Hausarzt Matthias Werner aus Freiburg misst Blutdruck.

Fachkräftemangel

Hausarztpraxen schlagen Alarm: Medizinische Fachangestellte fehlen

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Klara Maria Gaßner
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Eva-Maria Elias
Eva-Maria Elias

In fast allen Branchen fehlt ausgebildetes Personal – auch ein Problem in südbadischen Arztpraxen. Ein Arzt und eine medizinische Fachangestellte über Stress und Zukunftssorgen.

Überall in Südbaden fehlen medizinische Fachkräfte. Wie viele genau es sind, ist nicht bekannt: Die Kassenärztliche Vereinigung erhebt dazu keine Daten. Der Mangel ist in allen Fachrichtungen spürbar und bereitet Ärztinnen und Ärzten große Sorgen. In Haus- und Kinderarztpraxen aber fehlen laut Bezirksärztekammer besonders viele Mitarbeitende. Gleichzeitig sind das die Praxen, die am häufigsten frequentiert werden – und die, bei denen die Mitarbeitenden weniger verdienen als in anderen Facharztpraxen, wie Hausarzt Matthias Werner aus Freiburg erzählt: "Die anderen Fachärzte haben es auch nicht einfach. Aber die können bessere Gehälter zahlen und so ihre Mitarbeitenden halten."

Dauerstress und Multitasking: Birgit Wäschfeld hört auf

Denn genau das ist das Problem: Zwar ist der Beruf des medizinischen Fachangestellten nach wie vor beliebt und viele junge Menschen lassen sich in dem Beruf ausbilden, bleiben aber nicht im Beruf. Auch Birgit Wäschfeld* (Name geändert) hört jetzt auf bei Matthias Werner zu arbeiten und zieht aus Deutschland weg. Sie mag ihren Job eigentlich, aber das Multitasking an der Anmeldung und die teilweise unfreundlichen Patientinnen und Patienten gehen nicht spurlos an ihr vorbei: "Das fängt morgens um 8 Uhr an und geht bis mittags, bis man den Anrufbeantworter rein macht. Man hat hier Dauerstress."

Kaum Bewerbungen für ausgeschriebene Stellen - trotz guter Konditionen

Matthias Werner hat in seiner Praxis nur eine Vollzeitkraft und drei weitere Mitarbeiterinnen in Teilzeit: "Das reicht eigentlich nicht." Selbst wenn sich Werner mehr Mitarbeitende leisten könnte: Auf eine ausgeschriebene Stelle würde er höchstens drei oder vier Bewerbungen erwarten – noch vor einigen Jahren wären es zehn bis 15 gewesen. Und das, obwohl er nach Tarif bezahlt und seinen Angestellten zehn Tage mehr Urlaub gewährt als sonst üblich.

"Ich bräuchte mindestens eine weitere Teilzeitkraft. Aber die kann ich mir finanziell einfach nicht leisten."

Was sich für Hausarztpraxen ändern muss

"Ich bin eigentlich niemand, der schnell in Panik verfällt. Letztens sind mir aber zwei von vier Mitarbeiterinnen kurzfristig weggebrochen, da bekomme ich dann schon nachts graue Haare", sagt Matthias Werner. Ein Grund für das Fehlen von Fachkräften ist die schlechte Bezahlung im Beruf und die sei auch ein politisches Problem, wie Sophia Blankenhorn, Präsidentin der Ärztekammer Südwürttemberg meint: "Steigende Löhne dank Tarifverträgen – die ja vollkommen berechtigt sind – können wir oft nicht weitergeben. Wir brauchen eine staatliche Refinanzierung." Außerdem müssten medizinische Fachangestellte mehr wertgeschätzt werden. Nur dann, so Matthias Werner, kann das System wieder funktionieren.

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