Auf dem Platz der Alten Synagoge in Freiburg versammelten sich am Mittwochnachmittag rund 300 Menschen, um gegen die Räumung des Protest-Camps zu demonstrieren. Viele zeigten Unverständnis. Andere waren ungehalten darüber, dass die Politik im Jahr 2023 noch immer am Verbrennen fossiler Rohstoffe festhalte. Der Protest war von "Fridays-for-Future" in Freiburg organisiert, aber vorher nicht beim zuständigen Amt für öffentliche Ordnung angemeldet worden.
500 Aktivisten zogen durch Tübingen
Am frühen Mittwochabend gab es in der Tübinger Innenstadt eine Kundgebung mit einer anschließenden Demonstration, an der über 500 Menschen teilnahmen. Die Aktivisten unter anderem von "Fridays-for-Future" hatten gestern zur Demo für den Erhalt von Lützerath aufgerufen. Ihren Angaben zufolge wird Deutschland das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Abkommens verfehlen, wenn die Kohle in dem Dorf abgebaut wird. Außerdem werde die Kohle für die Energieversorgung nicht dringend gebraucht. Laut Polizei zogen etwa 400 bis 500 Menschen friedlich durch die Innenstadt. Am Marktplatz wurden Reden gehalten.
Im nordrhein-westfälischen Lützerath hat die Polizei am Mittwoch mit der Räumung des Dorfes begonnen. Nach Einschätzungen der Polizei könne der Einsatz Wochen dauern. Der gesamte Bereich wurde abgesperrt, niemand komme mehr unbefugt hinein, hieß es. Mehr als 1.000 Polizeibeamte standen hunderten Aktivistinnen und Aktivisten gegenüber. Protestierende kamen auch aus Freiburg und Tübingen. Lützerath wurde im April 2022 vom Energiekonzern RWE gekauft und soll abgerissen werden, um Braunkohle abzubauen.
Aktivisten wollen Dorf weiter besetzen
Manche Aktivisten hatten das Protestcamp nach Gesprächen mit der Polizei freiwillig verlassen, andere wurden von der Polizei weggetragen. Trotz der Aufforderung der Polizei, Lützerath zu verlassen, wollen Aktivistinnen und Aktivisten das Dorf weiter besetzt halten. Laut der Initiative "Lützerath lebt" sind sie fest entschlossen, auszuharren und Bäume und Gebäude zu schützen.
Protestierende kommen auch aus dem Ausland
In den vergangenen Tagen waren viele Klimaaktivistinnen und -aktivisten angereist, um die Räumung zu verhindern. Auch Johanna Inkermann aus Freiburg. Sie ist Sprecherin der Initivative "Lützerath lebt". Laut Inkermann kommen die Menschen inzwischen nicht mehr nur aus Deutschland sondern auch aus Frankreich, Italien, Dänemark oder den Niederlanden. Den Klimaaktivistinnen und -aktivisten geht es bei ihrem Protest nicht nur um das Dorf und dessen Wald. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Deutschland das 1,5 Grad Ziel erreichen kann und welche Rolle Energiekonzerne dabei spielen.
SWR-Interview mit der Sprecherin der Initiative "Lützerath lebt", Johanna Inkermann
Wie die Initiative dafür sorgen will, dass der Protest gewaltfrei bleibt, beantwortet die Sprecherin nur vage. "Die Klimakrise ist Gewalt und die Klimakrise wird hier gemacht", sagt Inkermann.
Initiative "Lützerath lebt" lehnt Kompromisse ab
Kompromisse beim Braunkohleabbau kommen für sie nicht in Frage, auch wenn die Grünen es anders sehen. Der Bundesvorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, hatte die Räumung von Lützerath einen Kompromiss genannt, um andere Dörfer im Braunkohlerevier vor der Räumung zu bewahren. Laut Inkermann geht es nicht um das Dorf Lützerath an sich, sondern um die Kohle darunter. Denn die Menge an Braunkohle, die unter Lützerath liege, sei enorm groß.
Inkermann glaubt nicht, dass die Klimaaktivistinnen und -aktivisten einfach so einpacken und nach Hause gehen würden. "Hier ist eine Utopie und eine Gemeinschaft entstanden", sagt sie im SWR-Interview. "Es müsste auf jeden Fall klar sein, in irgendeiner Form, dass Lützerath bleibt", sagt Inkermann weiter.