Wahlplakate in Heidelberg von Bauer und Würzner

Stark im Land, schwach vor Ort?

Nach Wahlniederlage in Heidelberg: Warum es nicht mehr Grüne in Rathäusern in BW gibt

Stand
Autor/in
Tim Kukral
Tim Kukral ist Teil des Teams von "Zur Sache! Baden-Württemberg".

In BW gibt es nur neun grüne Bürgermeister - keiner davon in einer Großstadt. Was sind die Gründe für das wiederholte Scheitern beim Ringen um einen Sitz im Rathaus? Eine Analyse.

Die Grünen wollten mit der ehemaligen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer das Heidelberger Rathaus erobern, doch das ist mit der Stichwahl am Wochenende endgültig gescheitert. Die Kandidatin Bauer unterlag dem amtierenden - parteilosen - Oberbürgermeister Eckart Würzner. Damit bleibt es dabei, dass die Grünen in keiner Großstadt in Baden-Württemberg den Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin stellen. Und das im einzigen grün geführten Bundesland.

Erfolgreich bei Landtagswahl, Niederlage bei OB-Wahl

Bei der Landtagswahl im März letzten Jahres triumphierte Bauer noch. Knapp 42 Prozent erreichte die Kandidatin der Grünen in Heidelberg. Für Bauer bedeutete das zum dritten Mal in Folge das Direktmandat in ihrem Wahlkreis, mit enormem Vorsprung. Eineinhalb Jahre später erreichte Bauer wieder rund 42 Prozent. Dieses Mal, bei der Stichwahl für das Amt des Oberbürgermeisters von Heidelberg, bedeutete das aber eine klare Niederlage.

Nach dem Wahlergebnis am Sonntag, zeigt sich Theresia Bauer enttäuscht:

Bauers Scheitern exemplarisch für BW-Grüne

Auf Landesebene erfolgreich, bei Bürgermeisterwahlen meist erfolglos: Das Beispiel Bauer steht exemplarisch für die baden-württembergischen Grünen. Woran liegt das? Der Mannheimer Politikwissenschaftler Marc Debus betont: "Bei Bürgermeisterwahlen werden explizit Personen gewählt, die man natürlich auch mit einer bestimmten inhaltlichen Positionierung verbindet." Dabei stelle sich die Frage, wie viele Personen die Grünen hätten, die nicht nur für die grüne Kernwählerklientel von Interesse seien, sondern auch für bürgerlich-konservative Wählerinnen und Wähler. "Und die Anzahl dieser Personen ist, wenn man sich die Wahlergebnisse anschaut, offenbar begrenzt", bilanziert der Politikwissenschaftler.

Beispiel Bauer: In akademischen Kreisen hoch angesehen, von Forscherinnen und Forschern in Deutschland wurde sie mehrfach als "Wissenschaftsministerin des Jahres" ausgezeichnet. In der Universitätsstadt Heidelberg durchaus ein Argument. "Wenn es aber um Bürgermeisterwahlen geht, braucht man Mehrheiten von über 50 Prozent, um zu gewinnen", so Debus. Parteien wie die Grünen seien eher für ein bestimmtes gesellschaftliches Segment von Interesse und hätten es deshalb schwer, auf absolute Mehrheiten zu kommen.

Nur neun grüne Bürgermeister im Land

Das zeigen die Ergebnisse bei Bürgermeisterwahlen, nicht nur in Heidelberg. Es gibt rund 1.100 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Baden-Württemberg. Gerade einmal neun davon sind grün. Keiner dieser grünen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister regiert in einer Großstadt. Stuttgart mit Fritz Kuhn und Freiburg mit Dieter Salomon hatten bis vor wenigen Jahren noch grüne Oberbürgermeister, doch die letzten OB-Wahlen dort gingen für die Grünen verloren. In Tübingen gewann Boris Palmer, dessen grüne Parteimitgliedschaft ruht, gegen die offizielle Kandidatin der Grünen.

"Das deutet einfach darauf hin, dass die Grünen auch entgegen vieler Umfrageergebnisse eben doch eine Partei sind, die noch relativ weit entfernt ist von dem Charakter einer Volkspartei in dem Sinne, dass man Programmangebote für alle Teile der Bevölkerung macht und dies auch von allen Teilen der Bevölkerung so wahrgenommen wird", sagt Debus. Dabei betonen die Grünen, wie wichtig die kommunale Ebene für ihre Politik sei.

Grüne-Landesvorsitzende: Was wir erreichen wollen, passiert vor Ort

"Alles, was wir erreichen wollen, vom Thema Verkehrswende über Energiewende, Klimaschutz, auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt, das passiert fast alles vor Ort", so die Grünen-Landesvorsitzende Lena Schwelling. Man könne nichts auf Landes- und Bundesebene beschließen, ohne dass das nicht jemand auch vor Ort umsetzen müsse. "Und deshalb ist das gerade für uns Grüne so eine wichtige Ebene", erklärt sie. "Da müssen wir deutlicher machen, dass uns diese Bedeutung klar ist."

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Ob das gelingt, wird sich im kommenden Jahr zum Beispiel in Mannheim und in Ulm zeigen. In den beiden Großstädten finden 2023 Oberbürgermeisterwahlen statt. In Mannheim ist derzeit Peter Kurz von der SPD im Amt, in Ulm Gunter Czisch, CDU. Die Grünen sind in beiden Städten noch auf der Suche nach geeignetem Personal.

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