Darüber spricht die Region

Wochenrückblick Stuttgart: Kriminelle Gaffer und Bären-Alarm in der Wilhelma

Stand
Autor/in
Philipp Pfäfflin
Bild von Philipp Pfäfflin

Fotografieren von Verletzten geht gar nicht, sagt ein Mann vom DRK und ärgert sich über Leute, die überall ihr Handy draufhalten. Beim Bären-Alarm in Stuttgart waren Handys hingegen wichtig.

Hallo, ich bin Philipp Pfäfflin und Redakteur im SWR Studio Stuttgart. Im Wochenrückblick geht es um diese Themen:

Warum Filmen von Verletzten aus Sicht von Rettungskräften gar nicht geht

Stellt Euch vor, ihr hattet einen Unfall, sitzt schwer verletzt am Steuer, braucht dringend Hilfe und dann kommt jemand mit gezücktem Handy, um Euch zu filmen und lädt anschließend das Ganze auf TikTok hoch. Genau das ist vor einer Woche in Stuttgart passiert. Die Polizei ermittelt.

Stuttgart

Haftstrafe möglich Stadtbahnunfall in Stuttgart: Polizei ermittelt wegen Gaffer-Video

Auf TikTok kursiert das Video einer schwerverletzten Stadtbahnfahrerin. Dem Gaffer war das Filmen offenbar wichtiger als Erste Hilfe.

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Ein Einzelfall? Nein, sagt Michael Wucherer vom Deutschen Roten Kreuz in Nürtingen (Kreis Esslingen). "Das kommt leider zu häufig vor." Die Hemmschwelle zu filmen und fotografieren, sei in den vergangenen 10 bis 15 Jahren deutlich gesunken, so der Rettungsdienstleiter: "Das hätte sich früher niemand getraut."

Er wolle nicht jedem, der beispielsweise Verletzte an einer Unfallstelle filmt, böse Absicht unterstellen. Vielmehr sei es mittlerweile so, dass viele Menschen eben fast alles mit dem Handy festhielten: Essen, Sonnenuntergänge und Kurioses. Und da sei es offenbar für einige kein großer Schritt mehr zu Aufnahmen von Unfällen oder Bränden.

Michael Wucherer ist es wichtig, dass die Privatsphäre der Menschen geschützt wird. Als Beispiel nennt er, wenn Feuerwehrleute Dinge aus einer brennenden Wohnung tragen, um sie zu löschen, dann seien selbst diese auf der Straße aufgetürmten Gegenstände immer noch Teil des persönlichen Lebensraums, so der Einsatzleiter.

Und auch für die Einsatzkräfte sei das Filmen oft mehr als nur störend. "Es gibt Einsätze unter maximalem Druck und Stress. Und wenn ich weiß, dass dabei jemand eine Kamera auf mich hält, dann erhöht sich der Druck. Das ist total unangenehm", so Michael Wucherer, der als Einsatzleiter solche Situationen bestens kennt.

Bei einem Unfall wird ein Sichtschutz hochgehalten
Bei diesem Unfall halten sowohl Rettungskräfte wie sogar Ersthelfer Sichtschutzplanen hoch. "Das ist zwar notwendig, aber eigentlich nicht die Aufgabe von Einsatzkräften", ärgert sich Michael Wucherer. (Archivfoto)

Aber es gebe auch positive Beispiele. So habe er einmal einen Profi-Fotografen bei einem Unfall getroffen, also einen Mann, der sein Geld unter anderem damit verdient, Unfall-Fotos zu machen. Doch statt zu fotografieren und anschließend zum nächsten Fototermin zu eilen, habe der Mann Erste Hilfe geleistet. Erst anschließend habe er dann fotografiert.

Abschließend ein Tipp von Michael Wucherer: "Wer ganz vorne dabei sein will, soll einen Erste-Hilfe-Kurs machen oder bei einer Hilfs- oder Rettungsorganisation eintreten."

Die Abstimmung ist bereits beendet.

Wie steht ihr zum Filmen am Unfallort?

  • Filmen am Unfallort geht gar nicht. Da sollte hart durchgegriffen werden. 98,3%
  • Das sollte man nicht so eng sehen. Wir haben 2024, filmen gehört mittlerweile einfach dazu. 0,8%
  • Habe ich mir noch gar keine Gedanken dazu gemacht. Aber guter Hinweis: Verletzte zu filmen ist etwas anderes als Essen zu fotografieren. 0,9%

Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.

In der vergangenen Woche wollten wir von euch wissen, ob ihr euren Müll trennt. Die Mehrheit (89 Prozent) gab an: "Das fragt ihr ernsthaft?! Logisch, Mann. Und einen Wertstoffhof hab' ich auch schon mal von innen gesehen."

Über das Video, das bei dem Stadtbahnunfall aufgenommen wurde, hat SWR1 am 26. Februar 2024 berichtet.

Warum in der Wilhelma der Ausbruch von Bären geprobt wurde

Wilhelma-Mitarbeiter steht vor Mensch mit einer Bären-Verkleidung
Bricht in einem Zoo ein Bär aus, müssen die Besucher so schnell wie möglich in Sicherheit gebracht werden. Das wurde am Donnerstag in der Wilhelma geübt.

In der Wilhelma hat es am Donnerstag einen Bären-Alarm gegeben. Besser gesagt: einen Bären-Probe-Alarm. Denn in dem Stuttgarter Zoo war kein echter Bär ausgebrochen, dafür hatte sich aber ein Mitarbeiter eine Bärenmaske aufgesetzt und war durch den Zoo getigert.

Das Ganze war nicht zur Unterhaltung der Besucherinnen und Besucher und auch keine Team-Building-Maßnahme der Wilhelma-Belegschaft. Nein, es hatte einen ernsten Hintergrund. Getestet werden sollte ein Notfall, in diesem Fall der Ausbruch eines großen Tieres: Funktioniert die Warnapp auf den Smartphones der Mitarbeitenden? Werden die Besucherinnen und Besucher schnell genug evakuiert? Ist jemand da, der mit einem Narkosepfeil den Bär schnellst möglich unschädlich machen kann.

Alles habe gut geklappt, nach 15 Minuten sei die Notfallübung zu Ende gewesen, erzählt Wilhelma-Sprecher Birger Meierjohann. Die Besuchenden hätten Verständnis gezeigt. Notfallübungen gibt es in der Wilhelma übrigens regelmäßig. Vor einem Jahr musste sich aber niemand einen Giraffenhals oder einen Elefantenrüssel aufsetzen - da wurde eine Bombendrohung geprobt.

Bären-Probe-Alarm in der Wilhelma
Gefahr gebannt: Der Bär wurde mit Hilfe eines Blasrohrs narkotisiert. Im Fall des Probealarms wurde kein Pfeil verschossen.

Über den Bären-Probe-Alarm in der Wilhelma hat SWR4 BW am 29. Februar 2024 berichtet.

Wie geht es dem Altenpflegehelfer Sedia Kijera nach seiner Ausreise?

Sedia Kijera in Brikama in Gambia
Um nicht abgeschoben zu werden, ist Sedia Kijera freiwillig nach Gambia ausgereist. Nun hofft er auf ein Arbeitsvisum für Deutschland. Denn im Kreis Ludwigsburg könnte er sofort wieder als Altenpflegehelfer arbeiten.

Dieser Fall hat für Schlagzeilen gesorgt. Die Polizei holt einen Altenpflegehelfer während seines Frühdienstes ab und steckt ihn in Abschiebehaft. Die Leiterin des Altenheims in Kirchheim am Neckar (Kreis Ludwigsburg), Daniela Lehmann, will das nicht akzeptieren. Zusammen mit anderen Unterstützerinnen und Unterstützern schafft sie es, dass der 29-jährige Gambier wieder freikommt.

Kirchheim am Neckar

Abschiedsfeier unter Tränen Nach Abschiebehaft: Gambischer Altenpflegehelfer hat Deutschland freiwillig verlassen

Um einer Abschiebung zu entgehen, ist der Gambier Sedia Kijera freiwillig ausgereist. Das Ziel von ihm und seinem bisherigen Arbeitgeber: bald mit einem Arbeitsvisum zurückkommen.

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Trotzdem darf er - zumindest vorerst - nicht zurück an seine Arbeitsstelle in dem Altenpflegeheim. Sedia Kijera wurde vor seiner Ausbildung beim Handeln mit Cannabis erwischt und 2020 auf Bewährung verurteilt. Die Freilassung aus der Abschiebehaft war nur möglich, weil er dank der Unterstützung aus Kirchheim ein Flugticket nach Gambia vorlegen konnte und sich verpflichtete, freiwillig auszureisen.

Sedia Kijera ist mittlerweile in Gambia angekommen. Daniela Lehmann ist - wie auch andere Personen in Kirchheim - weiter mit ihm im ständigen Kontakt. Es tue ihm gut, zu sehen, "dass wir weiter hinter ihm stehen". Sein großer Wunsch sei weiter schnellst möglich zurück nach Deutschland zu kommen. Denn hier habe er Arbeit, hier werde er gebraucht, erzählt sie. Deswegen versucht sie ihn weiter aus der Ferne zu unterstützen. Die Deutsche Botschaft in Gambia, die Ausländerbehörde in Ludwigsburg, Zeugnisse, Bestätigungen, Regelungen - sie versucht alles dafür zu tun, dass er möglichst bald ein Arbeitsvisum für Deutschland bekommt.

Und die Arbeit im Altenpflegeheim? Daniela Lehmann: "Wir sind ein kleines Haus. Eine engagierte Vollzeitkraft wie Sedia ist angesichts des Fachkräftemangels nicht einfach zu ersetzen. Das Team halte gut zusammen, auch Azubis müssten die Arbeit mittragen. Der Ablauf ist aber laut Leiterin Lehmann nicht gefährdet.

Über die Ausreise von Sedia Kijera hat SWR4 BW am 24. Februar 2024 berichtet.

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