Es ist Mitte Mai, die Eisheiligen sind vorbei, also höchste Zeit, die Balkonkästen zu bepflanzen. Klassisch ist eine Bepflanzung mit pflegeleichten Geranien. Die aber bieten Insekten wenig Nahrung. Sinnvoller ist es deshalb, Balkonkästen als Insektenbiotope anzulegen. Denn angesichts des rasant fortschreitenden Insektenschwundes kann man damit der Natur etwas Gutes tun. Deutschlandweit hat die Masse der Insekten in den letzten drei Jahrzehnten um 75 Prozent abgenommen. Mit den richtigen Pflanzen auf dem Balkon ist ein Gegensteuern möglich.
Insektenfreundliche Pflanzenauswahl
Viele Gärtnereien haben sich auf insektenfreundliche Balkonblumen eingestellt. So auch ein Betrieb in Gundelfingen bei Freiburg. Im Gewächshaus riecht es nach feuchter Erde. Auf langen Tischen stehen Sommerblumen - kleine Töpfe mit Blüten in rot, gelb und blau. Gärtnermeister Ralf Sauter sucht Pflanzen aus und packt sie in einen Einkaufswagen: Gelben Zweizahn (Bidens), Margeriten, Lila Vanilleblume (Heliotrop) und rosa Steinrich (Lobularia). Die blühen den ganzen Sommer, sagt er, das heißt, sie bieten reichlich Insektennahrung.
Nur ungefüllte Blüten nützen Insekten
Ganz wichtig sei, Blumen mit ungefüllten Blüten auszusuchen, so der Gärtner. Da könnten die Insekten an die Staubgefäße herankommen und Pollen und Nektar, ihre Nahrung, gut finden. Gefüllte Blüten, also Blüten voller Blätter, die das Blüteninnere verdecken, seien für Insekten eher ungeeignet. Die beliebten Petunien, die es in allen Regenbogenfarben gibt, seien ein Grenzfall, erklärt der Gärtner. Stempel und Staubgefäße liegen hier in einem tiefen Blütentrichter. Nur Insekten-Spezialisten wie das Taubenschwänzchen würde mit ihrem langen Rüsseln an Pollen und Nektar herankommen. Bienen könnten das nicht.
Stauden sind bei Insekten beliebt
Auch viele Stauden, beispielsweise Katzenminze oder Lavendel, seien für einen insektenfreundlichen Balkonkasten geeignet, sagt der Gärtnermeister. Es helfe den Insekten schon, wenn man dem Kasten ein paar insektenfreundliche Pflanzen beimischt. Hauptsache, man vermeide Balkonwüsten: Kasten neben Kasten mit nichts als roten gefüllten Geranien. Da überlebe keine Biene und kein Falter. Leider würde man das an vielen Balkonen sehen, kritisiert Ralf Sauter.
Insektenvielfalt ganzjährig anlocken
Im Wildbienengarten in Freiburg-Opfingen am Rand der Weinberge des Kaiserstuhls haben Naturschützer des NABU ein wahres Insektenparadies geschaffen. Einheimische Pflanzen blühen das ganze Jahr.
In Deutschland gebe es eine Honigbiene und 580 verschiedene Wildbienenarten, sagt Ulrike Gaberle vom Naturschutzbund (NABU) Freiburg. Manche von ihnen bräutchen ganz spezielle Pflanzen. So überlebe die Spargelsandbiene nur mit blühendem Spargel. Aber viele dieser Wildbienen, beispielsweise die Garten-Wollbiene, sowie viele Falterarten könne man auch auf den Balkon locken, erklärt die Bienenexpertin. Sie empfiehlt einen besonderen Leckerbissen für Insekten: Mauerpfeffer, ein Trockenkünstler für die Dachbegrünung.
Kräuter blühen lassen
Was Insekten ebenfalls anzieht, sei ein Kasten voller Kräuter und Blüten. Bienen würden Rosmarin, Salbei, Minze oder Schnittlauch lieben, so Ulrike Gaberle. Wichtig sei aber, die Kräuter blühen zu lassen. Man dürfe sie nicht komplett abernten.
Wasserstelle und Nisthilfe nicht vergessen
Doch Futter, also die passenden Pflanzen als Nahrung, seien nicht alles, sagt Birgit Sütterlin vom Naturzentrum Kaiserstuhl. Zum Leben bräuchten Insekten ferner eine Wasserstelle, denn sie müssten auch trinken.
Optimal wäre auch eine kleine Insektennisthilfe, ein kleines Insekten-Hotel, erläutert Birgit Sütterlin. Das passe auf jeden Balkon. Dann müsse man nur noch Geduld haben und ein bisschen Glück. Vielleicht fliegt ja dann auch die Blauschwarze Holzbiene vorbei, die größte unserer heimischen Wildbienen.