Aktion läuft eine Woche lang

Hochburgen, Einnahmen, Blitzer-Apps: Das sollten Sie zum "Blitzermarathon" in BW wissen

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Redakteur/in
Julian Hammerstein
Onlinefassung
Matthias Breitinger
Matthias Breitinger

Was passiert mit den Einnahmen aus den Blitzern? Wo stehen die meisten Anlagen? Darf man eine Blitzer-App nutzen? Wir klären diese und weitere Fragen rund um den "Blitzermarathon".

Wer auf den Straßen in Baden-Württemberg zu schnell unterwegs ist, könnte in dieser Woche stärker als sonst die Folgen spüren: In der "Speedweek" und vor allem beim "Blitzermarathon" am Freitag kontrolliert die Polizei in vielen Bundesländern, darunter auch in BW, die Geschwindigkeit im Straßenverkehr strenger. 

Laut ADAC trägt dies zur Verkehrssicherheit bei. Mit der Aktion, die auch in anderen europäischen Ländern stattfindet, will die Polizei einerseits Aufmerksamkeit auf das Problem überhöhter Geschwindigkeit lenken, andererseits durch zusätzliche Kontrollen Druck auf Raser ausüben. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu der Aktion. 

Wo und wann wird das Tempo kontrolliert? 

Die "Speedweek" hat am Montag begonnen, ein Schwerpunkttag mit besonders intensiven Kontrollen ist für den kommenden Freitag (19. April) geplant. Vor allem am frühen Morgen und abends im Berufsverkehr wird die Polizei vermehrt kontrollieren, insbesondere an unfallträchtigen Stellen und gefährdeten Orten wie Schulen und Altenheimen. Wo genau, wird in Baden-Württemberg, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, nicht verraten. 

Sind die Strafen dann auch strenger? 

Nein, wer in eine Radarfalle fährt und geblitzt wird, muss mit den üblichen Sanktionen rechnen - von Verwarnungs- und Bußgeldern über Punkte in Flensburg bis hin zu Fahrverboten. Welche Sanktion zutrifft, ergibt sich aus dem Bußgeldkatalog.

Seit Ende 2021 haben sich die Bußgelder für Tempoverstöße stark erhöht. Im vergangenen Jahr wurden während der Aktionswoche allein in Baden-Württemberg mehr als 13.000 Verstöße verzeichnet.

Hier haben wir die Bußgelder zusammengefasst:

Wo stehen die meisten Blitzer in BW? 

Klar ist: Je größer die Stadt, desto mehr Blitzer - deshalb macht ein Vergleich in absoluten Zahlen wenig Sinn. Aber man kann die Anzahl der Blitzer ins Verhältnis zur Straßenfläche der Stadt setzen. So macht das die Anwaltskanzlei Goldenstein jedes Jahr in einer Auswertung der Radarfallen in den 40 größten Städten Deutschlands. Dieser Liste zufolge steht bei fest installierten Blitzeranlagen Freiburg ganz oben. Im vergangenen Jahr standen pro Tag in Freiburg je 1.000 Hektar Straßenfläche 35 Blitzer. Direkt hinter Wuppertal auf Platz 2 folgt Karlsruhe auf dem dritten Rang, Stuttgart landet in diesem Ranking auf Platz 6.

Anders sieht es aus, wenn man sich die mobilen oder teilstationären Blitzer ansieht, also solche, an die man sich nicht gewöhnen kann, weil sie ihren Standort wechseln. Da ist Freiburg bei den 40 größten deutschen Städten nur auf Platz 32, Karlsruhe auf Platz 18 und Stuttgart auf 17. 

Wo stehen besonders "erfolgreiche" Blitzer? 

Richtig berühmt wurde die Anlage an der B27 bei Walddorfhäslach (Kreis Reutlingen), etwas versteckt hinter einem Brückenpfeiler. 2018 wurde dieser Blitzer offenbar der erfolgreichste Deutschlands - sogar die ProSieben-Sendung "Galileo" berichtete darüber und meldete 100.000 Euro Umsatz pro Tag.

Berühmt werden hat aber zur Folge, dass viele Menschen den Blitzer dann kennen. Dort gehen die Einnahmen dann stark zurück. Eine andere Radarfalle im Land, die als sehr erfolgreich gilt, ist im Stuttgarter Schwanenplatztunnel installiert. Berichten zufolge soll er alle vier Minuten auslösen. Das Besondere an diesem Blitzer ist: Man merkt kaum, dass man geblitzt wird: Es handelt sich um einen sogenannten Schwarzlichtblitzer.  

Was passiert mit dem Geld, das mit den Blitzern eingenommen wird? 

Steht der Blitzer in einer Gemeinde, dann geht das Geld direkt in deren Gesamthaushalt. Das heißt: Die Gemeinde kann das Geld wieder für die Verkehrssicherheit einsetzen, aber auch für ganz andere Dinge, zum Beispiel für den Kita-Ausbau.

Bei Blitzern außerorts fließt das Geld in die jeweiligen Landkreise. Für die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten auf den Autobahnen innerhalb Baden-Württembergs ist die Zentrale Bußgeldstelle des Landes in Karlsruhe zuständig. 2023 nahm das Land hier rund 48 Millionen Euro ein. Wieviel davon auf zu schnelles Fahren entfiel, wird nicht erhoben. Eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Karlsruhe schätzt, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen etwa 80 bis 90 Prozent der Einnahmen ausmachen. 

Wie viel Geld erzielen die Kommunen durch Blitzer? 

Das ist unterschiedlich, aber es geht in die Millionen. In einer Recherche des SWR wurden Daten aus 13 Bußgeldstellen verglichen. Dabei fiel auf: Durch die Änderung des Bußgeldkatalogs 2022 - die Strafen wurden erhöht - stiegen in vielen Kommunen die Einnahmen deutlich. Beispielsweise hat Ellwangen (Ostalbkreis) im Jahr 2021 etwa 800.000 Euro durch Blitzer eingenommen, 2023 waren es zwei Millionen Euro. In Freiburg stiegen die Einnahmen von knapp 5,5 auf 9,5 Millionen Euro, Karlsruhe nahm 2023 sogar 20,1 Millionen Euro ein.

Dass die Einnahmen aber nicht überall immer weiter steigen, zeigt Stuttgart: Hier sind sie 2023 um rund zwei Millionen auf 17,9 Millionen Euro gesunken. Die Stadt spricht von einem "gewissen Lerneffekt". Man könnte vielleicht auch sagen: Die Stuttgarter wissen jetzt halt, wo die meisten Anlagen stehen. 

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Geht es den Kommunen und dem Land beim Blitzen nur ums Geldeinnehmen?  

Verkehrsexperte Michael Schreckenberg von der Uni Duisburg hält den erzieherischen Wert der Radarfallen für fraglich. Er vermutet, dass die Städte mit Blitzern aufrüsten, um ihre Einnahmen zu verbessern. Die Kommunen würden dann schauen, wo sie die Geräte "besonders gewinnbringend einsetzen" könnten, so Schreckenberg.

Die Kommunen weisen den Vorwurf zurück. In Esslingen etwa heißt es, wer sich ans Tempolimit halte, habe auch nichts zu befürchten. Auch die Stadt Freiburg widerspricht: "Grundsätzlich werden Messanlagen nur dort aufgestellt, wo es auch aufgrund des Verkehrsaufkommens angezeigt ist", heißt es. Die Einnahmen seien ein positiver Nebeneffekt. Auch Tübingen sieht das Blitzen als wesentlichen Beitrag zur Verkehrssicherheit.

Darf ich eine Blitzer-App auf meinem Smartphone nutzen? 

Grundsätzlich gilt: Man darf eine solche App auf dem Handy installieren. Man darf sie auch vor der Fahrt verwenden, also vorab schauen, ob auf der geplanten Strecke irgendwo Blitzer sind. Nicht erlaubt ist es jedoch, die App während der Fahrt zu nutzen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat 2022 außerdem entschieden, dass auch der Beifahrer die Blitzer-App während der Fahrt nicht anmachen darf. 

Wird man von der Polizei gestoppt und diese hat den begründeten Verdacht, dass eine Blitzer-App benutzt wurde - zum Beispiel, wenn die Polizisten bei heruntergelassenem Autofenster den Signalton der App gehört haben - dann darf sie das Handy checken und gegebenenfalls auch als Beweismittel sicherstellen. Gibt man das Gerät nicht freiwillig heraus, darf die Polizei bei einem begründeten Verdacht es auch beschlagnahmen. 

Welche Strafe droht bei der Nutzung der Blitzer-App? 

Wer unterwegs eine Blitzer-App verwendet, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Es droht dann ein Bußgeld in Höhe von 75 Euro und ein Punkt in Flensburg. Wer dann schon sieben Punkte hat, muss eine Zeit lang zu Fuß gehen: Ab acht Punkten wird die Fahrerlaubnis für mindestens ein halbes Jahr entzogen.

Manche Blitzer in Baden-Württemberg haben seltsame Namen wie Heini oder Alma. Woher kommen die denn? 

Das sind in der Regel mobile Blitzeranhänger, die von den Bürgern vor Ort so getauft werden. Zum Beispiel gibt es in Göppingen den Blitzeranhänger Alma, angelehnt an die beiden Anfangsbuchstaben von Vor- und Nachnamen von Oberbürgermeister Alexander Maier (Grüne).

In Eislingen an der Fils (Kreis Göppingen) heißt der mobile Blitzer Heini nach dem Oberbürgermeister Klaus Heininger (parteilos). In beiden Fällen wurden sie in Facebook-Gruppen von Nutzern so getauft. Im Enzkreis zum Beispiel gibt es Sonja und Bert. Sonja blitzt schon länger; als dann ein neuer mobiler Blitzer angeschafft wurde, hat das Team von der Verkehrsbehörde Bert als Namen ausgewählt, aus Gleichberechtigungsgründen. 

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Ein recht aktuelles Beispiel gibt es aus Neuenbürg-Dennach (Enzkreis). Da hatte ein Anwohner auf dem eigenen Grundstück eine silberne Blitzersäule mit schwarzen Streifen täuschend echt nachgebaut. Einen berühmten Fake-Blitzer hat 2017 ein Anwohner an der B33 bei Markdorf (Bodenseekreis) aufgestellt. Damals hieß es vom Landratsamt, der Verkehr werde durch die falsche Radarkontrolle nicht gestört, deshalb sei das unproblematisch. Der Blitzer durfte bleiben.

Allerdings: Selber einen Blitzer aufzustellen, verstößt eigentlich gegen Paragraf 132 des Strafgesetzbuches, darin geht es um Amtsanmaßung. 2020 stellte das Ordnungsamt von Rheinfelden (Kreis Lörrach) einem Anwohner, der einen Blitzer gebaut hatte, eine Frist zum Abbau, weil die Radarfalle eine Form der Selbstjustiz darstelle.

Eine selbstgebaute Radarfallen-Attrappe steht am 30.03.2017 in Hepbach bei Markdorf (Bodenseekreis) an der Bundesstraße 33.
Eine selbstgebaute Radarfallen-Attrappe steht am 30.03.2017 in Hepbach bei Markdorf (Bodenseekreis) an der Bundesstraße 33.

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