Russischer Angriffskrieg jährt sich

So erlebt die Region Freiburg den Krieg gegen die Ukraine

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Autor/in
Anita Westrup
Anita Westrup ist Reporterin und Redakteurin im SWR Studio in Freiburg.
Owusu Künzel
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Hilfsgüter, Spenden, Unterkünfte: Seit Kriegsbeginn vor einem Jahr ist die Hilfsbereitschaft in der Region Freiburg und Südbaden enorm. Viele kämpfen aber auch mit den wirtschaftlichen Folgen des Kriegs.

So helfen die Menschen der Region

  • Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 rollt eine Welle der Solidarität durch Südbaden. So haben Menschen in Südbaden eine enorme Summe an Geld, aber auch unzählige Tonnen an Hilfsgütern für die Menschen in der Ukraine gespendet. Über Spenden, den städtischen Haushalt und Landesmittel wurden seitdem Hilfsgüter in Höhe von mehr als sieben Millionen Euro finanziert. Die Stadt Freiburg hatte 2022 mehr Spenden als je zuvor erhalten. Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) dankte der Bevölkerung für ihre Spendenbereitschaft und für das bürgerschaftliche Engagement. Er wertete das als „ein starkes Zeichen der Solidarität“. Auch die Spenden für Freiburgs ukrainische Partnerstadt lagen in Rekordhöhe. Für die Nothilfe Lwiw gingen mehr als 1,5 Millionen Euro ein. (Stand Januar 2023). Auch die Spenden für Freiburgs ukrainische Partnerstadt lagen in Rekordhöhe.
  • Neben Hilfstransporten der evangelischen Stadtmission Freiburg, haben sich viele andere Organisationen und Initiativen gebildet, um Hilfsgüter, wie Lebensmittel, Decken, Medikamente in die Ukraine zu bringen. Ein Lahrer Verein organisiert seit Kriegsausbruch immer wieder Transporte mit Hilfsgütern - nicht ohne Risiko. Rund 300 Tonnen Hilfsgüter sind so bereits in das kriegsgebeutelte Land geliefert worden. Mehr als 100 Fahrten hat der Verein Gemeinsam Europa aus dem Ortenaukreis nach eigenen Angaben organisiert. Auch der Gewichtheberverband Baden-Württembergs hatte eine großangelegte Hilfsaktion für die Ukraine gestartet. Auf dem Rückweg kamen so auch geflüchtete Frauen und Kinder aus der Ukraine nach Südbaden.
  • In Freiburg kamen nach Kriegsausbruch in der Ukraine 157 Kinder und Jugendliche und ihre Betreuer aus einem ukrainischen Kinderheim bei Kiew an. Mittlerweile leben sie unter anderem in einem ehemaligen Hotel in Bad Krozingen. Dafür wurde ein Hotel zum Kinderheim umfunktioniert. Die Evangelische Stadtmission Freiburg hatte das von ihr verwaltete Hotel Alla-Fonte Ende September zu einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung umgewandelt. Die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter wurde oft auch privat organisiert - von Familienangehörigen, Freunden oder auch Fremden. Auch in Südbaden waren viele bereit, Menschen bei sich zu Hause aufzunehmen. Beispielsweise kamen 66 Frauen, Kinder und ältere Männer aus der Ukraine am Sonntagmittag in der Region rund um Bräunlingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) erst an und dann unter. Sie waren mit Bussen an der ukrainisch-polnischen Grenze abgeholt worden.
  • Auch durch Benefizkonzerte kamen in Südbaden Spendengelder für Menschen in der Ukraine zusammen. So diente Musik als Zeichen von Solidarität: Im Freiburger Konzerthaus hatten Kulturschaffende im März ein großes Benefizkonzert mit Klassik, Jazz, Pop und Weltmusik für die Ukraine gegeben.
  • Auf die Kunst in Südbaden hatte der Krieg in der Ukraine ebenso Auswirkungen: Beispielsweise erhielt die Graffiti-Mauer am Dreisamufer in Freiburg einen solidarischen Look:
Große Ukraine-Fahne am Dreisamufer in Freiburg
75 Meter lang und 4 Meter breit ist die Ukraine-Fahne mit dem Schriftzug, die der Graffitikünstler Andreas Ernst gestaltet hat

  • Seit März 2022 können vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchtete kostenlos Bus und Bahn im Regio-Verkehrsverbund Freiburg fahren. Damit schloss sich der Verbund der Entscheidung des Branchenverbands an, der diese Regelung sämtlichen Mitgliedern, Verkehrsunternehmen und Verkehrsverbünden empfahl. Als Fahrtberechtigung genügte ein gültiges ukrainisches Ausweisdokument.

So leidet und profitiert die südbadische Wirtschaft

  • Durch den Krieg in der Ukraine hatten auch die Menschen und Unternehmen in Südbaden mit höheren Energiekosten zu kämpfen. Die Uniklinik Freiburg ging im Oktober 2022 von höheren Kosten im zweistelligen Millionenbereich aus. Als größtes Universitätsklinikum in Baden-Württemberg verbrauche man, eigenen Angaben zufolge, Energie wie etwa 35.000 Haushalte. Auch die Firma Hieber aus Binzen im Kreis Lörrach rechnete 2022 in ihren Edeka-Filialen wegen der gestiegenen Energiepreise mit Mehrkosten in Millionenhöhe. Die Firma betreibt 16 Supermärkte in Südbaden. Die Preise für Gas und Strom sind vor allem im Frühjahr und Sommer durch die Decke gegangen. Das hatte zur Folge, dass im Sommer alternative Heizmethoden so stark wie nie gefragt waren. Viele Baumärkte bestätigten einen Ansturm auf Heizgeräte und Heizmittel, die eine Gasheizung ersetzen könnten.
Ein skurriles Bild im Markt: während sich die Grillkohle im Hintergrund türmt, sind die Paletten mit Holz Pellets und Brennholz großteils leergekauft
Ein skurriles Bild im Markt: während sich die Grillkohle türmt, sind die Paletten mit Holz Pellets und Brennholz großteils leergekauft
  • Laut einer Umfrage der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg traf der Krieg in der Ukraine die Wirtschaft in der Region schwer: Etwa ein Drittel der 115 befragten Unternehmen gingen im April davon aus, dass ihr Geschäft durch die Sanktionen gegen Russland geschwächt würde. Trotzdem sprechen sich 89 Prozent für diese aus. Die größte Belastung seien die hohen Energie- und Beschaffungskosten. Unterbrochene Lieferketten hätten bei einem Fünftel der Unternehmen schon für Störungen bei den Geschäftsabläufen gesorgt. Vereinzelt sei es zu Spannungen in Betrieben zwischen Menschen aus den jeweiligen Ländern gekommen.
  • Für den Rüstungshersteller Heckler & Koch dagegen war es wirtschaftlich gesehen ein gutes Jahr. Denn durch den Ukraine-Krieg hat die Oberndorfer Rüstungsfirma deutlich mehr Geschäfte gemacht. Der Waffenhersteller aus Oberndorf am Neckar wirtschaftete deutlich profitabler. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 schnellte der Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 70 Prozent auf mehr als 29 Millionen Euro in die Höhe, wie die Firma mitteilte. Der Umsatz kletterte um sieben Prozent auf 226 Millionen Euro.
Ein Gewehr vor dem Logo von Heckler & Koch
Das Sturmgewehr G36 von Heckler & Koch wird weltweit verwendet. Und auch schon mal illegal in Krisenherdregionen exportiert.

So erleben Deutsche aus Russland den Krieg

Der Krieg in der Ukraine stellte die Community der Deutschen aus Russland auch in Südbaden auf die Probe. Viele haben Verwandte in Russland und der Ukraine. Die Meinungen zum Konflikt gehen auseinander. Im Frühjahr und Sommer kam es auch in der Region rund um Freiburg wiederholt zu pro-russischen Autokorsos.

Russischer Autokorso in Lörrach mit mehr als 100 Fahrzeugen.
Russischer Autokorso in Lörrach mit mehr als 100 Fahrzeugen.

Dagegen stellten sich immer wieder verschiedene Bündnisse, wie die Deutsch-Ukrainische Gesellschaft und die Bürgerinitiative "Engagiertes Freiburg".

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