Frau steigt mit Fahrrad in Zug. In vollen Zügen kann es Ärger um die für Räder reservierten Plätze geben.

Wochenrückblick Stuttgart

Warum es Ärger um Fahrräder in Zügen gibt

Stand
Autor/in
Philipp Pfäfflin
Bild von Philipp Pfäfflin

"Immer Stress mit den Radfahrern", sagen die einen. "Ätzend die Fahrgäste, die Fahrrad-Plätze einfach blockieren", die anderen. Was steckt hinter dem alltäglichen Ärger in Zügen?

Hi, ich bin Philipp Pfäfflin, Redakteur im SWR Studio Stuttgart. Die Sommerferien sind vorbei. Der Alltag hat wieder begonnen. Damit sind auch wieder die Züge und S-Bahnen voll. Und oft genug gibt es dabei Ärger - vor allem in den eigentlich für Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder reservierten Bereichen.

Fahrrad-Mitnahme im Zug: Theorie und Praxis

Eigentlich ist es simpel. Fahrräder dürfen in den Stuttgarter S-Bahnen sowie in den Nahverkehrszügen in Baden-Württemberg mitgenommen werden und an den dafür reservierten Plätzen abgestellt werden. Doch was ist, wenn dort - auf den Klappsitzen im Fahrradbereich - schon jemand sitzt? Die einfachste Lösung wäre, die Person steht auf und sucht sich einen anderen Platz.

Doch wer öfters öffentlich unterwegs ist, weiß, das ist eher die Ausnahme. Viel mehr ist es oft so, dass Radfahrende es erst gar nicht versuchen, ihr Rad an den dafür vorgesehenen Platz abzustellen, weil sie zuvor immer wieder auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen sind. Gut, wenn eine Schaffnerin oder ein Schaffner in der Nähe ist. Denn die Erfahrung zeigt, auf das Servicepersonal reagieren viele Fahrgäste eher als auf die Bitte eines Fahrgastes mit Rad.

Visualisierung: Mann stellt in einem Zug der Zukunft ein Rad in einem dafür vorgesehenen Bereich ab
So leer ist es in Zügen selten. Künftig wird es mehr Platz für Räder geben, verspricht die Bahn. Ab 2025 sollen in BW moderne Doppelstockzüge unterwegs sein - extra Mehrzweckabteile für Fahrräder und Kinderwagen inklusive.

Konfliktmanagement: Bahn schult Mitarbeiter

Dass es zu Konflikten zwischen Reisenden mit und ohne Rad kommen kann, weiß man auch bei der Bahn. In der Ausbildung werden deswegen sowohl die "Handlungsmöglichkeiten" und damit auch die "Verteilung der Reisenden im Zug" wie auch "mögliche Konfliktsituation" geschult. Eine Bahnsprecherin formuliert es so: "Es obliegt der Moderationskunst des Mitarbeitenden an Bord, die Situation auszutarieren."

Entlastung durch neue Züge?

Entspannung erhofft sich die Bahn durch neue Züge. In den vom Land neu bestellten Doppelstockfahrzeugen sollen laut Verkehrsministerium zum Beispiel für mehr als 30 Fahrräder Abstellplätze sein. Verkehren die Züge in doppelter Länge, sind es mehr als 70.

Auch die Stuttgarter S-Bahnen sollen künftig attraktiver für Fahrgäste mit Rädern werden. Statt wie bisher nur an den Fahrzeugenden werde es künftig im mittleren Zugteil zusätzlich zwei Mehrzweckbereiche geben. "Diese werden für Fahrräder optimiert und bestehen komplett aus Klappsitzen sowie bequemen Elementen zum Anlehnen. Zudem können Fahrgäste mit Fahrrädern die Stellflächen von zwei Einstiegstüren aus erreichen, was einen weiteren Vorteil gegenüber den bisherigen Mehrzweckabteilen bedeutet."

Mehrzweckabteil im Ideenzug der Bahn
In den künftigen Stuttgarter S-Bahnen soll es auch Mehrzweckabteile in der Mitte des Zuges geben - mit Klappsitzen und der Möglichkeit sich anzulehnen.

Ministerium: Wenn der Zug zu voll ist, bleiben Räder draußen

Was ist aber, wenn der Zug zu voll ist? Die Antwort vom baden-württembergischen Verkehrsministerium ist eindeutig: Dann dürfen keine Fahrräder mehr mitgenommen werden. Die Entscheidung, wann ein Zug zu voll ist, trifft das Zugpersonal. Auch muss allen Radlerinnen und Radlern klar sein: Fahrgäste mit Rollstühlen und Kinderwagen haben Vorrang.

Mit anderen Worten: In Zügen des Nah- und Regionalverkehrs gibt es keine Mitnahmegarantie und keine Reservierungsmöglichkeit für Fahrräder. Das macht die Radmitnahme kaum planbar, vor allem wenn Züge ausfallen oder mit weniger Wagen unterwegs sind.

Volles Fahrrad-Abteil
Dicht an dicht: ein Fahrradabteil in einem Zug.

Autorin Katja Diehl sieht ein gesellschaftliches Problem

Bestsellerautorin Katja Diehl setzt sich für eine zukunftsfähige Mobilität ein. "Raus aus der AUTOkratie - Rein in die Mobilität von morgen" heißt ihr aktuelles Buch. Auch sie kennt die Situation, wenn es Ärger um Radplätze im Zug gibt. Sie sieht darin vor allem auch eine gesellschaftliche Problematik, die vor Bahnen und Bussen nicht haltmache. "Also diese Ego-Gesellschaft, in der viele einfach nur darauf gucken, dass es ihnen gut geht. Da kann aber auch eine Bahn nicht viel ändern, wenn sie bestimmte Bereiche als Fahrradbereiche ausweist und dann Menschen einfach nicht weichen wollen, wenn eine Person mit Fahrrad sie auch nutzen will."

Kein Stress mit Faltrad und privatem E-Scooter

Katja Diehl selbst umgeht den Konflikt. Sie hat ein Faltrad. Das kann sie zusammenklappen und es damit wie eine Reisetasche oder einen Koffer mitnehmen. Für sie ist das "die ideale Verbindung von Fahrrad und Zug". Ähnlich praktisch könne ein privater E-Scooter sein, meint Katja Diehl, meint damit aber nicht "diese Sharing-Scooter, über die sich alle aufregen, sondern die Scooter, die man selber mit nach Hause nimmt und da dann auflädt".

Ein eigenes Faltrad oder ein E-Scooter kostet aber erst einmal Geld. Eine weitere Anschaffung, die man sich leisten können muss. In Österreich gibt es ein passendes Angebot, erzählt Katja Diehl. Dort können Menschen mit dem Abo "Klimaticket" ein Faltrad günstig leasen. Die Bahn biete etwas Ähnliches an.

Voting: Was ist eure Meinung?

Mit und ohne Fahrrad im Zug: Was denkt ihr?

In der vergangenen Woche wollten wir von euch wissen, wie genau ihr auf Hygiene im Sanitärbereich achtet. Die meisten Stimmen (53,4 Prozent) bekam die Antwort: "Auf öffentlichen Toiletten versuche ich möglichst nichts zu berühren. Aber Zuhause muss einmal die Woche WC-Putzen reichen, sind ja nur meine eigenen Keime. Griffe und Co. reinige ich noch seltener."

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