Ein Polizist steht am Stuttgarter Hauptbahnhof.

Nach tödlichen Schüssen in Frankfurt

Mehr Kriminalität an Bahnhöfen: So sollen Bahnhöfe und Züge sicherer werden

Stand
Autor/in
Barbara Reeder
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Die Gewalttat am Frankfurter Hauptbahnhof schockiert. Zwar handelte es sich wohl um einen gezielten Anschlag, trotzdem wirft die Tat Fragen nach der Sicherheit an Bahnhöfen auf.

Zuletzt haben die tödlichen Kopfschüsse mitten unter Zugreisenden und Passanten am Frankfurter Hauptbahnhof in ganz Deutschland für Entsetzen gesorgt. Ein 54-Jähriger aus dem Ortenaukreis gilt als dringend tatverdächtig.

Die Tat war wohl ein gezielter Anschlag. Und trotzdem stellt sich die Frage: Ist es an Bahnhöfen gefährlicher geworden? Die zuletzt veröffentlichten Zahlen der Bundespolizei deuten zumindest darauf hin. An deutschen Bahnhöfen wurden ein Anstieg von Gewalttaten registriert, auch in Baden-Württemberg hat es an Bahnhöfen und in Zügen mehr Straftaten gegeben. So gab es im Jahr 2023 laut Zahlen der Bundespolizei insgesamt 2.695 Gewaltdelikte an Bahnhöfen und in Zügen im Land. Im Jahr davor lag die Zahl bei 2.538. Besonders stark ist der Anstieg bei der Bahnhofskriminalität gegenüber 2022 in Sachen Diebstahl: Die Zahl der Eigentumsdelikte stieg von 3.702 auf 4.800 im Jahr 2023.

Was tun die Deutsche Bahn, die Polizei und Politik, um dem Problem zu begegnen?

Sicherheit an Bahnhöfen: Deutsche Bahn und Bundespolizei stocken auf

Nachfrage bei der Deutschen Bahn: Sie setze auf mehr eigene Sicherheitskräfte sowie die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei, um die Sicherheit zu verbessern, erklärt eine Bahn-Sprecherin. Neben Videoüberwachung kämen auch neue Technologien zum Einsatz, wie beispielsweise eine App, mit der Sicherheitskräfte unauffällig alarmiert werden können. Nach erfolgreichen Pilotversuchen bietet die Deutsche Bahn ihren Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern im Regionalverkehr seit diesem Jahr das Tragen von Bodycams an. Die Aufnahmen sollen die Strafverfolgung erleichtern, die Kameras aber auch präventiv deeskalierend wirken.

Bundesweit sind nach Angaben der Bahn außerdem rund um die Uhr knapp 6.000 Beamte der Bundespolizei und rund 4.500 Sicherheitskräfte im Einsatz. Bis Ende 2024 sollen zudem zusätzlich rund 180 Millionen Euro in moderne Videotechnologie fließen. Die Zahl der Videokameras in Bahnhöfen soll damit auf rund 11.000 erhöht werden, so die Bahn-Sprecherin weiter.

"Unsere Bahnhöfe sind Teil eines offenen Systems", heißt es von der Bahn. "Im Bahnhof und im Bahnhofsumfeld werden all jene Konflikte ausgetragen, die auch auf Plätzen, in Parkanlagen, in öffentlichen Einrichtungen und auf Straßen überall in Deutschland stattfinden."

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Bedrohungen von Zugpersonal "an der Tagesordnung"

Nach Ansicht des baden-württembergischen Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Ralf Kusterer, braucht es vor allem mehr Personal, um die Sicherheit an Bahnhöfen im Land zu erhöhen. Ein anderer Aspekt seien die teilweise maroden Bahnhöfe. Mit baulichen Maßnahmen, wie der Ausleuchtung verschiedener Bereiche, ließen sich Verbesserungen erreichen, so Kusterer. Dazu gehört für ihn auch die Video-Überwachung.

Eine negative Entwicklung sei, dass Züge mit immer weniger Personal fahren. Denn das Zugpersonal könnte zumindest vom Hausrecht Gebrauch machen. "Was uns Zugbegleiter mitteilen, ist mehr als bedenklich", sagt er. Beleidigungen und Bedrohungen seien dort an der Tagesordnung. Oft sind auch die verschiedenen Zuständigkeiten ein Problem - je nachdem, welche Art von Straftat begangen wurde. Hier wünscht sich der Vorsitzende der Landesgewerkschaft mehr Befugnisse für die Bahnpolizei. "Dazu gab es bereits eine Gesetzesvorlage, die im Bundesrat gescheitert ist", beklagt Kusterer.

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Bundesinnenministerin Faeser will Messer im öffentlichen Raum einschränken

Bei der Vorstellung des Jahresberichts der Bundespolizei erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), dass die Bundespolizei im kommenden Jahr 1.000 zusätzliche Stellen bekommen soll. Für mehr Sicherheit soll auch ein neues Waffenrecht sorgen. Auch mehrere Bundesländer drängen auf eine Verschärfung des Waffenrechts. Nach Faesers Plänen dürfen Messer in der Öffentlichkeit dann nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben. 

Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagte dazu in der "Bild": "Messerverbote prinzipiell an Bahnhöfen umzusetzen, ist eine sinnvolle Maßnahme. Tatsächlich müssten hier aber auch gesetzliche Änderungen vollzogen werden, sodass die Bundespolizei dies auch überwachen kann. Momentan sind keine anlasslosen Kontrollen möglich." Das ist auch der Hauptkritikpunkt in Städten, in denen bereits Messerverbotszonen bestehen. Heilbronn hat beispielsweise im Juni vorübergehend ein Messerverbot rund um den Hauptbahnhof erlassen. In Mannheim und Stuttgart gibt es ebenfalls Plätze, an denen keine größeren Messer mitgeführt werden dürfen. Doch wenn die Einsatzkräfte nicht auch ohne konkreten Anlass kontrollieren dürfen, ist die Befürchtung groß, dass viele mitgeführte Waffen unentdeckt bleiben.

Änderung der Beförderungsbedingungen für mehr Sicherheit?

Bereits im vergangenen Sommer hatte die Innenministerkonferenz Faeser aufgefordert, eine bundeseinheitliche Regelung zu Waffenverboten in Zügen und an Bahnhöfen zu prüfen und "gegebenenfalls auf eine entsprechende Änderung der Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn, insbesondere in Bezug auf Messer, hinzuwirken". Die entsprechende Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat aber bisher noch keine Ergebnisse vorgelegt.

In den Beförderungsbedingungen der Bahn heißt es allerdings schon heute: "Von der Mitnahme als Handgepäck oder Traglast sind Gegenstände und Stoffe ausgeschlossen, die geeignet sind, Mitreisende zu stören oder zu verletzen oder den Wagen zu beschädigen." Doch egal, wie die Regeln lauten, gilt an Bahnhöfen und in Zügen: Es braucht Personal, das Verstöße entdecken und dann auch ahnden kann.

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