Hi, ich bin Philipp Pfäfflin, Redakteur im SWR Studio Stuttgart. Die Sommerferien sind vorbei. Der Alltag hat wieder begonnen. Damit sind auch wieder die Züge und S-Bahnen voll. Und oft genug gibt es dabei Ärger - vor allem in den eigentlich für Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder reservierten Bereichen.
- Fahrrad-Mitnahme im Zug: Theorie und Praxis
- Konfliktmanagement: Bahn schult Mitarbeiter
- Wenn der Zug zu voll ist, bleiben Räder draußen
- Entlastung durch neue Züge?
- Mobilitätsexpertin Katja Diehl sieht gesellschaftliches Problem
- Kein Streß mit Faltrad und privaten Scootern
- Voting: Was ist eure Meinung?
Fahrrad-Mitnahme im Zug: Theorie und Praxis
Eigentlich ist es simpel. Fahrräder dürfen in den Stuttgarter S-Bahnen sowie in den Nahverkehrszügen in Baden-Württemberg mitgenommen werden und an den dafür reservierten Plätzen abgestellt werden. Eine Übersicht samt Karte und Ausnahmen gibt es hier. Doch was ist, wenn dort - auf den Klappsitzen im Fahrradbereich - schon jemand sitzt? Die einfachste Lösung wäre, die Person steht auf und sucht sich - wenn möglich - einen anderen Platz.
Doch wer öfters öffentlich unterwegs ist, weiß, das ist eher die Ausnahme. Viel mehr ist es oft so, dass Radfahrende es erst gar nicht versuchen, ihr Rad an den dafür vorgesehenen Platz abzustellen, weil sie zuvor immer wieder auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen sind. Gut, wenn eine Schaffnerin oder ein Schaffner in der Nähe ist. Denn die Erfahrung zeigt, auf das Servicepersonal reagieren viele Fahrgäste eher als auf die Bitte eines Fahrgastes mit Rad.
Konfliktmanagement: Bahn schult Mitarbeiter
Dass es zu Konflikten zwischen Reisenden mit und ohne Rad kommen kann, weiß man auch bei der Bahn. In der Ausbildung werden deswegen sowohl die "Handlungsmöglichkeiten" und damit auch die "Verteilung der Reisenden im Zug" wie auch "mögliche Konfliktsituation" geschult. Eine Bahnsprecherin formuliert es so: "Es obliegt der Moderationskunst des Mitarbeitenden an Bord, die Situation auszutarieren."
Das Verkehrsministerium schreibt dazu: "Wird es enger in den Zügen, ist der Mehrzweckbereich für die Mehrzwecknutzung freizuhalten/freizugeben und andere Fahrgäste sollen vorrangig die sonst im Fahrzeug verfügbaren Sitzplätze nutzen." Im Prinzip gelte wie in vielen Lebenslagen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.
Ministerium: Wenn der Zug zu voll ist, bleiben Räder draußen
Was ist aber, wenn der Zug zu voll ist? Die Antwort vom baden-württembergischen Verkehrsministerium ist eindeutig: Dann dürfen keine Fahrräder mehr mitgenommen werden. Die Entscheidung, wann ein Zug zu voll ist, trifft das Zugpersonal. Auch muss allen Radlerinnen und Radlern klar sein: Fahrgäste mit Rollstühlen und Kinderwagen haben Vorrang.
Mit anderen Worten: In Zügen des Nah- und Regionalverkehrs gibt es keine Mitnahmegarantie und keine Reservierungsmöglichkeit für Fahrräder. Das macht die Radmitnahme kaum planbar, vor allem wenn Züge ausfallen oder mit weniger Wagen unterwegs sind.
Entlastung durch neue Züge?
Entspannung erhofft sich die Bahn durch neue Züge. In den vom Land neu bestellten Doppelstockfahrzeugen sollen laut Verkehrsministerium zum Beispiel Abstellplätze für 36 Fahrräder sein. Verkehren die Züge in doppelter Länge, sind es entsprechend mehr als 70. Damit Fahrgäste nicht am Bahnsteig lange nach einem Radabteil suchen müssen, befinden sich die Radabstellplätze in drei von vier Wagen direkt hinter jeder Tür. Im vierten Wagen gibt es einen Rollstuhlbereich - ohne Fahrradabstellplätze. Die Doppelstockzüge sollen mit der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 eingesetzt werden.
Auch die Stuttgarter S-Bahnen sollen künftig attraktiver für Fahrgäste mit Rädern werden. Statt wie bisher nur an den Fahrzeugenden werde es künftig im mittleren Zugteil zusätzlich zwei Mehrzweckbereiche geben. "Diese werden für Fahrräder optimiert und bestehen komplett aus Klappsitzen sowie bequemen Elementen zum Anlehnen. Zudem können Fahrgäste mit Fahrrädern die Stellflächen von zwei Einstiegstüren aus erreichen, was einen weiteren Vorteil gegenüber den bisherigen Mehrzweckabteilen bedeutet."
Autorin Katja Diehl sieht ein gesellschaftliches Problem
Bestsellerautorin Katja Diehl setzt sich für eine zukunftsfähige Mobilität ein. "Raus aus der AUTOkratie - Rein in die Mobilität von morgen" heißt ihr aktuelles Buch. Auch sie kennt die Situation, wenn es Ärger um Radplätze im Zug gibt. Sie sieht darin vor allem auch eine gesellschaftliche Problematik, die vor Bahnen und Bussen nicht haltmache. "Also diese Ego-Gesellschaft, in der viele einfach nur darauf gucken, dass es ihnen gut geht. Da kann aber auch eine Bahn nicht viel ändern, wenn sie bestimmte Bereiche als Fahrradbereiche ausweist und dann Menschen einfach nicht weichen wollen, wenn eine Person mit Fahrrad sie auch nutzen will."
Katja Diehl sagt aber auch: "Bei uns trifft eine Nachfrage auf ein Angebot, was gar nicht darauf vorbereitet ist." Sprich: Es gibt zumindest - aber nicht nur - in Spitzenzeiten oft nicht genügend Platz in Zügen. Deswegen stellt sie auch die Frage, ob immer das eigene Fahrrad im Zug mitgenommen werden müsse. Denn klar ist auch: Fahrräder benötigen viel Platz. Leihräder am Start- und Zielbahnhof könnten eine Alternative sein, zumal es Anbieter gebe, bei denen die ersten 30 Minuten jeder Fahrt kostenlos seien.
Kein Stress mit Faltrad und privatem E-Scooter
Die Autorin und Verkehrswende-Aktivistin selbst hat ein Faltrad. Das kann sie zusammenklappen und es damit wie eine Reisetasche oder einen Koffer mitnehmen. Für sie ist das "die ideale Verbindung von Fahrrad und Zug". Ähnlich praktisch könne ein privater E-Scooter sein, sagt Katja Diehl, meint damit aber nicht "diese Sharing-Scooter, über die sich alle aufregen, sondern die Scooter, die man selber mit nach Hause nimmt und da dann auflädt".
Ein eigenes Faltrad oder ein E-Scooter kostet aber erst einmal Geld. Eine weitere Anschaffung, die man sich leisten können muss. In Österreich gibt es ein passendes Angebot, erzählt Katja Diehl. Dort können Menschen mit dem Abo "Klimaticket" ein Faltrad günstig leasen. Die Bahn biete etwas Ähnliches an.
Voting: Was ist eure Meinung?
Die Abstimmung ist bereits beendet.
Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.
In der vergangenen Woche wollten wir von euch wissen, wie genau ihr auf Hygiene im Sanitärbereich achtet. Die meisten Stimmen (53,4 Prozent) bekam die Antwort: "Auf öffentlichen Toiletten versuche ich möglichst nichts zu berühren. Aber Zuhause muss einmal die Woche WC-Putzen reichen, sind ja nur meine eigenen Keime. Griffe und Co. reinige ich noch seltener."
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