Im Prozess um den Tod der 17-jährigen Tabitha aus Asperg (Kreis Ludwigsburg) ist am Mittwoch das Urteil gefallen. Vor dem Stuttgarter Landgericht war ein 36-Jähriger wegen Mordes angeklagt.
Richter: Angeklagter tötete vorsätzlich
Nach Ansicht des Gerichts hat der Mann die 17-Jährige vorsätzlich und "aus Machtstreben" getötet. Er sei voll schuldfähig, so der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Der 36-Jährige habe in der Vorstellung gelebt, die junge Frau gehöre ihm. Er habe an einer Liebesbeziehung, die es nie gegeben habe, festhalten wollen. "Das war das Wunschdenken des Angeklagten", sagte der Vorsitzende Richter. Als Tabitha sich ihm widersetzt habe, habe er sie aus niedrigen Beweggründen umgebracht. Eine besondere Schwere der Schuld ist laut dem Gericht aber nicht gegeben, deshalb wird der Mann nach Absitzen seiner Haftstrafe nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht.
Staatsanwaltschaft: Tabitha wollte keinen Kontakt mehr
Der 36-Jährige und das Mädchen hatten sich vor einigen Jahren kennengelernt. Das Mädchen wollte dann offenbar im Juli vergangenen Jahres den Kontakt abbrechen und habe sich dazu noch einmal mit dem Mann getroffen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Angeklagte sich auf Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren fokussiert hatte. Er habe sich ihr Vertrauen erschlichen, sie herumgefahren, bewirtet und ihnen Geschenke gemacht. Ziel sei es gewesen, irgendwann sexuell übergriffig zu werden.
Der Angeklagte habe das Mädchen kontrolliert und überwacht
Dazu habe der Angeklagte das Opfer auch überwacht. Er habe die junge Frau aufgefordert, im Mobiltelefon ihre Standortanzeige einzuschalten. Außerdem habe er ihre Kleidung kontrolliert. Da die 17-Jährige eine Beziehung zu einem anderen Jugendlichen hatte, habe vermutlich auch Eifersucht eine Rolle gespielt. Der Angeklagte selbst machte keine Angaben und schwieg den ganzen Prozess über.
Fünf Tage Bangen nach dem Verschwinden
Die 17-Jährige sei laut Gericht durch massive Gewalteinwirkung gegen den Hals gestorben. Der Angeklagte habe sich im Juli 2022 in Ludwigsburg nahe einer Bahnunterführung auf den Oberkörper des Mädchens gekniet und sie gewürgt. Die tote Jugendliche wurde fünf Tage nach ihrem Verschwinden nahe der Enz in Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) gefunden. Die Polizei nahm den Mann noch am selben Tag fest.
Plädoyers in einem nicht-öffentlichen Teil
Im Verlauf des Mordprozesses sowie bei der Urteilsfindung am Mittwoch musste sich das Gericht auf Zeugenaussagen und Indizien verlassen, unter anderem wurden Mobilfunkdaten ausgewertet. Auf dem Beifahrersitz des Autos des Angeklagten wurde Blut des Opfers gefunden. Bei der Vernehmung einer Zeugin war die Öffentlichkeit während des Prozesses ausgeschlossen. Auch die Plädoyers von Verteidigung und Staatsanwaltschaft am Vormittag fanden in einem nicht-öffentlichen Teil statt. Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft beantragt, die Verteidigung hingegen auf Freispruch plädiert.
Mord hatte Asperg schockiert und wurde instrumentalisiert
Der Tod der Jugendlichen hatte im vergangenen Sommer großes Entsetzen ausgelöst. Aspergs Bürgermeister Christian Eiberger (parteilos) musste sich unter anderem gegen Vorwürfe der rechten Identitären Bewegung wehren, die den Fall politisch instrumentalisierte, weil der Täter ein Geflüchteter aus Syrien ist. "Ich bin beruhigt und zufrieden, dass dieses Urteil so gefallen ist", sagte Eiberger am Mittwoch nach der Urteilsverkündung. "Das ist wichtig als Signal in die Bürgerschaft und vor allem auch für die Hinterbliebenen." Zudem werde oft konstruiert, dass, wenn Geflüchtete solche Taten begehen oder an ihnen beteiligt sind, der Staat nicht handlungsfähig sei. "Dieses Urteil zeigt: Doch, der Staat ist handlungsfähig", so Eiberger.