Hermann Fritz neben einem Empfangsschild vor dem Ankunftszentrum Ukraine in Meßstetten. Fritz hat sich ehrenamtlich für geflüchtete Ukrainer engagiert.

Wichtiger Ansprechpartner für Geflüchtete

Ankunftszentrum in Meßstetten schließt: Wie ein Pensionär 250 Ukrainern half

Stand
Autor/in
Nathalie Waldenspuhl
Nathalie Waldenspuhl ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Harald Fritz hat hunderten Geflüchteten geholfen, Arbeit und Wohnung zu finden. Jetzt endet sein Job - was bleibt, sind die Menschen, die dank ihm angekommen sind.

Das Ankunftszentrum Ukraine in Meßstetten (Zollernalbkreis) hat seit Ende September geschlossen. Die letzten Geflüchteten sind ausgezogen. Für die Stadt Meßstetten geht damit eine Ära zu Ende - auch für Harald Fritz. Er hat über 250 geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern Wohnungen vermittelt und einigen sogar einen Job beschafft.

Ukrainerin arbeitet als Näherin in Meßstetten

Valentyna Krasan sitzt an der Nähmaschine. Sie konzentriert sich auf eine Naht, die sie gerade versäubert. Die 33-Jährige arbeitet als Näherin in einer kleinen Polsterwerkstatt. Dass sie hier in Meßstetten einmal einen Beruf finden wird, hat die gelernte Programmiererin vor zweieinhalb Jahren nicht gedacht. Im Februar 2022 ist sie mit ihrem Mann und ihren drei kleinen Kindern aus der Ukraine geflohen und im Ankunftszentrum Meßstetten gelandet.

Valentyna Krasan sitzt an einer Nähmaschine. Sie kam als Geflüchtete aus der Ukraine und arbeitet nun in einer Polsterwerkstatt in Meßstetten (Zollernalbkreis).
Eigentlich ist Valentyna Krasan gelernte Programmiererin. In Meßstetten hat sie jetzt aber einen Job als Näherin gefunden.

"Ich wusste, dass ich helfen muss"

Valentyna Krasan war sofort klar: Sie will mit ihrer Familie in Deutschland ankommen und so schnell wie möglich eine Wohnung und eine Arbeit finden. Das hat dann mithilfe von Harald Fritz, dem Beauftragten der Stadt Meßstetten für das Ankunftszentrum Ukraine, auch geklappt.

Den Mann haben im Ankunftszentrum Ukraine nahezu alle gekannt. Fritz selbst bezeichnet sich als "Bindeglied zwischen der Stadt und dem Ankunftszentrum." Der 63-Jährige hat überall da Hand angelegt, wo Hilfe nötig war. Er hat Dolmetscher organisiert, Spenden eingesammelt und Kinder zur Schule gebracht, später dann auch Wohnungen renoviert, eingerichtet und an die Ukrainerinnen und Ukrainer vermittelt. Zweieinhalb Jahre lang war er fast jeden Tag für die Geflüchteten unterwegs - alles ehrenamtlich.

Die Ukrainerin Valentyna Krasan und der Meßstetter Harald Fritz stehen in einer Hofeinfahrt. Er hat über 250 Geflüchteten aus der Ukraine geholfen, eine Wohnung zu finden.
Im März 2022 ist Valentyna Krasan mit ihrer Familie nach Meßstetten (Zollernalbkreis) gekommen. Jetzt hat sie eine Wohnung und eine Arbeit. Harald Fritz hat ihr dabei geholfen.

Gleich im Frühjahr 2022 hat Fritz sich als Freiwilliger bei der Stadt gemeldet. Er war gerade frisch pensioniert. "Dann brach der Krieg aus und ich wusste, dass ich helfen muss", sagt er dem SWR. Als ehemaliger Polizist und eingefleischter Meßstetter kennt er sich im Zollernalbkreis aus. Er hat Kontakte zu Menschen und Behörden vor Ort.

Besonders Kinder liegen dem Helfer am Herzen

Mittlerweile ist Harald Fritz zu einem wichtigen Ansprechpartner für die Ukrainerinnen und Ukrainer geworden. In den vergangenen zweieinhalb Jahren hat er über 250 Menschen eine Wohnung besorgt. Vielen hat er auch Arbeit vermittelt. Es war intensiv für den 63-Jährigen und er ist froh, wenn es jetzt wieder ruhiger wird. Aber trotz aller Anstrengung: Er ist dankbar, dass er so vielen Menschen helfen konnte.

"Das Schönste sind die Kinderaugen bei den Wohnungsbesichtigungen. Wenn die sehen, dass sie jetzt wieder ein eigenes Zimmer haben [...]. Das war immer eine große Motivation."

Flucht vor Bomben in Kiew

Auch Valentyna Krasan ist dankbar. Sie ist sich sicher: Ohne die Unterstützung von Harald Fritz hätte sie es in Deutschland schwerer gehabt. Sie ist mit ihrer Familie gleich im Februar 2022 aus der Ukraine geflohen. "Als die Bomben geflogen sind wussten wir, dass wir Kiew verlassen müssen", sagt sie dem SWR.

Damals konnte sie kaum Deutsch und hatte Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden. Eines Tages habe sie dann von Harald Fritz gehört. Der sei als Vermittler von Wohnungen unter den Geflüchteten bekannt gewesen. "Dann bin ich eines Tages zu seinem Büro und habe gefragt, ob er mir helfen kann."

Nach der Flucht: Neues Leben in Meßstetten

Und er konnte helfen. Erst hat er eine Wohnung für die Familie gefunden, dann eine Arbeit für Krasan und ihren Mann. Die Kinder sind in der Grundschule, die Eltern verdienen ihr eigenes Geld. Die Krasans sind in Meßstetten angekommen und können sich ein neues Leben auf der Alb aufbauen.

Das sei nicht selbstverständlich, sagt Valentyna Krasan. Sie habe viele Bekannte, die bis heute keinen Fuß in Deutschland fassen konnten. Es sei wertvoll, dass sich Ehrenamtliche wie Harald Fritz in Meßstetten so für sie einsetzen würden, sagt die Ukrainerin.

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