Mit der traditionellen Parade beim Christopher Street Day (CSD) haben am Samstag in Stuttgart 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Gleichstellung und Akzeptanz demonstriert. Laut Polizei kamen 400.000 Menschen an die Strecke und feierten mit.
Um 12 Uhr begann die Aufstellung der CSD-Demonstration in der Rotebühlstraße, bevor der Demonstrationszug zwischen 15 und 18:30 Uhr durch die Innenstadt zog. Im Anschluss fand eine Kundgebung auf dem Schlossplatz statt. Danach wurde bei einer Hocketse auf dem Markt- und Schillerplatz gefeiert.
Antifa stört die Parade beim CSD
Laut einem Sprecher der Polizei verlief die Demo weitgehend nach Plan. Als der erste Teil des Demozuges am Stuttgarter Schlossplatz ankam, habe sich eine Gruppe von etwa 50 Personen an die Spitze des Zuges gesetzt. Der Wagen der Veranstalter wurde blockiert.
"Die Personen haben versucht, die Versammlung für ihre Zwecke zu missbrauchen", erklärte ein Sprecher der Polizei im Gespräch mit dem SWR. "Sie haben die Weiterfahrt des Demozuges verhindert und sind aggressiv auf den Veranstalter zugegangen." Der CSD-Mitorganisator Detlef Raasch wurde leicht verletzt. Die Personen seien teilweise vermummt gewesen, so die Polizei weiter.
Frau festgenommen, Platzverweise für 17 Personen
Einsatzkräfte trennten die Gruppe und kontrollierten 17 Personen. Sie wurden nach kurzer Zeit auf freien Fuß gesetzt, erhielten aber Platzverweise. Darunter befand sich auch eine 26-jährige Frau, die im Verdacht steht, einen Polizisten angegriffen und leicht verletzt zu haben.
In der Folge solidarisierten sich einige "Sympathisanten aus dem linken Spektrum, griffen Einsatzkräfte an und mussten mehrfach abgedrängt werden", heißt es Polizeibericht von Samstagabend. Der Staatsschutz ermittelt, da die Polizei von einem politischen Hintergrund ausgeht. Noch gebe es keine neuen Erkenntnisse, sagte ein Polizeisprecher am Montagnachmittag.
Christopher Street Day am Samstag Heftige interne Kritik an Antifa-Plakat zu CSD Freiburg
In Freiburg wird am Samstag der Christopher Street Day zelebriert. Wegen seines Logos wird der Landesverband der Lesben und Schwulen nicht bei der Veranstaltung dabei sein.
Hintergrund der Störung ist offenbar, dass Unternehmen und auch Parteien wie die CDU und die SPD an der CSD-Parade teilgenommen haben. Das geht aus einer Stellungnahme der Antifa-Bewegung hervor. Darin wird von einer "symbolischen" Blockade gesprochen, mit der auf "Anti-Antifa-Statements" der CSD-Organisation aufmerksam gemacht werden sollte und um der "Beteiligung der CDU" etwas "entgegenzusetzen". Schon rund um den CSD in Freiburg hatte es Auseinandersetzungen zwischen dem CSD-Verein Stuttgart und der Antifa-Bewegung gegeben.
Oberbürgermeister Frank Nopper verurteilt die Attacken
Der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) reagierte mit einer scharfen Verurteilung der Angriffe. "Gewaltfreiheit gehört zu den existenziellen Voraussetzungen eines guten Miteinanders in unserer Stadt. Die gewaltsamen Attacken auf die Stuttgarter CSD-Parade sind schockierend, irritierend und scharf zu verurteilen", erklärte er in einer Mitteilung. Niemand habe das Recht zu Gewalt gegenüber anderen Menschen.
Polizei zeigt große Präsenz in Stuttgarter Innenstadt
Die Polizei hatte die Zahl der Einsatzkräfte nach eigenen Angaben im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht. Insgesamt waren rund 230 Beamte im Einsatz.
Dabei stand vor allem der Schutz der queeren Community im Fokus. Gerade auf dem Weg von der Veranstaltung nach Hause sollten queere Personen vorsichtig sein, rieten Veranstalter und Polizei im Vorfeld. Wer angegriffen oder belästigt werde, solle auf jeden Fall Umstehende auf sich aufmerksam machen und die Polizei rufen oder Zeugen bitten, Hilfe zu rufen. Außerdem sei es wichtig, im Nachgang auf jeden Fall Anzeige zu erstatten, hieß es von der Polizei Stuttgart.
LSBTIQ-Community will ein Zeichen setzen
Der diesjährige CSD stand unter dem Motto "Nicht mit uns! Gemeinsam sicher und stark." Damit will die LSBTIQ-Community ein Zeichen setzen: Für Vielfalt, Respekt, Akzeptanz und Gleichberechtigung in der Gesellschaft. Außerdem soll das Motto eine Reaktion darauf sein, dass queere Personen immer häufiger angegriffen und beleidigt werden.
CSD Stuttgart: Queerfeindlichkeit nimmt zu "Ich weiß nur noch, wie ich auf dem Boden liege"
Gewalt gegen queere Menschen nimmt zu. Unter dem Motto "Nicht mit uns!" legt der CSD Stuttgart in diesem Jahr den Fokus darauf. Für einen Teilnehmer endete der CSD-Besuch 2022 im Krankenhaus.
"Auch wenn queere Menschen in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein scheinen und viel Unterstützung spüren, beobachten wir einen deutlichen Anstieg queerfeindlicher Übergriffe und aggressiver Stimmungen gegen queere Menschen", so die Veranstalter auf ihrer Website. Nach fast jedem CSD in einer deutschen Stadt seien Teilnehmende attackiert oder schwer verletzt worden.
So bunt war Stuttgart: Die Bilder zur CSD-Demo 2023
"Nicht ohne uns!" - Neue interkulturelle Organisation beim CSD vertreten
Zum CSD 2023 hatte sich sich auch eine neue interkulturelle Allianz gebildet. Unter dem Motto "Nicht ohne uns" demonstrierten sie - wie sie selbst sagen - gegen "alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit". Zu den Mitgliedern gehören die türkische Gemeinde Baden-Württemberg, die jüdische Studierendenunion Württemberg und der liberal-islamische Bund.
Ebenfalls erstmals dabei waren beispielsweise der VfB Stuttgart mit dem Motto "Wir sind bunt und wild" und das Verkehrsministerium Baden-Württemberg mit "bwegt".
Gesperrte Straßen und S-Bahn-Sperrung
Ab Samstagvormittag hatte es Verkehrsbehinderungen in der Stuttgart Innenstadt gegeben. Die Strecke zwischen der Kreuzung Schwabstraße/Rotebühlplatz und der Münzstraße war gesperrt, teilte die Stadtverwaltung mit. Auch der öffentliche Verkehr ist an diesem Wochenende in der Stuttgarter Innenstadt eingeschränkt: Wegen Bauarbeiten ist die S-Bahn-Stecke zwischen dem Hauptbahnhof und der Haltestelle Österfeld gesperrt.
Für den Bus-Ersatzverkehr ist eigentlich eine Route über die Rotebühlstraße vorgesehen, doch weil diese wegen des Demo-Zugs bereits ab dem Morgen gesperrt war, konnten die Ersatzhaltestellen nicht wie geplant angefahren werden. Als Ersatz sollten die SSB-Haltestellen Marienstraße (Ersatz für Haltestelle Feuersee) und Schwabstraße (ebenfalls etwas verlegt) angefahren werden. Auch die Buslinien 41, 42, 43, 44 und 92 waren während der Demonstration von Straßensperrungen betroffen, hieß es beim Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS).