Ein 39-Jähriger wurde vergangene Woche von einem Polizisten in Oberkirch (Ortenaukreis) erschossen. Der Mann war zuvor mit Messern auf die Beamten losgegangen. Die aktuellen Ermittlungen würden zeigen: Die Polizei habe nichts falsch gemacht. Das teilten die Staatsanwaltschaft Offenburg, die Polizei und das Landeskriminalamt (LKA) am Freitag mit.
SWR-Reporter Ulf Seefeldt über die neuen Erkenntnisse:
Ermittlungen mittels 3D-Scan
Die Obduktion des 39-jährigen Mannes ergab, dass er an einer Schussverletzung seiner Hauptschlagader am Oberkörper starb. Wie die Behörden weiter mitteilten, hatten kürzlich vorgenommene Untersuchungen bislang kein Fehlverhalten der Polizei ergeben.
Der Tatort wurde mit Hilfe von 3D-Scans vermessen. Bei einem solchen Scan wird der Ort mit speziellen Lasern aufgenommen und kann dann virtuell von einer Untersuchungsperson betreten werden. Der virtuelle Raum nenne sich "Cave". Die Ermittlerinnen und Ermittler können sich darin vergleichbar wie in einem Computerspiel bewegen und beispielsweise die Position des Schützens einnehmen. Dies diene unter anderem dazu, die Flugbahnen von abgefeuerter Munition nachzuverfolgen, so Jürgen Glodek vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg.
Die Ermittlungen sind laut Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt noch nicht abgeschlossen und werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die gesicherten Spuren werden etwa noch untersucht und ein Gutachten wird noch ausgewertet. Auch mögliche Zeugen sowie alle betroffenen Polizeibeamten müssen nun verhört werden.
Mann griff Beamte mit Messern an
Zu dem Einsatz vergangene Woche kam es, weil die Polizei über einen psychisch auffälligen Mann informiert wurde. Der Mann habe Suizid begehen wollen, hieß es. Mehrere Polizeistreifen umliegender Reviere und der Bereitschaftspolizei fuhren zur Wohnung des Mannes. Ein solches Polizeiaufgebot werde nicht bei jedem Hinweis eingesetzt, so LKA-Sprecher Jürgen Glodek.
In diesem Fall wäre die Situation jedoch besonders gewesen. "Wir mussten damals von einer Drittgefährdung ausgehen. Zum Zeitpunkt war nicht auszuschließen, dass noch andere Menschen in der Wohnung sind", sagte Glodek. Nachdem die Beamten die Wohnungstüre aufgebrochen hatten, fanden sie den 39-Jährigen in seiner Wohnung vor. Laut Polizei lag der Mann blutend am Boden und hielt ein Messer in der Hand. Dieses warf er später auf die Beamten, zog dann ein zweites und ging auf diese los. Ein psychologischer Notdienst sei nicht hinzugezogen worden, da dieser hätte gefährdet werden können.
"Suicide by Cop" als mögliche Motivation
Aufgrund der Abläufe sei möglich, dass der 39-Jährige in suizidaler Absicht handelte. Jürgen Glodek erklärt, dass das sogenannte Motiv "Suicide by Cop" der Wunsch ist, sich von Polizistinnen und Polizisten umbringen zu lassen. Das sei verbreiteter als man denke. "Derzeit ist das eine der Richtungen, die man betrachtet. Dass darin die Motivation des Mannes lag, ist nicht auszuschließen", sagte er.
Prüfung des Schusswaffengebrauchs
Da die Polizei Schusswaffen nur als äußerstes Mittel einsetzen darf, überprüft die Staatsanwaltschaft derzeit sowohl die mutmaßliche Bedrohungslage als auch den Schusswaffengebrauch des Polizeibeamten. Ob sogenannter unmittelbarer Zwang angewendet wird, entscheiden die jeweiligen Beamte vor Ort grundsätzlich im Einzelfall. Das teilte das Stuttgarter Innenministerium nach früheren Fällen mit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werde hierbei berücksichtigt.