Nach der mutmaßlichen Entführung eines Kindes in Böblingen muss der Tatverdächtige möglicherweise nicht ins Gefängnis. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hält den 51-Jährigen für schuldunfähig und fordert deshalb ein sogenanntes Sicherungsverfahren. Eine Gefängnisstrafe würde dem Beschuldigten damit nicht drohen.
Nach mutmaßlicher Entführung: Verdächtigter in psychiatrischem Krankenhaus
Der Fall hatte bundesweit für Aufregung gesorgt: Ein zehn Jahre alter Junge wird am helllichten Tag in einen Kleintransporter gezerrt und gewaltsam auf den Beifahrersitz gesetzt. Die Türen soll der Beschuldigte verschlossen und im Fahrzeug ein Messer und ein K.O.-Spray griffbereit gehabt haben. Bauarbeiter bekamen die Situation mit und schritten ein. Sie zogen den Jungen aus dem Wagen und hielten den mutmaßlichen Entführer solange fest, bis die Polizei kam. Die drei Männer und ein weiterer Arbeiter sind mittlerweile von der Stadt Böblingen für ihr schnelles Eingreifen ausgezeichnet worden.
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Ein 51-jähriger Mann soll in Böblingen versucht haben, einen Zehnjährigen zu entführen. Bauarbeiter bemerken den schreienden Jungen und hielten den Tatverdächtigen auf.
Der mutmaßliche Entführer sitzt seit dem Vorfall in einem psychiatrischen Krankenhaus. Weil die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ihn für schuldunfähig hält, führt sie kein klassisches Strafverfahren durch. Man gehe davon aus, dass der Mann an einer psychischen Erkrankung leide, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Das hätte unter anderem ein Gutachten gezeigt. Deshalb hat die Behörde einen Antrag auf ein sogenanntes Sicherungsverfahren gestellt. Sie legt dem Beschuldigten Freiheitsberaubung und die versuchte Entziehung Minderjähriger zur Last.
Was ist ein Sicherungsverfahren?
Das Landgericht Stuttgart muss nun entscheiden, ob gegen den 51-Jährigen ein Hauptverfahren in einem Sicherungsverfahren eröffnet wird. Dieses laufe in vielen Punkten gleich ab wie ein normales Verfahren, so der Sprecher weiter. Es drohe dem Mann aber keine Gefängnisstrafe, sondern andere Maßregeln. Dazu gehöre beispielsweise weiter die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Unterbringung in psychiatrischem Krankenhaus ohne Frist
Eine begrenzte Zeitspanne - wie bei einer Gefängnisstrafe - gibt es laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft dann nicht. "Bei einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gibt es keine festen Fristen. Das ist solange, wie Gefahr für die Allgemeinheit besteht. Es richtet sich nach der Gefährlichkeit und der Frage, ob die Therapie erfolgreich ist."
Sollte das Landgericht entscheiden, dass ein Sicherungsverfahren eröffnet wird und im Lauf des Prozesses entschieden wird, dass der Mann doch schuldfähig ist, kann aus dem Sicherungsverfahren ein Strafprozess werden - mit drohender Gefängnisstrafe.