Eine Büste zeigt Hans Thoma im Hans-Thoma-Kunstmuseum in Bernau.

Neue Ausstellung in Bernau

Hans Thoma: Zwischen Antisemitismus-Kritik und künstlerischer Würdigung

Stand
Autor/in
Vanessa Amann
Vanessa Amann, Reporterin Studio Freiburg

Dem berühmten Maler Hans Thoma wird in seiner Heimatgemeinde Bernau eine neue Ausstellung gewidmet. Wie viel Raum gibt das Museum den antisemitischen Vorwürfen rund um den Künstler?

"Blicke auf Hans Thoma" - so heißt die neue Dauerausstellung zum beliebtesten Landschafts- und Porträtmaler der Deutschen Ende des 19. Jahrhunderts. Das gleichnamige Kunstmuseum feiert in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen. Doch das Hans-Thoma-Museum in Bernau (Kreis Waldshut) zeigt nicht nur seine bekanntesten Werke. Persönliche Briefe bringen auch seine antisemitische Gesinnung ans Licht.

Angestoßene Debatte um Thomas Vergangenheit

Noch im Frühjahr wurde entschieden: Der ehemalige "Hans-Thoma-Preis für Bildende Kunst" wird umbenannt. Er gilt als bedeutendster Kunstpreis des Landes Baden-Württemberg. Dazu führte eine angestoßene Debatte des letztjährigen Preisträgers Marcel van Eeden. Er setzte sich kritisch mit der Vergangenheit von Hans Thoma auseinander. In seiner Preisträgerausstellung "1898" veröffentlichte er unter anderem Briefe des Bernauers mit dem Autor Julius Langbehn. Dieser gilt unter Historikerinnen und Historikern als ein Wegbereiter des Nationalsozialismus.

Zwischen Kunst und Kontroverse

Für Margret Köpfer, die Leiterin des Kunstmuseums in Bernau, steht fest: Eine Aufarbeitung muss stattfinden, auch in Bernau selbst. Und diese habe bereits begonnen. Ein Teil der neuen Dauerausstellung widmet sich daher auch den völkisch-nationalen Gesinnungen des Malers.

Margret Köpfer hängt einen Ausschnitt eines Briefwechsels zwischen Hans Thoma und Julius Langbehn auf.
Ein Bereich des Museums widmet sich den antisemitischen Äußerungen von Hans Thoma. Diese sind vor allem in Briefwechseln zwischen ihm, Julius Langbehn und Cosima Wagner zu finden.

So zeigt die Ausstellung beispielsweise Briefe von Thoma an Julius Langbehn, aber auch an Cosima Wagner, die Frau von Richard Wagner. Aber: Aufarbeitung bedeute nicht, einem großen Künstler den Rücken zu kehren.

Eine Umbenennung des Museums stand für uns nicht zur Debatte.

Enthüllungen zu Thoma stießen am Anfang auf Ablehnung

Hans Thoma war mit seiner Heimat, dem Schwarzwald, tief verbunden. Das zeigen auch seine Landschaftsgemälde. Und auch heute ist der Maler in seiner Gemeinde Bernau beliebt und sehr bekannt.

Die Ausstellung "Blicke auf Hans Thoma" zeigt viele seiner Werke. Unter anderem Landschaftsgemälde, Selbstporträts und Keramik-Stücke.
Die Ausstellung "Blicke auf Hans Thoma" zeigt viele seiner Werke. Unter anderem Landschaftsgemälde, Selbstporträts und Keramik-Stücke.

Viele Bernauerinnen und Bernauer seien am Anfang geschockt über die Enthüllungen und auch die Umbenennung des Preises gewesen. Dass der Preis umbenannt wird, sei auf Erstaunen und Befremden gestoßen, berichtet Alexander Schönemann (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde. Denn schließlich "sind wir in Bernau sehr stolz auf unseren berühmtesten Sohn". Er betont jedoch auch: In der Bevölkerung und in der Verwaltung würden die antisemitischen Äußerungen von Thoma nicht relativiert und man stelle sich aktiv gegen jede Form des Antisemitismus.

Es ist wichtig, diese Aspekte nicht zu verstecken. Das wollen wir nicht. Aber gleichzeitig müssen wir auch weiterhin seine großen künstlerischen Leistungen, die er gebracht hat, anerkennen.

Wie antisemitisch war Thoma?

Die Quellen und auch die Forschung belegen: Hans Thoma hat sich antisemitisch geäußert. In der Öffentlichkeit trat er jedoch nicht als Antisemit auf. Das belegt auch Leonie Beiersdorf, Kuratorin an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Nachforschungen des ehemaligen Kulturreferenten des Landkreises Waldshut, Jürgen Glocker, zeigen, dass Thoma je nach Situation sehr zweckmäßig gehandelt habe.

Und so werden an der Vernissage im Hans-Thoma-Museum auch Stimmen laut, die fordern: Man müsse die Menschen aus ihrer Zeit heraus beurteilen und in den historischen Kontext einordnen.

Mehr zu Hans Thoma

Bernau

Kritischer Diskurs Preisträger van Eeden setzt sich mit Hans-Thoma-Vergangenheit auseinander

Am Sonntag ist der Hans-Thoma-Preis an Marcel van Eeden verliehen worden. Der Niederländer ist Rektor der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe.

SWR4 BW aus dem Studio Freiburg SWR4 BW Südbaden

Stuttgart/Bernau

Bedeutendster Kunstpreis des Landes Nach Antisemitismus-Debatte: Hans-Thoma-Preis wird umbenannt

Lange war debattiert worden, jetzt steht fest: Der Hans-Thoma-Preis bekommt einen neuen Namen. Grund sind Enthüllungen um antisemitische Äußerungen des Malers Hans Thoma.

SWR4 am Nachmittag SWR4

Karlsruhe

Wichtigster Kunstpreis geht nach Karlsruhe Künstler Marcel van Eeden bekommt Hans-Thoma-Preis

Der Hans-Thoma-Preis 2023 des Landes Baden-Württemberg geht an den Künstler Marcel van Eeden aus Karlsruhe, der mit seinen tiefschwarzen Kohlezeichnungen bekannt geworden ist.

Nachrichten, Wetter SWR2

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.