Juden und Muslime-Freundschaft in Landau

"Eigentlich haben wir doch viel gemeinsam"

Ein Jude und ein Muslim in Landau: Ziemlich beste Freunde

Stand
Autor/in
Thilo Eickhoff
Porträt Thilo Eickhoff

Keinen Monat ist es her, dass der Krieg in Israel ausgebrochen ist. Doch es gibt auch Freundschaften zwischen Juden und Muslimen. Zum Beispiel in Landau in der Südpfalz.

Der Döner-Laden "Memo's" in Landau an einem Mittag Ende Oktober: Alle Tische sind besetzt. An einem sitzt David Rosenberg. Er ist wahrscheinlich der Einzige, der gar nicht erst bestellen muss: Der Wirt Eyyup Kaya stellt ihm meist einfach direkt etwas vor die Nase. Das Privileg des Stammgastes halt.

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"Eyyup macht den besten Döner der Stadt", erzählt David: "Während meines Studiums war ich dauernd hier. Irgendwann wurde aus Kundschaft Freundschaft". Fünf, sechs Jahre sei das nun her. Dass ein Jude und ein Muslim eng miteinander befreundet sind, wirkt in diesen Tagen fast schon befremdlich. Für die beiden ist es selbstverständlich. Es habe für ihn nie eine Rolle gespielt, dass David ein Jude ist, sagt Eyyup, während sie zusammen Kaffee und türkischen Tee trinken: "Es ist einfach eine sehr warme Freundschaft. Egal, was ich brauche, oder wenn ich etwas frage: Er hat immer geholfen."

Juden und Muslime-Freundschaft in Landau
David Rosenberg

Mit Judenhass aufgewachsen

Eyyups Frau Somayeh setzt sich zu den beiden. Sie ist Iranerin. Sie kommt aus dem Land, das David als "Israels Erzfeind" bezeichnet. Somayeh sagt, sie ist mit Judenhass aufgewachsen. "Und ich habe auch selbst gehasst. Im Iran wurde mir immer beigebracht, dass Israel der Feind ist. So bin ich groß geworden". Dann sei sie nach Deutschland gekommen und habe Menschen wie David kennengelernt. "Ich bin offener geworden. Ich akzeptiere seinen Glauben und er akzeptiert unseren."

Juden und Muslime-Freundschaft in Landau
Somayeh und Eyyup Kaya

Im Fastenmonat Ramadan ist David immer abends zu ihnen gekommen. "Er wusste, dass wir tagsüber nichts essen dürfen. Und so konnten wir dann zusammen essen und Kaffee trinken."

Und dann kam der Angriff der Hamas auf Israel

Der Angriff der palästinensichen Terrororganisation Hamas auf einen israelischen Kibbuz war ein Schock für alle drei. "Meine Familie kommt aus Ashkelon, das ist nicht weit weg vom Gazastreifen", erzählt David: "Ich habe auch Angst: Je mehr das da drüben eskaliert, desto mehr gibt es auch hier für uns Juden in Deutschland halt Konsequenzen. Man hat es jetzt auch schon gesehen auf vielen Kundgebungen, dass da viel Hass aufeinander trifft."

Auch Somayeh und Eyyup sehen die Bilder in den Nachrichten und sie hören die Diskussionen, die vor ihrem Tresen geführt werden. Als sie im Bekanntenkreis erzählt hat, worüber sie mit dem SWR sprechen will, gab es Skepsis, ob das eine gute Idee sei, sagt Somayeh. Als Muslima habe man es aktuell in Deutschland nicht leicht: Eine Freundin habe einen Job nicht bekommen, weil sie ein Kopftuch getragen hat. Seitdem trägt auch sie wieder ein Kopftuch - aus Solidarität. "Ich habe sechs Jahre keins getragen. Und nun – seit ein paar Tagen – mache ich das wieder. Weil ich es will. Niemand zwingt mich dazu, auch nicht mein Mann."

Juden und Muslime haben mehr gemein, als es manchmal den Anschein hat.

Die aktuelle Situation zerrt aus verschiedenen Richtungen an David, Eyyup und Somayeh. Sie sind aber schon vor langer Zeit übereingekommen, sich auf das zu konzentrieren, was sie gemeinsam haben – und nicht auf das, was sie voneinander unterscheidet. "Wenn ich jetzt sage, alle Muslime sind so – das bringt ja nichts. Dann gibt es auch irgendeinen Muslim, der sagt: Alle Juden sind so." Dieses Generalisieren sei "der größte Quatsch überhaupt". Darüber hinaus hätten Juden und Muslime mehr gemein, als man glaubt. "Wir essen beide kein Schweinefleisch. Und wir glauben an denselben Gott".

Juden und Muslime-Freundschaft in Landau
"Memos´s" in Landau

"Gott will uns eigentlich zusammenbringen. Aber die Menschen haben es bisher einfach nicht geschafft", sagt Eyyup. "Für mich ist es egal, ob David Jude ist. Hauptsache er ist ein guter Mensch. Alles andere muss man akzeptieren. Und Respekt voreinander haben."

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