Eine geplante Podiumsdiskussion der "Linken" in Freiburg mit israelkritischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat in der Israelitischen Gemeinde für Empörung gesorgt. In einer Erklärung kündigte sie die Zusammenarbeit mit der Partei auf. Es sei eine rote Linie überschritten, hieß es aus der jüdischen Gemeinde.
Die Veranstaltung mit dem Titel "Über Palästina sprechen" sollte ursprünglich Anfang Februar im Freiburger Stadtteil Vauban stattfinden. Mit dabei: drei Rednerinnen und Redner, die alle als israelkritisch gelten. Einer von ihnen ist Ramsy Kilani, Berliner Linken-Mitglied und Aktivist der bundesweiten Gruppe "Palästina spricht", die auch in Freiburg bereits mehrere pro-palästinensische Demonstrationen organisiert hat.
Jüdische Gemeinde Freiburg: Linke bietet Antisemiten ein Podium
Besonders die Einladung Kilanis empfindet die Israelitische Gemeinde als Affront. Denn dieser verharmlose das Massaker der Hamas vom 7. Oktober mit rund 1.200 Opfern als Widerstandsakt. Sie verweist darauf, dass Kilani in den sozialen Medien, wie etwa auf "X", den antisemitischen Verschwörungsmythos verbreitet, wonach die israelische Armee selbst auf die eigene Bevölkerung geschossen habe.
Nikita Nikischin, Sprecher der Israelitischen Gemeinde, über die Gründe der Abkehr von der "Linken":
Zweifel an Glaubwürdigkeit der Freiburger Linken
Mit der Einladung solcher Redner habe "Die Linke" in Freiburg "eine rote Line überschritten", heißt es auf der Webseite der Israelitischen Gemeinde. Nikita Nikischin, der Kommunikationsbeauftragte der Gemeinde, erklärt: "Man kann nicht an einem Tag bei Gedenkveranstaltungen der ermordeten Juden gedenken und am nächsten Tag mit Menschen zusammen demonstrieren und ihnen ein Podium bieten, die 'Tod Israel' und damit auch 'Tod Juden' meinen und sagen." Hier fehle es der Linken an Glaubwürdigkeit, so Nikischin.
Deshalb schließt die jüdische Gemeinde nun eine weitere Zusammenarbeit mit der Linken - etwa bei Gedenkveranstaltungen zum Holocaust - aus. Dies insbesondere mit Rücksicht auf die rund 100 Holocaust-Überlebenden innerhalb der Gemeinde, wie es in der Erklärung heißt. Bisher galt ein solcher Ausschluss lediglich für die AfD.
Linke in Freiburg reagiert bestürzt auf Vorwürfe
Die Absage der jüdischen Gemeinde trifft den Freiburger Kreisverband der Linken ins Mark. Stundenlang brüteten die Organisatoren der Podiumsdiskussion am Mittwoch über einer Reaktion auf die Vorwürfe. Man sei "bestürzt" über die Kritik, sagte Linken-Sprecher Mirko Boysen. Schließlich verstehe man sich doch als Antifaschistinnen und Antifaschisten. Auch der Bundesvorstand der Linken habe sich eingeschaltet.
Die Veranstaltung wurde innerhalb der Partei bereits im Vorfeld kontrovers diskutiert. Man habe sich aber letztlich dafür entschieden, um bei diesem Thema auch linke Stimmen hörbar zu machen und "eine ausgewogene Debatte anzustoßen", wie es in einer Pressemitteilung der Linken heißt.
Mirko Boysen vom "Linken"-Kreisverband Freiburg über die Reaktionen in der Partei:
Linke: Israel-Palästina-Debatte zu emotional für konträre Meinungen
Dass das ausgewählte Podium aber ein eher einseitiges Meinungsspektrum abbildet, begründet Mirko Boysen mit der stark emotional aufgeladenen Debatte über den Nahost-Konflikt. Es sei deswegen kaum möglich, "sehr konträre Meinungen" auf einem Podium zu vereinen. Deshalb habe man sich entschieden, "etwas eher auf die palästinensische Perspektive einzugehen", auch weil man diese in der öffentlichen Diskussion "unterrepräsentiert" wahrnehme.
Podiumsdiskussion zum Thema Palästina fraglich
Ob die Veranstaltung nun tatsächlich stattfindet, ist noch offen. Am geplanten Ort, im "Haus 37" im Vauban, jedenfalls nicht: Der Verein, der das "Haus 37" betreibt, hat die Linke als Reaktion auf die Vorwürfe wieder ausgeladen. Die "Linke Liste" im Freiburger Stadtrat, der auch ein Mitglied der Partei "Die Linke" angehört, hat sich von der Veranstaltung distanziert. Der Linken-Kreisverband wollte darüber beraten, ob die Podiumsdiskussion weiterhin stattfinden soll.
Sowohl die Israelitische Gemeinde als auch der Kreisverband der Linken zeigten sich indes offen für Gespräche.