Die SPD in Baden-Württemberg zieht mit einem klaren Bekenntnis zu einer engeren Zusammenarbeit in der Europäischen Union in den Europawahlkampf im kommenden Jahr. "Nur Europa ist die Lösung für die Herausforderungen, die bei den Menschen Unsicherheiten hervorrufen", sagte der Karlsruher Europaabgeordnete René Repasi beim SPD-Landesparteitag am Samstag in Heilbronn.
Die Delegierten wählten Repasi mit 95,7 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten der baden-württembergischen SPD für die Europawahl. Der 43-jährige Karlsruher rückte 2022 für die langjährige Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt, die ihr Mandat niedergelegt hatte, ins Europäische Parlament nach. Er ist derzeit der einzige Europaabgeordnete der SPD aus Baden-Württemberg.
In einem Leitantrag sprach sich die Partei zudem für eine Stärkung der europäischen Institutionen aus und forderte einen neuen Anlauf für eine europäische Verfassung oder die Schaffung eines EU-Außenministeriums.
Stoch: Schicksalswahl für "europäisches Haus"
Thema beim Landesparteitag war auch die Politik der Ampelkoalition in Berlin. Der baden-württembergische SPD-Parteichef Andreas Stoch kritisierte in seiner Rede deren Erscheinungsbild. Die Bundesregierung werde nicht an ihrer Leistung gemessen, sondern wegen der gefühlten Stimmung abgestraft, sagte Stoch vor den 320 Delegierten. Die Wahrnehmung werde von den Keilereien von Grünen und FDP bestimmt. Wer seine Profilneurose nicht bremsen könne, solle in Kur und nicht in eine Koalition.
Alle demokratischen Kräfte stünden derzeit unter Druck, so der SPD-Landeschef. Bei der Flüchtlingspolitik brauche es Ordnung, eine geregelte Migration und europäische Lösungen. Die Einheit der EU gelte es bei der Europawahl gegen nationalistische und rechtsgerichtete Kräfte zu verteidigen. Stoch sprach von einer Schicksalswahl für das "europäische Haus". Der Terrorangriff der Hamas auf Israel und die Lage im Nahen Osten zeigten, wie wertvoll der Frieden in Europa sei.
Barley warnt vor Rechtsruck in EU
Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Europawahl-Spitzenkandidatin der Bundes-SPD, forderte die Delegierten in Heilbronn auf, die Wahl im kommenden Jahr ernst zu nehmen. Diese Wahl werde darüber entscheiden, "wohin unser Europa steuert", sagte Barley. Sie warnte vor einem Rechtsruck in der EU. Weil immer mehr Regierungen in den Mitgliedsstaaten rechts oder rechtspopulistisch seien, würden der Europäische Rat und die Europäische Kommission nach rechts rücken. "Wenn wir verhindern wollen, dass diese Europäische Union einen Durchmarsch von rechts plus rechtspopulistisch erlebt, dann gibt es nur noch das Europäische Parlament, das dagegen steht", sagte Barley. Es sei so wichtig wie nie zuvor in der Geschichte der Europäischen Union, dass Demokratinnen und Demokraten zur Wahl gingen.
Sozialdemokraten diskutieren über Abschiebungen
Größere Debatten gab es über den Kurs der Partei in der Migrationspolitik. In einem Antrag forderte der Landesvorstand unter anderem, die Kapazitäten der Abschiebehaft im Land auszubauen. Daran und auch am deutlichen Bekenntnis von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu mehr Abschiebungen gab es teils scharfe Kritik, vor allem von Vertretern der Jusos. Die Streichung des entsprechenden Satzes im Antrag lehnte der Parteitag aber mit deutlicher Mehrheit ab.
FDP wählt Andreas Glück zum Spitzenkandidaten für Europawahl
Auch die FDP Baden-Württemberg hat sich am Samstag mit der Europawahl 2024 beschäftigt. Auf der Landesvertreterversammlung in Kehl (Ortenaukreis) wählte die Partei Andreas Glück zum Spitzenkandidaten. Der Kandidat aus Münsingen (Kreis Reutlingen) holte mehr als 93 Prozent der abgegebenen Stimmen. Er wolle sich mit Erfahrung, Enthusiasmus und Begeisterung für die liberale Sache einsetzen, sagte Glück vor der Wahl.
Glück ist seit 2019 als einziger FDP-Politiker aus Baden-Württemberg Mitglied des Europäischen Parlaments und hat seinen Schwerpunkt in der Gesundheits- und Umweltpolitik. Die Europawahl findet vom 6. bis zum 9. Juni 2024 statt. In Deutschland wird am Sonntag, den 9. Juni, gewählt.
Theurer: Jüdische Leben in Deutschland muss sicher sein
Der FDP-Landesvorsitzende Michael Theurer drückte auf der Versammlung in Kehl die Solidarität der Liberalen mit Israel aus. Mit Blick auf die Formel "Nie wieder", die sich auf die Verfolgung und Ermordung von Juden in der Zeit des Nationalsozialismus bezieht, sagte Theurer: "'Nie Wieder' ist jetzt." Jüdisches Leben in Deutschland müsse sicher sein und Anhängern der terroristischen Hamas müsse man mit der ganzen Härte des Rechtsstaats begegnen. Demonstrationen, auf denen es Volksverhetzung und Werbung für Terrororganisationen gebe, seien unerträglich.
FDP BW: Jüdisches Leben in Deutschland muss sicher sein
Mit Blick auf die eigene Partei sagte Theurer, die FDP befinde sich in einer außerordentlich schwierigen Lage. Nach enttäuschenden Landtagswahlergebnissen und der schwierigen Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung sei eine Standortbestimmung nötig.