Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) plant ein Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für Lebensmittel, die zu viel Zucker, Fett und Salz enthalten. "Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder gesünder aufwachsen können", sagte Özdemir am Montag in Berlin. Bisherige freiwillige Selbstverpflichtungen hätten beim Kinderschutz versagt.
Werbeverbote sollen von 6 bis 23 Uhr gelten
Die Werbeverbote sollen demnach zwischen 6 und 23 Uhr in allen für Unter-14-Jährige zugänglichen Medien gelten. Auch Außenwerbung auf Plakaten für solche Produkte will der Minister für unzulässig erklären - aber nur im Umkreis von 100 Metern um Schulen, Kitas, Spielplätze und Freizeiteinrichtungen für Kinder. Außerdem mit einschließen soll das Verbot an Kinder gerichtetes Sponsoring für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt. Bei der Frage, für welche Lebensmittel das Werbeverbot am Ende gelten soll, wolle man sich an Nährwertberechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren.
Der baden-württembergische Landesernährungsminister Peter Hauk (CDU) stimmte Özdemir nur teilweise zu: "Grundsätzlich teilt das Land Baden-Württemberg bereits seit langem die Auffassung, dass die Werbung für Kinderlebensmittel sowie allgemein für an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel, deren übermäßige Aufnahme im Rahmen der Gesamternährung nicht empfohlen wird, besser reguliert werden muss", antwortete Hauk auf eine Anfrage des SWR.
BW-Minister Hauk: Vorstoß greift zu kurz
Doch allein mit der Forderung nach einem Werbeverbot springe der Bundesminister zu kurz, so Hauk weiter. Um gesunde Kinderernährung erfolgreich umzusetzen, brauche es in erster Linie eine breite Aufklärungskampagne, um Kinder in Schulen und Kitas mit gesunder und regionaler Ernährung in Kontakt zu bringen. Baden-Württemberg setze dies mit der Initiative "BeKi - bewusste Kinderernährung" bereits seit vielen Jahren erfolgreich um - allerdings bislang ohne finanzielle Unterstützung des Bundes.
AOK: Werbung beeinflusst Essverhalten maßgeblich
Zustimmung erhält Özdemir für seinen Vorstoß vor allem von Verbraucher- und Medizinverbänden, die sich schon länger für ein derartiges Verbot aussprechen. Positiv über den Gesetzesentwurf äußerten sich die deutsche Adipositas-Gesellschaft, foodwatch und der AOK-Bundesverband. "Kinder und Jugendliche müssen vor dieser Werbung geschützt werden, weil sie maßgeblich ihr Kauf- und damit auch ihr Essverhalten beeinflusst", sagte Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands.
Lebensmittelverband: Keine wissenschaftliche Grundlage
Der Lebensmittelverband kritisierte dagegen den Gesetzesentwurf. Die Maßnahmen seien ungeeignet zur Bekämpfung gesundheitlicher Risiken durch Fettleibigkeit bei Kindern und stützten sich auf keine wissenschaftliche Grundlage. Kritik kam auch aus Reihen von Union und FDP. "Özdemir ebnet den Weg für Dirigismus, Bürokratie und staatliche Bevormundung", sagte Unions-Fraktionsvize Steffen Bilger (CDU) der "Rheinischen Post".