Die Warnstreiks bei der Post gingen auch am Freitag weiter und wurden ausgeweitet. Die Gewerkschaft ver.di rief bundesweit erneut Beschäftigte zu ganztägigen Streiks auf. Baden-Württemberg ist den Gewerkschaftsangaben zufolge in fast allen Regionen des Landes vom Poststreik betroffen. "Wir rechnen heute mit über 3.500 Streikenden", erklärte ver.di auf Anfrage des SWR. Sowohl in den Paketverteilzentren als auch bei den Zustellungen wurde gestreikt, so dass es hier zu Verzögerungen bei der Auslieferung kommen kann. Die Auswirkungen des aktuellen Streiks könnten bis Mitte nächster Woche spürbar sein, sagte eine Gewerkschaftssprecherin.
Nach Angaben der Deutschen Post fällt die Beteiligung an den Warnstreiks bundesweit unterschiedlich aus. Insgesamt seien 17 Prozent der durchschnittlichen Tagesmengen bei Paketsendungen und rund jede zehnte Briefsendung betroffen. Es könne sein, dass Briefe und Pakete erst einige Tage später ausgeliefert werden, so die Post.
Mehrere Standorte in BW betroffen
Laut ver.di wurde unter anderem an Standorten in den Regionen Mannheim, Rhein-Neckar, Karlsruhe, Ludwigsburg, Pforzheim, Südbaden, Stuttgart, Ostalb und Oberschwaben gestreikt. In Heilbronn und Schwäbisch Hall legten nach Gewerkschaftsangaben hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Arbeit nieder. Andreas Springer-Kies, ver.di-Betriebsgruppen-Vorsitzender in Heilbronn, ging davon aus, dass sich noch mehr Menschen beteiligen als in der ersten Runde. In den seiner Aussage nach "starken Warnstreiks" sieht der ver.di-Landesfachbereichsleiter für Postdienste, Andreas Henze, "ein klares Zeichen der Beschäftigten an ihren Arbeitgeber".
Über den Streik bei der Post berichtet SWR-Reporter Max Dehling im Audio:
Bereits letzte Woche wurde bei der Post gestreikt
Der Streik im Paketzentrum Lahr (Ortenaukreis) wurde laut Gewerkschaftsangaben dagegen in der Nacht auf Freitag beendet. Bereits am Donnerstag hatten sich laut ver.di bundesweit rund 6.000 Beschäftigte an ganztägigen Streiks in ausgewählten Betrieben beteiligt. Auch in der vergangenen Woche hatte es Warnstreiks bei der Post gegeben, an denen sich rund 30.000 Beschäftigte beteiligt hatten.
Post: ver.di fordert 15 Prozent mehr Lohn
Andreas Henze von ver.di sagte, die Post-Beschäftigten würden für die Sicherung ihrer Reallöhne streiken, nachdem sie ihrem Unternehmen in den letzten Jahren Milliardengewinne gesichert hätten. "Für den Erhalt ihrer Kaufkraft ist eine deutliche Lohnerhöhung notwendig, gerecht und machbar", so Henze.
ver.di fordert für die Tarifbeschäftigten eine Entgelterhöhung von 15 Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten und eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 200 Euro pro Monat. Das Unternehmen lehnt das ab und argumentiert, dass Lohnsteigerungen nicht durch Preiserhöhungen weitergegeben werden könnten, weil der Postmarkt in Deutschland reguliert sei. Mit dem Warnstreik will ver.di Druck in der laufenden Tarifrunde machen. Die Verhandlungen gehen am 8. und 9. Februar weiter.
Deniz Zengin von ver.di sagte dem SWR, es gehe um einen Inflationsausgleich und Planungssicherheit für die Beschäftigten:
Unverständnis bei der Post
Ein Sprecher der Post reagierte am Donnerstag mit Unverständnis auf die erneuten Arbeitsniederlegungen. Man habe doch bereits angekündigt, zu Beginn der dritten Verhandlungsrunde am 8. Februar ein Angebot vorzulegen. Daher seien die Warnstreiks "unnötig, da sie letztlich nur zu Lasten unserer Kundinnen und Kunden gehen".
Die Post hat starke Wachstumsjahre hinter sich, was auch an der Corona-Pandemie lag: Die Menschen bestellten viel mehr im Internet als zuvor. Im vergangenen Jahr sanken die Paketmengen zwar etwas, da sich die Pandemiefolgen abschwächten und die Menschen wieder mehr einkaufen gingen. Auch die konjunkturelle Eintrübung machte sich bemerkbar. Dafür zog aber das zuvor schwächelnde Briefgeschäft wegen steigender Werbesendungen an. Die Perspektiven der Deutschen Post sind in Zeiten des boomenden Online-Handels weiter positiv.