Kirchenaustritt

Mehr als 81.500 Menschen erklärten ihren Austritt

BW: Katholische Kirche verliert so viele Mitglieder wie nie zuvor

Stand

Die katholische Kirche verliert immer mehr Mitglieder. Vergangenes Jahr waren es so viele wie nie zuvor. In Baden-Württemberg haben mehr als 81.500 Menschen die Kirche verlassen.

Mehr als eine halbe Million Menschen sind 2022 in Deutschland aus der katholischen Kirche ausgetreten - so viele wie nie zuvor. Das hat die katholische Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch in Bonn bekanntgegeben. Alleine in Baden-Württemberg haben demnach mehr als 81.500 Menschen die katholische Kirche verlassen, auch hier so viele wie noch nie. Im Erzbistum Freiburg waren es rund 41.800 und im Bistum Rottenburg-Stuttgart rund 39.700 Menschen.

Bundesweit sind den Angaben zufolge 522.821 Menschen im Jahr 2022 aus der katholischen Kirche ausgetreten. 2021 waren es 359.338 Menschen, was damals ebenfalls ein Rekordwert war. Dass sich die für die katholische Kirche ohnehin dramatische Entwicklung noch einmal beschleunigen würde, hatte sich bereits zu Jahresbeginn 2022 abgezeichnet.

Missbrauchsfälle sorgen für Kirchenaustritte

Vor allem nach der Vorstellung eines Gutachtens zum Missbrauch im Erzbistum München und Freising im Januar und der Diskussion um eine Mitschuld des inzwischen gestorbenen Papstes Benedikt XVI. waren die Austrittszahlen förmlich explodiert. In Baden-Württemberg sorgte vor allem die Veröffentlichung des Missbrauchsberichts im Erzbistum Freiburg für Schlagzeilen. Darin wurde beschrieben, wie viele Jahre lang sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen systematisch vertuscht wurde.

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger zeigte sich bestürzt über die hohen Austrittszahlen. Die Zahlen hielten der Kirche den Spiegel vor, so der Bischof. Sie seien zu einem großen Teil die Quittung für die Verbrechen des Missbrauchs und für den Vertrauensverlust, so Burger. Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst nehme die Entwicklung "mit Schmerzen" zur Kenntnis, teilte sein Bistum mit. Die hohen Austrittszahlen seien eine "bittere Realität". Sie müssten als Aufforderung verstanden werden, neue Ideen zu entwickeln und gegenzusteuern.

Kirchenaustritte: "Traurig, aber wenig überrascht"

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, zeigte sich wegen der Zahlen "traurig, aber wenig überrascht." Der Vorsitzende der Deutschen katholischen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, sprach von alarmierenden Werten. "Wir können und wollen die Augen nicht vor dieser Entwicklung verschließen", sagte er, betonte aber auch: "Wir müssen weiter konsequent handeln und die Menschen müssen erfahren, dass wir an ihrer Seite stehen und für sie da sind."

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sagte, "die katholische Kirche stirbt einen quälenden Tod vor den Augen der gesellschaftlichen Öffentlichkeit." Er warnte aber auch vor den Folgen für die Gesellschaft: "Diese Austrittszahlen betreffen nicht nur die Kirche selbst", betonte er. "Schon sehr bald wird denen, die vielleicht mit innerer Freude die Erosion der katholischen Kirche hämisch betrachten, bewusst werden, dass viel lieb gewonnene kirchliche Aktivitäten verschwinden werden: Schulen, Kindertagesstätten, Akademien, soziale Einrichtungen."

SWR-Umfrage zu Gründe für Kirchenaustritt

Im vergangenen Jahr hat der SWR hat eine exklusive Umfrage unter Ausgetretenen aus den beiden großen christlichen Kirchen durchgeführt. Geld und unzureichende kirchliche Strukturen sind demnach wichtige Beweggründe einiger Menschen zum Kirchenaustritt. Viele der Befragten benötigen demnach die Institution nicht, um gläubig zu sein. Andere wiederum geben an, keinen Bezug mehr zum christlichen Glauben zu haben.

SWR-Befragung zu Kirchenaustritten Das bewegt Menschen im Südwesten dazu, die Kirche zu verlassen

Kirchenaustritte haben in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen. 2021 verließen laut statistischem Bundesamt 360.000 Menschen die Katholische Kirche - ein neuer Rekordwert. Die Evangelische Kirche verzeichnete 280.000 Austritte.

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Rund 21 Millionen Katholiken in Deutschland

In Deutschland gehörten 2022 noch knapp 20,9 Millionen Menschen der katholischen Kirche an, das entspricht 24,8 Prozent der Bevölkerung. In Baden-Württemberg lebten laut katholischer Bischofskonferenz im vergangenen Jahr etwas mehr als 3,3 Millionen Katholiken. Bei einer Einwohnerzahl von fast 11,3 Millionen Menschen im Land entspricht das rund 29 Prozent der Bevölkerung.

Die Austrittswelle rollt nicht nur in der katholischen Kirche immer schneller. Auch die evangelische Kirche hat mit bundesweit 380.000 Mitgliedern im Jahr 2022 mehr verloren als zuvor. In Baden-Württemberg sind aus der evangelischen Landeskirche in Baden 2022 rund 22.150 Mitglieder ausgetreten. Die evangelische Landeskirche Württemberg hat 32.800 Mitglieder verloren. Insgesamt gehören der evangelischen Kirche in Baden-Württemberg noch rund 2,8 Millionen Menschen an.

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