Es war ein ganz besonderes Spiel. Es war nicht nur Christian Streichs letztes Spiel. An diesem Spieltag hat sich entschieden, ob der SC Freiburg in der kommenden Saison und damit zum dritten Mal hintereinander international vertreten sein wird. Doch der SC verlor 2:1 gegen Union Berlin - und verpasste damit die Qualifikation für den Europapokal. SC-Fans, die es nicht ins Stadion geschafft hatten, versammelten sich in Fußball-Kneipen, um das Spiel zu sehen.
Fans sehen verpasste Europa League gelassen
Heiko Melcher schaute das Spiel in einer Freiburger Kneipe an. In der Halbzeit zeigte er sich enttäuscht: "Der SC kann kein Tor mehr schießen." Ein Tor schoß Freiburg noch in der 85. Minute. Zum Sieg reichte das aber nicht aus. "Es hat ja vielleicht auch etwas Gutes: Jetzt hat unser neuer Trainer die Gelegenheit, sich wirklich auf die Bundesliga zu konzentrieren und muss nicht immer noch in der Weltgeschichte herumfahren", sagte Melcher.
Die Freiburger Fans im Berliner Stadion waren enttäuscht über die Niederlage. "Für Streichs Abschied hätten wir gerne einen besseren Abschluss gehabt", sagte SC-Fan Tim Ströger aus Freiburg. Trotzdem findet er: "Für Freiburg ist es auch o.k. mal eine Saison zu haben, die ohne internationales Geschäft verläuft." Freiburg-Fan Manuel Holzer sagte nach dem Spiel: "Gut gekämpft, leider bitter verloren. Schade, dass Streichs Ära so enden muss." Trainer Streich kam nach Spielende kurz zum Gästeblock im Stadion in Berlin. Und die SC-Fans sangen seinen Namen im Chor.
Streich: "Ich bin sehr enttäuscht von mir"
Christian Streich hatte schon vor Spielbeginn Tränen in den Augen. "Ich bin seit Wochen umgeben von unzähligen Menschen, die mir viel entgegenbringen", sagte er im Interview beim Sender Sky. Er sei sehr gerührt. Was er am meisten vermissen werde? "Die Menschen", sagte Streich.
Streichs Reaktion nach der Niederlage in Berlin:
Nach dem Spiel war er sichtlich enttäuscht. Die letzten Wochen seien so hochemotional gewesen und jetzt endet es so, sagte er. Er sei sehr enttäuscht und am meisten von sich selbst. "Weil ich nicht in der Lage war, der Mannschaft den letzten Impuls zu geben, dass wir es europäisch schaffen", so Streich. Das würde jetzt alles andere überwiegen. "Es tut mir sehr leid für die Fans und für die Spieler."
SC-Fans in Freiburger Kneipe
In der Freiburger Kneipe Deutscher Kaiser fand man kaum mehr einen freien Platz zum Sitzen. Alles war voll mit Fußballfans. Heiko Melcher schaut fast jedes Auswärtsspiel des SC Freiburg hier in der Kneipe. Von Anfang an war er bei diesem Spiel eher etwas skeptisch, "weil der SC die letzten Spiele nicht richtig gewinnen wollte." Man merke der Mannschaft an, dass sie ziemlich auf dem Zahnfleisch gehe - mit den Verletzungen, der langen Saison und den vielen Spielen, sagte Melcher. Als SC-Fan hoffte er aber natürlich trotzdem auf einen Sieg.
SC-Fans über die Erwartungen vom letzten Spiel noch vor dem Anpfiff:
Auch das letzte Heimspiel vergangene Woche und den Abschied von Streich hatte Heiko Melcher gesehen. "Da hatte ich schon ein bisschen Tränchen in den Augen. Die Szene nach dem Spiel war schon sehr ergreifend und wie Streich durch das Stadion gelaufen ist."
Freiburger glaubten an einen Sieg
Auch Levi Vogel aus Freiburg schaute in der Freiburger Kneipe das Spiel. Er erwartete "ganz klar einen hohen Sieg als letztes Spiel für Christian Streich - wo nochmal alles rausgehauen und richtig gut gespielt wird." Levi Vogel dachte - und vielleicht auch hoffte -, dass die Mannschaft zu Ehren von Christian Streich bei diesem Spiel nochmal alles geben würde. Sein Spiel-Tipp war 0:3 für den SC.
SC-Fan Adrian Piljer tippte auf ein 1:3. "Ich glaube, die Mannschaft hat Bock darauf, dem Christian nochmal ein schönes Abschiedsgeschenk zu machen", sagte er. Dass Streich als Trainer geht, findet Adrian Piljer traurig, denn er habe die Mannschaft zu dem gemacht, was sie heute ist.
Tausende SC-Fans waren nach Berlin gereist
Rund 2.500 SC-Fans waren im Stadion in Berlin, um ihre Mannschaft beim Auswärtsspiel gegen Union Berlin anzufeuern. Manche waren ohne Ticket in die Hauptstadt gereist - hofften vor Ort noch eines zu ergattern.
Alexander Biedermann, Feuerwehrmann aus Freiburg, hatte ein Ticket und verfolgte das Spiel live im Stadion. Er hoffte auf ein 0:2 für den SC. "Ich wünsche mir einen schönen Saisonabschluss. Am besten soll die Europa League dabei rauskommen", sagte Biedermann. Und er wünschte sich, dass Christian Streich "irgendwann wieder beim SC auftaucht."
Im ausverkauften Stadion An der Alten Försterei wurde Streich auch von den Union Berlin-Fans mit Applaus und "Fußballgott"-Rufen empfangen.
Lange Gesichter bei Rückkehr des SC-Teams nach Freiburg
Nach dem enttäuschenden und unglücklich verlorenen Spiel gab es bei Spielern, Trainern und Sport-Vorstand Jochen Saier lange Gesichter bei der Rückkehr nach Freiburg. Als das Team am Samstagabend mit einem Bus-Shuttle vom Flughafen zum Stadion kam, warteten knapp zwei Dutzend Fans - viele davon weiblich - auf ihre Idole. Doch von den Spielern hatte jedoch kaum jemand Lust auf ein Interview, zu tief saß der Frust.
Lust auf Urlaub
Vincenzo Grifo freut sich jetzt darauf, den Kopf im Italien-Urlaub wieder frei zu bekommen. Sportvorstand Jochen Saier betont, dass dem Club wertvolle Einnahmen verloren gehen, weil sich der SC nicht für einen europäischen Wettbewerb qualifiziert hat. Das habe auch Einfluss auf Gespräche mit möglichen Neuzugängen.
Vorfreude bei Yannik Keitel
Der einzige Spieler, der ein Lächeln im Gesicht trug, war der gebürtige Breisacher Yannik Keitel. Der scheidende Jungstar freute sich sehr darüber, dass ihn sein weiblicher Fanclub mit einem Spruchband begrüßte. Er freut sich jetzt auf den Kurztrip mit Mannschaftskollegen nach Ibiza, dann auf Urlaub mit seiner Familie und schließlich auf seinen Wechsel zum deutschen Vizemeister VfB Stuttgart. Wenn er sich dort durchsetzt, spielt er in der kommenden Saison Champions League.
Adieu nach Jahren beim SC Freiburg
Kult-Trainer Christian Streich verlässt den SC nach zwölf Jahren als Chefcoach. Dadurch endet in Freiburg eine Ära. Am vergangenen Wochenende war Streich bereits im Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim (1:1) emotional von den eigenen Fans verabschiedet worden.