Hi, ich bin Vanessa Sieck, Redakteurin im SWR Studio Stuttgart. Passend zu den heißen Temperaturen gucken wir im Wochenrückblick auf was, was viele vielleicht für die restlichen Sommerferientage oder fürs Wochenende geplant haben: Stand-up-Paddling. Das kann man hier in der Region ja auf der Rems, dem Neckar oder auch auf der Enz machen - zumindest war das so. Denn seit Freitag ist auf der Enz alles anders.
- Was ist genau passiert?
- Wie begründet das Landratsamt das SUP-Verbot?
- Wo kann ich noch aufs Board steigen?
SUP fahren auf der Enz nur noch in zwei Bereichen möglich
Einmal von Anfang an: Das Landratsamt Ludwigsburg hat am Mittwoch bekannt gegeben, dass Stand-up-Paddling auf der Enz in weiten Teilen verboten wird - und zwar für den Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 30. September. In Kraft getreten ist das neue Verbot dann direkt am Freitag. Heißt: Ab sofort dürft ihr nur noch in zwei Bereichen aufs SUP steigen - in ausgewiesenen Zonen am Viadukt in Bietigheim-Bissingen und in Vaihingen/Enz. Aber wieso ist das jetzt so? SUPs sind doch an sich leise und dürften niemanden stören?
Die Antwort darauf liefert das Landratsamt Ludwigsburg in seiner Pressemitteilung: "Die Board-Nutzer halten sich größtenteils nicht an die Vorgaben der bisherigen Enz-Verordnung." Heißt: Viele nutzen anscheinend nicht die festgelegten Ein- und Ausstiege und schwingen sich auch aufs SUP, wenn der Pegelstand zu niedrig ist. Zum Schutz und Erhalt der Artenvielfalt ist deswegen die neue Verordnung in Kraft getreten.
Ein stehender Mensch auf dem Wasser - ein Vogelschreck!
Doch warum darf man mit Kanus und anderen Booten auf der Enz weiterhin fahren, sofern man sich an die bestehenden Regeln hält? Die Antwort ist laut Landratsamt einfach: In Booten sitzt man, auf dem SUP steht man - und genau das ist ein Problem für viele Vögel. "Die Bedrohungswirkung ist eine andere und der Fluchtinstinkt dadurch deutlich größer", erklärt mir Konrad Gaus, Hobby-Ornithologe aus Ludwigsburg. Vor allem auf großen Seen seien Stand-up-Paddler ein Problem für viele Vogelarten.
An der Enz schätzt er die Lage etwas anders ein: "Ich glaube, dass man gar nicht den Unterschied machen muss zwischen SUP und Paddelboot. Auf der Enz kommt man den Vögeln sowieso so nahe, dass der Unterschied der Störung gar nicht so groß ist." Ein spannender Gedanke, denn klar: Auf der Enz ist es ohnehin eng und wenn viel los ist, werden sich Vögel wahrscheinlich so oder so bedroht fühlen. Konrad Gaus fände es daher sinnvoll, lieber die Gesamtzahl der Paddlerinnen und Paddler zu reduzieren, vor allem in Abschnitten, in denen es empfindliche und seltene Vögel - wie Gänsesäger oder Eisvögel - gibt.
Petition gegen die neue Verordnung auf der Enz
Mittlerweile gibt es übrigens schon eine Petition eines Anwohners, der die neue Enz-Verordnung stoppen möchte. Ihn ärgere es, dass diese Verordnung eine Gruppe von Sportlern ausschließe, während andere keine Einschränkungen erfahren. "SUP-Fahren ist mit Aufklärung naturverträglich möglich", schreibt er. Sollte also eher aufklären statt verbieten das Motto lauten? Könnten so alle Menschen ihren Feierabend oder auch in ihren Urlaub auf dem SUP auf der Enz verbringen? Oder sind es doch einfach zu viele für die heimischen Vögel, weil die Enz zum Paddel-Hotspot geworden ist?
In der vergangenen Woche wollten wir von euch wissen, welches Stuttgart-Feeling ihr gerne vergolden würdet. Die meisten Stimmen (57,4 Prozent) bekam die Antwort: "Ich freue mich, wenn der Mercedes Stern endlich wieder auf dem Bahnhofsturm ist. Dieses Wahrzeichen fehlt."
Enz mit hohem Freizeitwert
Viele Anrufe mit Fragen zur neuen Verordnung erreichen jetzt auch Anna Bröll von "Die Zugvögel" aus Bietigheim-Bissingen. Der Veranstalter bietet unter anderem SUP-Touren auf der Enz an. "Das Verbot ist eine sehr drastische Maßnahme ohne irgendwelche Ausnahmeregelungen. Da hätte es vielleicht auch noch andere Mittel und Wege gegeben", findet Anna Bröll. Was mir erst im Gespräch mit der Zugvögel-Chefin bewusst wird: Viele stehen gar nicht auf ihren SUPs, sondern sitzen und haben dann ein Doppelpaddel, um vorwärts zu kommen. Damit fällt die Argumentation "stehender Mensch als Vogelschreck" natürlich eigentlich weg...
Anna Bröll ist es ein Anliegen, dass Freizeitangebote und Tourismus in der Region ohne große Anreisen stattfinden können - natürlich im Einklang mit der Natur. Sie und ihr Team müssen jetzt schauen, wie sie ihre Touren auf der Enz umgestalten. Der kleine ausgewiesene SUP-Bereich rund ums Bietigheimer Viadukt wird nur noch was für Anfänger, Kinder und Technikkurse sein.
Stand-up-Paddling auch auf Rems und Neckar möglich
Aufs SUP steigen, könnt ihr in der Region Stuttgart aber auch auf dem Neckar. Da müsst ihr nur damit klarkommen, dass auch mal ein großes Schiff an einem vorbeifahren kann... "Das ist eher nichts für Anfänger oder wenn man mit Kindern unterwegs ist", erzählt Anna Bröll. Wer's ein bisschen kleiner mag, kann auf der Rems paddeln: Seit der Remstal Gartenschau 2019 gibt es eine Route von Weinstadt-Endersbach bis nach Waiblingen. Allerdings gelten auch auf der Rems ein paar Verhaltensregeln. Wer sie nachlesen mag, findet sie hier. Sie ähneln denen, die auch auf der Enz herrschen - beispielsweise darf nicht bei zu niedrigem Pegel gepaddelt werden.
Eine Frage, die sich mir die ganze Zeit noch gestellt hat: Gewöhnen sich Vögel nicht auf Dauer an den SUP-Verkehr? "Ich denke, die häufigen unempfindlichen Arten werden sich sicherlich dran gewöhnen, wie die Stockenten oder Blesshühner. Aber gerade für empfindlichere Arten wird das schwieriger", erklärt mir Konrad Gaus, der selbst gerne als Paddler unterwegs und im NABU aktiv ist. Zum Schluss hat er noch ein paar Tipps für jeden, der auf dem Wasser unterwegs ist: "Wenn man Vögeln begegnet, am besten nicht direkt auf sie zufahren, leise sein und keine hektischen Bewegungen machen." Rücksicht ist also das Stichwort - aber nicht nur im Umgang mit den Tieren, erzählt mir Anna Bröll, sondern auch mit Anwohnern, Anglern und Ruderern.
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