In diesem Sommer findet in Freiburg das 40. Internationale Zelt-Musik-Festival statt. 19 Tage und Nächte lang bietet das ZMF rund 50 eintrittspflichtige und mehr als 100 Gratis-Veranstaltungen. Aber der Veranstalter ist besorgt: Direkt neben dem Festivalgelände am Mundenhof wird der neue Freiburger Stadtteil Dietenbach gebaut.
ZMF befürchtet schlechtere Erreichbarkeit und Lärmbeschwerden
Das könne zu Verkehrsproblemen bei der An- und Abreise von Besuchern führen, so ZMF-Geschäftsführer Dieter Pfaff. Er macht sich Sorgen um die Erreichbarkeit des Geländes, wenn in unmittelbarer Nähe gleichzeitig das Dietenbach-Viertel gebaut wird.
Außerdem rechne man mit möglichen Lärmbeschwerden der künftig neuen Nachbarn im Stadtteil. Die Stadt Freiburg habe zwar in den Grundstückskaufverträgen das Nebeneinander von ZMF und angrenzender Wohnbebauung im Grundbuch abgesichert, Geschäftsführer Dieter Pfaff befürchtet dennoch ein mögliches Aus für das ZMF - auch wenn es eine Bestandsgarantie von Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) gebe.
Kulturliste Freiburg hat wegen Bauarbeiten Bedenken
Auch die Kulturliste Freiburg (KULT) gibt zu Bedenken, dass die aktuellen Bauarbeiten rund um Dietenbach und das Festival zu gleicher Zeit zu Problemen führen könnten. Der Bau einer Hochgarage auf dem ZMF-Parkplatz und kommende Baustellen würden das ZMF auf Dauer stark behindern und damit womöglich auch das Bestehen am aktuellen Standort.
KULT wünscht sich zeitnah Gespräche, an denen die Veranstalter des ZMF, die GRAG-Dietenbach, die Bauverwaltung und Oberbürgermeister Martin Horn teilnehmen sollten. Es sei wichtig, über Zeitpläne und eventuelle Verlegungen zu sprechen. Außerdem fordert die Kulturliste Freiburg eine Garantie der Stadt für das ZMF auf die nächsten acht bis zehn Jahre. Sie verlangt konkrete Aussagen über bevorstehende Planungen und deren Vereinbarkeit sowie eine Verlegung des Pavillons. Der Grund: Das ZMF schließe mit seinen Partnern und Sponsoren langfristige Verträge ab und sei somit von festen, langfristigen Aussagen abhängig.
ZMF feiert 2024 Jubiläum
Trotz Sorgen und Unklarheiten können sich die Besucherinnen und Besucher auf ein abwechslungsreiches Programm freuen. Das ZMF bietet neben Klassik, Jazz, Pop, Soul, Weltmusik und Clubabenden auch Kinderprogramm und Kabarett.
In der bunten Zeltstadt auf dem Mundenhofgelände treten Stars wie Anastacia, Tokio Hotel und Calexico auf, aber auch viele Newcomer und Straßenmusiker bekommen ihre Chance. Bereits ausverkauft sind die Konzerte im Zirkuszelt von Jan Delay und Clueso. Im Spiegelzelt gibt es für die Band Lumpenpack nur noch wenige Karten.
Vorläufer war die Konzertreihe "Klassik und Jazz"
Die Idee, Musik aller Stilrichtungen zu präsentieren, kam dem Freiburger Medizinstudenten und Musiker Alexander Heisler Anfang der 1970er Jahre im schottischen Edinburgh. Angeregt durch die lockere britische Festivalkultur rief er zunächst die Konzertreihe "Klassik und Jazz" an der Universität Freiburg ins Leben, den Vorläufer des späteren Zelt-Musik-Festivals. "Wir haben damals schon die größten Stars der Welt an die Uni gekriegt", erzählt Heisler. "Damit war der Humus gelegt."
Beim ersten Festival kamen insgesamt 50.000 Besucher zu rund vierzig Veranstaltungen. Der große Erfolg dieser Premiere in den Zelten bewies, dass die außergewöhnliche Atmosphäre unter Planen sowohl fürs Publikum als auch für die Musiker eine reizvolle Variante zum herkömmlichen Konzertsaal darstellte.
Kultur für alle beim Tiergehege Mundenhof
Nachdem das ZMF wegen Lärmbeschwerden aus der Innenstadt weichen musste, fand es 1985 vor den Toren Freiburgs in direkter Nachbarschaft zum Mundenhof-Tiergehege eine neue Heimat. Dieser Standort forderte das Improvisationstalent und volles Engagement aller Mitarbeitenden. Im Lauf der Jahre schufen sie zusammen mit dem städtischen Gartenamt aus einem Stoppelfeld eine Zeltstadt im Grünen.
Spezielles Ambiente begeistert Stars aus aller Welt
Eric Bazilian, Gründungsmitglied der amerikanischen Rockband "The Hooters", war wie viele andere Musiker von dem speziellen Ambiente begeistert. "Es ist verblüffend hier mit all den Tieren und Zelten. Es ist wie Woodstock - Woodstock mit Tieren." Manch einem Weltstar gefiel die Atmosphäre so gut, dass er nach seinem offiziellen Konzert noch eine Session mit Musikern aus anderen Genres spielte.
Reinfälle und Sternstunden
Natürlich gab es auch den ein oder anderen Flop, erinnert sich Festival-Gründer Alexander Heisler. Der damalige Superstar Dr. Alban reiste Anfang der 90er Jahre als einziger Musiker neben Justus Franz mit dem eigenen Flugzeug an. "Er hatte nur acht Stücke drauf, hat sich aber bei jedem Stück umgezogen", lacht Heisler heute.
Der schwedisch-nigerianische Pop-Musiker besaß 16 Garderoben und zog bei der Wiederholung einfach ein anderes Kostüm an - in der Meinung, das Publikum würde dann nicht merken, dass er dieselben Stücke der ersten Runde sang. Ein finanzieller Flop war das abgesagte Konzert von der amerikanischen Geigerin Lindsey Stirling im Jahr 2015. Ihr war es im Zirkuszelt schlicht zu heiß.
Unvergesslich waren dagegen Auftritte von Vollblutmusikern wie Toto, Oquestrada aus Portugal oder dem berühmten Rock´n Roll und Bluesmusiker Bo Diddley, die das besondere Ambiente zu schätzen wussten.
Blitz, Donner und Fußballkatastrophen
Eine Eigenart des Festivals sind seit Jahren die extremen Witterungsbedingungen. Mal gab es Hitzewellen, dann Blitz-, Donner- und Starkregenperioden, was manch einen Festivalbesucher schon an einen Fluch glauben ließ. Aber nicht der Wettergott, sondern die Fußball-WM 2006 in Deutschland brachte fast das Ende für den Festival-Dinosaurier: Die Besucher blieben aus. Der Trägerverein musste Insolvenz anmelden. Zusammen mit neuen Mitstreitern bekam das facettenreiche Spektakel mit der ZMF GmbH eine neue Struktur.
In diesem Jahr werden über 100.000 Menschen in der Zeltstadt erwartet. Wer sich keine Konzertkarte leisten kann oder will, ist auf dem ZMF Gelände trotzdem willkommen. Viele Besucher kämen einfach nur, um herumzuschlendern, sagt ZMF- Geschäftsführer Dieter Pfaff, denn das Gelände ist und bleibt eintrittsfrei: "Man kann einfach von draußen zuhören, was im Zirkuszelt passiert, sich dort auf die Wiese setzen und ein bisschen die Seele baumeln lassen."