50 Cent Steuer werden für den Kaffee im Pappbecher oder das Essen in der Plastikbox fällig. So ist es in Tübingen seit rund zwei Jahren, wenn in der Gastro Einwegverpackungen an die Kundschaft rausgegeben werden. Das regelt dort die Verpackungssteuer. Für Einwegstäbchen vom asiatischen Imbiss oder anderes Einwegbesteck werden 20 Cent veranschlagt. So ähnlich soll es in Freiburg in Zukunft auch laufen: Der Gemeinderat hat am Dienstagabend beschlossen, dass ein Konzept für eine Verpackungssteuer erarbeitet werden soll - das Tübinger Modell soll dafür als Vorbild dienen.
Salatbar-Betreiber: Mit der Steuer würden Speisen teurer werden
Thomas Tietz kann nachvollziehen, dass Mehrwegverpackungen bei der Müllvermeidung in Freiburg helfen sollen. Schon jetzt wirbt er in seiner Salatbar auf dem Tresen prominent für wiederverwendbare Verpackungen. Bei der Einführung einer Steuer würden Einwegverpackungen auch für seine Kundschaft teurer. "Für uns sind die Preise für Einwegprodukte schon jetzt ziemlich hoch", sagt Thomas Tietz. Allein für Besteck bezahle er schnell 60 bis 80 Cent pro Stück im Einkauf. Würde eine zusätzliche Steuer auf solches Einwegbesteck fällig, spiegelte sich das auch im Preis wider: "Dadurch, dass wir nicht so viel Gewinn abwerfen, wie viele immer denken, müssten wir die Steuer leider an die Kunden weitergeben".
Auch Valentina Riesterer hat Bedenken hinsichtlich der Verpackungssteuer. Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt sie ein kleines Café in der Nähe des Bertoldsbrunnens. Riesterer befürchtet insbesondere negative Auswirkungen auf den Tourismus in Freiburg. Ihrer Meinung nach würden die zusätzlichen 50 Cent - zum Beispiel beim Kauf eines Kaffees im Pappbecher - die Touristen verärgern. Zudem müssten Gäste in Freiburg bereits hohe Parkgebühren entrichten.
Gastro-Verband sieht Vor- und Nachteile bei Verpackungssteuer
Alexander Hangleiter vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) in Freiburg ist hin- und hergerissen. "Jeder von uns möchte eine saubere Innenstadt. Speziell das Gastgewerbe profitiert davon, wenn die Straßen in Freiburg sauber sind", sagt Hangleiter. Gleichzeitig brauche eine neue Steuer immer auch Kontrollen. Und dies bedeute zusätzliche Bürokratie. Was da auf die Unternehmen zukomme, sei noch völlig ungewiss. Die Verpackungssteuer schwebe wie ein Damoklesschwert über den Betrieben.
Ziel der Steuer: Müllvermeidung und mehr Einnahmen für Müllbeseitigung
Es gab Appelle, öffentliche Sammelaktionen und Plakate, auf denen Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) zu sehen war: Freiburg kämpft seit Längerem gegen achtlos weggeworfenen Abfall. Rund 4.500 Kilogramm solcher Abfälle werden laut der dortigen Abfallwirtschaft und Stadtreinigung täglich in Freiburg eingesammelt. Diese Bilanz ist für die Schwarzwaldmetropole besonders bitter, denn sie hält viel auf ihr Umweltimage und nennt sich gerne "Green City" ("Grüne Stadt"). Die Stadt erhofft sich durch die Verpackungssteuer, die Innenstadt sauberer zu bekommen. Gleichzeitig sollen damit die Nutzung von Mehrwegsystemen gefördert und zusätzliche Einnahmen für den Haushalt generiert werden. Diese Einnahmen könnten dann wiederum zur Finanzierung der Müllentsorgung in der Innenstadt verwendet werden.
Verpackungssteuer in Freiburg soll 2025 kommen
Über die Verpackungssteuer ist am Dienstag im Gemeinderat lebhaft diskutiert worden, auch darüber, wie sie konkret ausgestaltet werden könnte. Klar ist: Es braucht Personal, um die neue Steuer zu kontrollieren und Beratungen durchzuführen. Die Rede ist hier von mindestens zwei Vollzeitstellen, die die Stadt Freiburg schaffen müsste. Ein genaues Konzept soll die Stadtverwaltung nun bis Herbst erarbeiten. Über das müsste der Gemeinderat dann nochmal abstimmen. Eingeführt werden soll die Verpackungssteuer nach aktuellen Planungen dann im Juli 2025.
Auch andere BW-Kommunen an Verpackungssteuer interessiert
Wie Freiburg denken auch andere Kommunen im Land über eine Verpackungssteuer nach, um die Müllberge in den Griff zu bekommen. In Konstanz beauftragte der Gemeinderat bereits die Verwaltung, eine Satzung für eine Verpackungssteuer für das kommende Jahr vorzubereiten. Die Bodensee-Kommune gibt nach eigenen Angaben jedes Jahr gut 1,2 Millionen Euro aus, um Müll auf Straßen, Plätzen und anderen öffentlichen Orten einzusammeln. Heidelberg will im kommenden Jahr damit starten und in Singen wird über die Steuer nachgedacht. Im Gemeinderat wird allerdings moniert, dass die gesamte Last auf der kommunalen Ebene liegt, wie die Stadt berichtete. "Wir verfolgen die aktuellen Entwicklungen", heißt in Singen zum juristischen Tauziehen um die Tübinger Steuer.
Die Stadt Mannheim beschäftigt sich einer Sprecherin zufolge schon seit Jahren mit einer möglichen Verpackungssteuer, wartet aber erst den Ausgang des Rechtsstreits zum Tübinger Fall ab. Das Bundesverfassungsgericht wird darüber wohl im Herbst entscheiden. Danach können die Städte und Gemeinden wählen, ob sie eine Verpackungssteuer wollen oder nicht.