Der Tisch ist gedeckt, das Essen vorbereitet und das Personal ist auch vor Ort - nur die Gäste erscheinen nicht. Vor allem Gastronomen im gehobenen Bereich befürchten dieses Szenario, denn damit erleiden sie einen nicht zu ersetzenden wirtschaftlichen Verlust. Laut dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) haben solche No-Shows zugenommen.
Daher erheben immer mehr Restaurants eine No-Show-Gebühr, verlangen also Geld, wenn Gäste trotz Reservierung nicht kommen oder kurzfristig absagen. Dazu zählt zum Beispiel das Sternerestaurant "bi:braud" in Ulm. "Es tritt vermehrt auf, dass Leute in mehreren Restaurants reservieren und kurzfristig entscheiden: Da gehen wir am Abend hin", erzählt Sommelier Holger Baier. In den anderen Restaurants werde dann nicht storniert.
"Wenn die Leute ein Menü vorbestellt haben, ist es irgendwann nicht mehr wirtschaftlich", erklärt Baier. Schließlich seien es einige Teller und hochwertige Lebensmittel, die in der gehobenen Gastronomie auf den Tisch kommen. Wenn ein Café einen reservierten Tisch mit Laufkundschaft gleich wieder belegen könne, sei das eine andere Sache.
Restaurants ohne Laufkundschaft leiden besonders unter No-Shows
In dem Ulmer Restaurant gibt es die No-Show-Gebühr seit zwei Jahren. Tatsächlich erhoben wurde sie laut Sommelier Baier aber nur zweimal. "Wir haben zum Glück zuverlässige Gäste", sagt er. Und Kulanz spiele auch immer eine Rolle. "Wenn jemand krank wird, wird er krank", meint Baier.
No-Shows sind laut Dehoga vor allem für Restaurants mit wenigen Plätzen oder besonders hochwertigem Speiseangebot und fehlender Laufkundschaft gefährlich. "Es ist oft nicht möglich, den frei gewordenen Tisch spontan an andere Gäste zu vergeben", erklärt eine Sprecherin. "Oft sind sich die Gäste, die ohne Absage einen reservierten Tisch nicht in Anspruch nehmen, nicht bewusst, mit welchem finanziellen und organisatorischen Aufwand die Auslastungsplanung eines Restaurants verbunden ist."
Anwalt: No-Show-Gebühr gehören in die AGB
Für die Gebühr kann es laut Anwalt Alexander Rilling eine Rolle spielen, ob Gäste ein Menü mitbestellt haben. "Darauf bereitet sich der Gastwirt konkret vor, kauft gezielt ein", sagt Rilling. Da könne man einen Teil dessen, was das Menü gekostet hätte, bei Nichterscheinen erheben, als eine Art pauschalen Schadenersatz.
Schwieriger werde es für einen Gastwirt bei einer Reservierung ohne Menü. Da könne man zwar schätzen, was die Gäste konsumiert hätten, man wisse es aber nicht so genau wie bei einem Menü, so der Anwalt. In jedem Fall müsse eine No-Show-Gebühr in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehen. Außerdem sollten Gäste einen Hinweis auf die Gebühren bekommen und diesen auch bestätigen.
In anderen Ländern ist eine solche Gebühr normal
Im "bi:braud" bekommen Gäste den Hinweis auf die Gebühr laut Sommelier Baier zusammen mit den anderen Daten zur gewünschten Reservierung in einer E-Mail. In einem Reservierungsportal müssen sie die Reservierung demnach noch einmal bestätigen und dabei auch ihre Kreditkarte hinterlegen. Außerdem erscheine der Hinweis auf die Gebühren bei Nichterscheinen oder zu spätem Absagen als Pop-Up bei der Buchung.
Einige Restaurants rufen ihre Gäste auch am Tag des Besuchs von sich aus noch einmal an und fragen nach, ob man kommt. Mit so einem persönlichen Gespräch wird das einfache Nichterscheinen schwieriger.
Kundschaft hat Verständnis für Gebühr
Dass immer mehr Restaurants in Deutschland eine solche Gebühr erheben, ist laut Sommelier Baier ein schon seit mehr als zehn Jahren laufender Prozess. "In der gehobenen Gastronomie und in anderen Ländern ist das normal." Das bestätigt auch Christian Heller vom Deutschen Knigge-Rat: "In den USA ist es in manchen Städten bereits üblich, dass die Gäste bei der Buchung ein Ticket für das Essen kaufen müssen."
Wirtschaftlich sei es ein schwieriger Diskurs, meint Heller. Die Angst, dass Kunden die Beziehung abbrechen, führe bei etlichen Anbietern dazu, auf eine Gebühr zu verzichten. Der Knigge-Experte betont aber, dass das Setzen von Grenzen zu Wertschätzung führe. "Das gilt für Gäste und Gastgeber." Holger Baier stimmt dem mit Blick auf die No-Show-Gebühren im Ulmer "bi:braud" zu: "Die Leute nehmen's uns nicht krumm."