Freiburg verzeichnet Besucherrekord

Katholische Kirche schrumpft in Deutschland weiter

Kirchenaustritte im Erzbistum Freiburg 2022 auf Rekordhoch

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Katharina Seeburger
Eine Frau mit dunkelblonden Haaren lacht in die Kamera. Ihre Haare sind etwas länger als schulterlang. Katharina Seeburger trägt einen gestreiften Pullover in blau, rosa und grau.

Die Erzdiözese Freiburg hat veröffentlicht, wie viele Menschen 2022 aus der katholischen Kirche ausgetreten und dazu gekommen sind. Bei den Kirchenaustritten gibt es einen Rekord.

Im Jahr 2022 sind aus der katholischen Kirche im Erzbistum Freiburg so viele Menschen ausgetreten, wie noch nie: Fast 42.000 Menschen. Deutschlandweit sind 2022 mehr als eine halbe Million Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten - so viele wie nie zuvor. 

Kirchenaustritte 2022: Rekord im Erzbistum Freiburg

Bereits Anfang Januar hatte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger beim Neujahrsempfang mitgeteilt, dass im Jahr 2022 rund 42.000 Menschen die katholische Kirche in seinem Bistum verlassen haben. Das sind 39 Prozent mehr als im Vorjahr 2021.

Zeitgleich mit den anderen Diözesen der katholischen Kirche in Deutschland hat die Erzdiözese Freiburg am Mittwoch nun die gesamte Statistik veröffentlicht. Demnach gehörten Ende Dezember 2022 rund 1,65 Millionen Menschen zum Erzbistum Freiburg - rund die Hälfte der Katholikinnen und Katholiken in Baden-Württemberg.

Die Erzdiözese spricht in ihrer Mitteilung von einem postiven Trend bei den Taufen und der Zahl der Trauungen. So wurden im vergangenen Jahr rund 12.000 Menschen im Erzbistum Freiburg getauft - fast 14 Prozent mehr als 2021.

Erzbischof Burger: Kirchenaustritte zeigen Vertrauensverlust

Der Freiburger Erzbischof Burger sieht die vielen Kirchenaustritte als Folge der Missbrauchsfälle durch katholische Priester. Die individuellen Gründe für den Austritt mögen verschieden sein, so Burger. In der Summe hielten die Menschen, die austreten, jedoch der Kirche einen Spiegel vor.

"Die verheerenden Zahlen sind zu einem großen Teil die Quittung für die Verbrechen des Missbrauchs und für den Vertrauensverlust."

Burger will das Vertrauen zurückgewinnen, heißt es in der Pressemitteilung der Erzdiözese Freiburg. Deshalb gehe die Erzdiözese Freiburg entschiedene Schritte bei der Aufarbeitung von Missbrauch.

Missbrauchsbericht deckte "toxische Strukturen" im Erzbistum Freiburg auf

Im April dieses Jahres hatte die Erzdiözese Freiburg ihren Missbrauchsbericht veröffentlicht. Laut dem Bericht sollen die früheren Erzbischöfe von Freiburg, Robert Zollitsch und Oskar Saier, viele Jahre lang sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen systematisch vertuscht haben. Mehr als 400 Kommunionkinder, Ministranten und Jugendliche sind laut dem Bericht im Erzbistum Freiburg missbraucht worden, 250 Priester und Ordensleute werden beschuldigt.

Der Betroffenenbeirat der Erzdiözese Freiburg war nach der Veröffentlichung im April schockiert und sprach von einem "Schutzraum für Missbrauchstäter" und "einer Hölle für Kinder".

Die Opfer sollen laut Erzbischof Burger bis zu 800 Euro im Monat für Therapiekosten erhalten. Außerdem sollen sie Einmalzahlungen von bis zu 30.000 Euro als Entschädigung und Anerkennung für ihr erlittenes Leid bekommen.

SWR-Datenanalyse: Warum treten Menschen aus der Kirche aus?

In einer SWR-Datenanalyse im vergangenen Jahr nannten über 80 Prozent der Befragten die Missbrauchsfälle als Grund für ihren Austritt aus der evangelischen und katholischen Kirche. Bei der großen Mehrheit der Befragten richteten sich Wut, Kritik und Enttäuschung vor allem gegen die Kirche als Institution.

Drei Viertel der katholischen Befragten sehen die Gleichstellung von Mann und Frau als notwendige Reform für ihren möglichen Wiedereintritt. 

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