Ausbildungsplätze gegenüber. Bei den Handwerkskammern Konstanz und Reutlingen wurden Anfang August zusammen schon über 2.600 neue Ausbildungsverträge gemeldet. Bei den IHKs Reutlingen, Schwarzwald-Baar-Heuberg und Nordschwarzwald waren es insgesamt knapp 4.800.
Betriebe nehmen auch kurzfristig Azubis
Azubis haben also eine große Auswahl. Und das nicht nur bei den freien Stellen, die es in den Online-Portalen der IHKs und Handwerkskammern gibt. Storz aus Tuttlingen zum Beispiel würde bei passenden Bewerbungen auch noch kurzfristig Azubis unter Vertrag nehmen. Denn auch bei ihnen mache sich der demografische Wandel bemerkbar, bedauert Herbert Aggeler. Neue, junge Arbeitskräfte seien deswegen immer willkommen.