Bei den Kommunalwahlen im Mai galt die AfD als der große Gewinner: die Partei, die in Sachsen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird, ist inzwischen in vielen Gemeinderäten in Südbaden vertreten. In Lahr sind es zwei Frauen und vier Männer, die mit am Ratstisch sitzen. Einen Posten als Oberbürgermeister-Stellvertreter hat die AfD dennoch nicht abbekommen. Drei ihrer Kandidaten sind bei den Stellvertreter-Wahlen durchgefallen. Lahrs Oberbürgermeister Markus Ibert spricht von "einem Zeichen des Gemeinderates gegenüber der AfD". Er appelliert aber gleichzeitig, die Bundes- und Landespolitik nicht auf die lokale Ebene zu bringen.
Egal, ob bei Bundestags-, Landtags-, Europa- oder Kommunalwahlen - die AfD bekommt in Lahr viele Stimmen. Das liegt unter anderem daran, dass in der Kleinstadt am Fuße des Schwarzwalds viele Spätaussiedler leben, viele von ihnen wählen die AfD. Die Gemeinderats-Fraktionen von Freien Wählern, CDU, SPD, Grünen und FDP müssen also mit ihnen auskommen.
Drei AfD-Kandidaten als Bürgermeister-Stellvertreter durchgefallen
Dass jemand von der AfD den Oberbürgermeister bei Terminen vertritt, das wollen die anderen Fraktionen aber offenbar verhindern. Bereits bei der Vertreter-Wahl im Juli waren zuerst die AfD-Kandidatin Christine Amann-Vogt und dann der Kandidat Benjamin Rösch durchgefallen - wobei Christine Amann-Vogt nur eine Stimme gefehlt hatte. Beim zweiten Versuch am vergangenen Montag hat sich auch Kandidat Sven Haller nicht durchsetzen können. Somit gibt es jetzt statt sechs nur fünf Oberbürgermeister-Stellvertreter.
Grünen-Stadträtin hält AfD-Kandidaten für ungeeignet
Dorothee Granderath von den Grünen und andere Ratsmitglieder zweifeln daran, dass die AfD in Lahr geeignet ist, das Stadtoberhaupt bei repräsentativen Anlässen zu vertreten. Jeder, der eine Stadt ehrenamtlich vertrete, müsse fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, sagt die Grünen-Stadträtin. Bei Mitgliedern einer Partei, die in Teilen als rechtsextrem eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet werde, sei dies nicht der Fall. "Wer als Stellvertreter des Oberbürgermeisters tätig ist, sollte allen Menschen in einer bunten Stadt wie Lahr gerecht werden und einer Partei angehören, die keine Menschen ausgrenzt", sagt Granderath. Das stellt sie bei der AfD in Frage.
Granderath, die selbst ehrenamtliche stellvertretende Bürgermeisterin ist, hatte bereits in der vergangenen Wahlperiode Erfahrungen mit AfD-Stadträten im Gemeinderat gemacht. Einige seien eher durch Nichtstun aufgefallen, einer habe lange, oft querulatorisch und selbstgefällig wirkende Reden gehalten, sagt sie. Außerdem habe der scheinbar harmlose Auftritt mancher AfD-Stadträte im Gemeinderat nicht zusammengepasst mit der Art und Weise, wie sie sich mit einschlägigen Einträgen in den Sozialen Medien präsentierten.
AfD-Stadträtin über gescheiterte Wahl: "Auch das ist Demokratie"
Dass sie den Posten der stellvertretenden Bürgermeisterin nicht bekommen hat, akzeptiert AfD-Stadträtin Christine Amann-Vogt. "Mir hat nur eine Stimme gefehlt", sagt Amann-Vogt. Mit der CDU und den Freien Wählern komme sie gut aus, aber Grüne und SPD seien dagegen gewesen. "Auch das ist Demokratie. Wenn sie halt nicht möchten, dass jemand von der AfD dabei ist, dann muss ich das akzeptieren, ob es weh tut oder nicht."
Wie ist die Stimmung im Lahrer Gemeinderat?
Wie es nun weitergeht im Lahrer Gemeinderat, bleibt abzuwarten. Bisher gab es in der aktuellen Legislaturperiode nur zwei Sitzungen. Vergangenen Montag war zu beobachten, dass sich die sechs AfD-Vertreter an der Diskussion von Sachthemen beteiligen möchte. Vereinzelt kommt es auch zu einem kurzen Austausch mit den Sitznachbarn von der FDP. Bei einer Debatte zum Thema "Windenergie" bekommt ein AfD-Stadtrat nach seinem Statement heftigen Gegenwind von einer CDU-Sprecherin. Später bei einer Abstimmung geht es um Parkplätze. Drei AfDler stimmen für den Vorschlag der Stadtverwaltung, drei sind dagegen. Fraktionszwang gibt es also keinen. Ein Redakteur der Lahrer Zeitung, der die Sitzungen des Lahrer Gemeinderates häufig besucht, fasst es so zusammen: "Es gibt hier keine Zusammenarbeit mit der AfD, aber auch keine offene Feindschaft".