Das Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft Ulm ermitteln dienstrechtlich gegen 70 Polizeibeamtinnen und -beamte in Baden-Württemberg wegen rechter Hetze. Wie das LKA und die Staatsanwaltschaft mitteilten, wurde ein 28-jähriger Polizeibeamter inzwischen vom Dienst suspendiert, gegen die weiteren Beschuldigten sollen Disziplinarverfahren eingeleitet werden.
Die Ermittlungen gehen zurück auf Ende Oktober. Polizeipräsidium und Staatsanwaltschaft Ulm ermittelten damals gegen den 28-jährigen Polizisten wegen des Verdachts der Volksverhetzung und der Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. In verschiedenen Chatgruppen seien dabei Abbildungen von Adolf Hitler und Hakenkreuzen verbreitet worden.
LKA prüfte 6.000 Chatgruppen auf verfassungsfeindliche Inhalte
Im Zuge der Ermittlungen ergab sich Anfang November 2022 ein weiterer Anfangsverdacht gegen weitere fünf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Bei den Beschuldigten seien Durchsuchungen durchgeführt worden, so die Polizei. Das Landeskriminalamt prüfte rund 6.000 Chatgruppen auf den beschlagnahmten Mobiltelefonen und stellte dabei 13 Gruppen mit strafrechtlich relevanten Inhalten fest.
Gegen rund 70 Beamtinnen und Beamte, die bislang als Teilnehmer identifiziert wurden, sollen nach Angaben des LKA Baden-Württemberg disziplinarrechtliche Schritte eingeleitet werden. Es seien auch Entlassungen möglich, sagte ein Sprecher des LKA. Die Ermittlungen, insbesondere die Auswertung der Mobiltelefone durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg, dauern noch an. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr, kursierten die ersten Bilder von Hitler und Hakenkreuzen in den Gruppen bereits vor mindestens vier Jahren.
Innenminister Strobl: Ausdruck der "Null-Toleranz-Strategie"
"In der Polizei Baden-Württemberg gilt eine klare Null-Toleranz-Strategie gegenüber jedem Gebrauch eines verfassungsfeindlichen Symbols, gegen jedes extremistische, rassistische, diskriminierende und antisemitische Vergehen. Die jetzigen Ermittlungen sind Ausdruck dieser Null-Toleranz-Strategie", so Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) in einer Mitteilung am Donnerstag. Jeder einzelne Fall sei einer zu viel, sagte Strobl. Allerdings dürfen diese Fälle laut dem CDU-Politiker "die Polizei und alle Beschäftigten nicht zu Unrecht und pauschal in ein falsches Licht rücken und diskreditieren".
Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) meldete sich auf Twitter zu Wort: "Es wäre wichtig, dass auch #Polizei BW an der bundesweiten Studie teilnimmt, bei der es u.a. um Rassismus geht." Das sei auch im Interesse der allermeisten Beamten, die für eine moderne und tolerante Polizei stünden. Die Mehrheit der Bundesländer nimmt an der von Bayaz angesprochenen Studie zu "Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag" von Polizistinnen und Polizisten teil. Trotz Überzeugungsversuchen der Landesregierung hat sich die Polizei in Baden-Württemberg dagegen entschieden.