Um die Löcher im nächsten Haushalt zu stopfen, sucht die grün-schwarze Koalition in BW mit Hochdruck nach Geldquellen. Wie der SWR erfuhr, ist eine Kürzung der regelmäßigen Einzahlung in den Pensionsfonds im Gespräch. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sagte auf SWR-Anfrage: "Solche Vorschläge muss man prüfen. Ich finde, wir sind in einer Lage, wo man sich alle sinnvollen Vorschläge anschauen muss." Bisher ist geplant, in den Jahren 2025 und 2026 fast 1,7 Milliarden Euro in den Fonds für pensionierte Beamtinnen und Beamte einzuzahlen. Bei der Sitzung der Haushaltskommission am 5. Juni wollen die Spitzen der Koalition über eine mögliche Kürzung sprechen.
CDU zeigt sich gesprächsbereit: Aber kein Griff in Fonds
Auch die CDU hält eine geringere Einzahlung für möglich, warnt aber vor einem Griff in den Fonds. Haushaltsexperte Albrecht Schütte sagte dem SWR, die Zahl der Pensionäre in Baden-Württemberg habe 1990 noch bei 60.000 gelegen, nun gebe es etwa 150.000. Laut Prognose kämen bis 2050 nur noch etwa 10.000 hinzu. "Da wir das Hochplateau fast erreicht haben, können wir über eine geringere Zuführung reden." Diese dürfe aber nur moderat und "eines der letzten Mittel zum Ausgleich des Haushalts sein". Der CDU-Politiker mahnte aber, dass der Kapitalstock auf keinen Fall angegriffen werden dürfe.
BW hat elf Milliarden Euro für Pensionäre angespart
Das Land legt seit gut 15 Jahren zusätzlich Geld für die steigende Zahl der Pensionäre zurück. 2023 kamen laut Finanzministerium 725 Millionen Euro hinzu, dieses Jahr sollen 768 Millionen Euro sein. Ende vergangenen Jahres waren demnach rund 11 Milliarden Euro in dem Fonds. Kritiker einer möglichen Kürzung der Zuzahlung monieren, man verlagere die finanziellen Probleme nur auf später. In Schleswig-Holstein wurden diese Bedenken aus Finanznot vom Tisch gewischt. Die schwarz-grüne Regierung in Kiel will gut eine Milliarde Euro aus dem Versorgungsfonds entnehmen, um den Haushalt auszugleichen. Damit wäre der Fonds so gut wie leer.
Finanzminister spricht von einer Lücke von 2,5 Milliarden Euro
Hintergrund für die Überlegungen in der baden-württembergischen Landesregierung ist das erwartete Finanzloch im Doppelhaushalt 2025/2026. Zwar nimmt das Land laut der Steuerschätzung mit 628 Millionen Euro mehr Steuern ein als geplant. Doch das reiche bei weitem nicht aus, um die geplanten Ausgaben im Etat zu decken, erklärte Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) am Freitag. Es klaffe eine Lücke von 2,5 Milliarden Euro im Etat. Für neue Investitionen sei kaum Spielraum da. "Auf dieser Basis wird es schwierig werden, einen Korridor für zusätzliche Ausgaben des Landes zu schaffen", sagte der Grünen-Politiker.
Neue Kredite wegen schwacher Konjunktur möglich
Um die Finanzlücke im Haushalt teilweise zu schließen, dürfte die Koalition eine Sonderregel innerhalb der Schuldenbremse nutzen. Diese sieht vor, dass die Landesregierung bei schwacher Konjunktur in einem gewissen Umfang neue Schulden aufnehmen darf, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wie hoch diese sogenannte Konjunkturkomponente ausfallen wird, ist aber noch nicht klar.
Weitere Optionen: Langsamer Schulden tilgen und EnBW-Dividende abschöpfen
Wie der SWR erfuhr, sieht die Koalition noch weitere Möglichkeiten, um den Haushalt aufzubessern. So wäre es möglich, die Zurückzahlung der Schulden, die zur Bewältigung der Corona-Pandemie aufgenommen wurden, zu strecken. Ursprünglich hatte Grün-Schwarz acht Milliarden Euro aufgenommen, aber schon eine Milliarde Euro getilgt. Die Verlängerung der Tilgung könnte nach internen Berechnungen 120 Millionen Euro im Jahr bringen. Zudem könnte die Landesregierung die erhöhte Dividende des Energiekonzerns EnBW abschöpfen. Das Land hält 46,75 Prozent an dem Karlsruher Energieversorger. Hier könnte die Regierung demnach rund 100 Millionen Euro einstreichen.
Warum hat BW ein so großes Loch im Haushalt?
Die Erklärung für die Finanzlücke ist zum einen, dass das Land langfristig mit einer deutlich besseren Konjunktur und höheren Steuereinnahmen gerechnet hat. Doch die Wirtschaft schwächelt und soll laut Prognose der Bundesregierung im nächsten Jahr nur um 0,3 Prozent und 2026 um 1,0 Prozent wachsen. Zudem schlagen auch beim Land die allgemeine Kostensteigerung und die höheren Energiepreise ins Kontor. Hinzu kommen Tarifsteigerungen im Öffentlichen Dienst, die das Land im nächsten Etat rund zwei Milliarden Euro kosten. Aber: Grün-Schwarz hat eben auch seine Ausgaben weiter gesteigert, etwa im Bildungsbereich.
600 Millionen Euro weniger Einnahmen als angenommen Sinkende Steuereinnahmen: BW muss auf noch mehr Geld verzichten
Die fetten Jahre scheinen definitiv vorbei: Baden-Württemberg hat im Jahr 2023 nochmals weniger Steuern eingenommen. Der Finanzminister sieht weniger finanzielle Spielräume.
Streit um finanzielle Schwerpunkte absehbar
Angesichts dieser Ausgangslage ist ein Koalitionsstreit um die Prioritäten im nächsten Haushalt programmiert. Der Etat ist zudem der letzte der Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vor der Landtagswahl 2026.