Deutschlandweit erste Professur

Forschungsstelle Rechtsextremismus wird in Tübingen aufgebaut

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Ob die Morde in Hanau oder der Mord an Walter Lübcke: Rechtsextremistisches Gedankengut kann in tödlicher Gewalt enden. Eine neue Forschungsstelle soll das Thema nun untersuchen.

Die neue Forschungsstelle Rechtsextremismus wird an der Universität Tübingen entstehen. Das gaben Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (beide Grüne) am Dienstag bekannt. An der Eberhard Karls Universität Tübingen werde es dann auch die deutschlandweit erste politikwissenschaftliche Professur für die Erforschung des Rechtsextremismus geben, erklärte Olschowski.

Auch "rechte Musik" soll an der Uni Tübingen erforscht werden

Die Forschungsstelle soll ab April aufgebaut werden. Insgesamt stattet das Land sie mit drei Professuren aus, die Universität will aus ihrem Bestand zusätzlich eine Juniorprofessur schaffen. 1,2 Millionen Euro pro Jahr werden bereitgestellt.

Ziel ist, dass die Forschungsstelle fächerübergreifend zu allen relevanten Feldern des Rechtsextremismus wissenschaftliche Kompetenzen aufbaut. Sie soll sich dabei nicht nur auf den rechten Rand konzentrieren, sondern auch Übergänge hin zum Extremismus genauer beleuchten. Dabei gehe es auch um neuere Forschungsfelder wie "rechte Musik" oder die Umdeutung von Sprache.

Es sei die erste institutionell verankerte Forschungsstelle dieser Art in Deutschland, sagte Olschowski. Baden-Württemberg gehe damit einen neuen Weg. "Ich bin überzeugt, dass Tübingen ein sehr guter Standort für die Forschungsstelle ist", sagte sie. Eine unabhängige Kommission hatte Tübingen aus mehreren Einreichungen ausgewählt. Die Aufbauzeit soll nun etwa zwei Jahre betragen.

Forschung: Rechtsextremismus frühzeitig entdecken und bekämpfen

Deutschlandweit erschütterten in den vergangenen Jahren mehrere Fälle die Menschen, in denen rechtsextremistisches Gedankengut in tödlicher Gewalt endete: etwa die rassistisch motivierten Morde im hessischen Hanau oder der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU). Mit der wissenschaftlichen Forschung will die Landesregierung erreichen, dass solche Entwicklungen künftig schon früh erkannt und bekämpft werden und die Prävention vorangebracht wird.

Sicherheit Rechtsextreme in Uniform – Rassismus bei Polizei und Justiz

Polizisten dürfen nicht aus Sympathie mit Rassisten und Rechtsextremisten deren Gewalttaten decken. Dass es so sein könnte, zeigen die Ermittlungsfehler im NSU-Komplex und zum Attentat von Hanau am 19. Februar 2020.

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Kretschmann: brauchen Wissenschaft im Kampf gegen Rechtsextremismus

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bezeichnete Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus als große Gefahren für Demokratie und Gesellschaft. Die Forschungsstelle solle dazu neue Erkenntnisse gewinnen und so die Demokratie schützen. In diesem Zusammenhang werde man auch nicht an der AfD vorbeikommen.

Bereits seit Juli 2020 gibt es im Generallandesarchiv Karlsruhe eine Dokumentationsstelle Rechtsextremismus. Diese soll nun um die universitäre Forschungsstelle ergänzt werden. Bei der ersten Vorstellung der Pläne vor rund einem Jahr sagte Kretschmann: "Nur mit einem breiten Ansatz, der auch die Wissenschaft einschließt, können wir rechtsextremistische Strukturen bekämpfen, die Prävention voranbringen und den unverzichtbaren Diskurs über die Gefährdungen unserer demokratischen Werte führen."

FDP: Auch andere Formen des Extremismus betrachten

Der Sprecher für Verfassungsschutz der SPD-Landtagsfraktion, Boris Weirauch, sagte, er sei froh, dass dieser "Meilenstein im Kampf gegen Rechts nun erreicht wurde". Für die FDP-Fraktion sagte der forschungspolitische Sprecher Dennis Birnstock, in den Handlungsempfehlungen für das Forschungszentrum sei klar festgehalten, dass man den Fokus nicht auf den Rechtsextremismus verengen sollte. "Denn auch die anderen Formen des Extremismus und Terrorismus bedürfen der begleitenden wissenschaftlichen Erforschung von Entwicklungen und Präventionsstrategien." AfD-Fraktionschef Anton Baron kritisierte, die Stelle sei ein rein politisches Projekt - Wissenschaftlichkeit sei nicht erkennbar.

Die Forschungsstelle war eine der Forderungen des NSU-Untersuchungsausschusses. Mit dem Einrichten der Stelle setzt das Ministerium eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um.

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