Die meisten Kommunen entscheiden sich dafür

Windkraft im Rhein-Neckar-Kreis: Warum sich der Wind gedreht hat

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Christian Scharff
Christian Scharff

Der Neubau von Windrädern wird auch in der Region von Gegnern bekämpft. Dennoch entscheiden sich viele Städte und Gemeinden dafür. Gründe dafür gibt es mehrere.

Der Bau von neuen Windkraftanlagen wird auch im Rhein-Neckar-Kreis bekämpft. Gegner der Windkraftanlagen machen dagegen mobil und zeichnen Schreckensszenarien.

Allerdings gibt es neben dem Klimaschutz und der Energiesicherheit mindestens einen guten Grund für Städte und Gemeinden, sich für Windkraft zu entscheiden: die Einnahmen, die bei der Verpachtung der Gelände zu erwarten sind. Alle im Folgenden genannten Orte liegen im Rhein-Neckar-Kreis, sofern nicht anderes benannt.

Visualisierung von Windkraftanlagen in Eberbach
Wie Windkraftanlagen aussehen könnten, zeigt eine Visualisierung für den Berg Hebert bei Eberbach: Die Windräder sind in der Regel nicht besonders auffällig. Ähnliche Visualisierungen gibt es für andere geplanten Standorte.

Stimmung in Dielheim grundsätzlich für erneuerbare Energien

In Dielheim hat sich der Gemeinderat relativ früh mit dem Thema Windkraft beschäftigt und ist grundsätzlich positiv eingestellt. Es gibt keine Bedenken und weitere Anregungen auf Dielheimer Gemarkung jenseits der Autobahn 6 auf dem rund 240 Meter hohen Wallenberg und im Gebiet "Großer Wald" Windkraftanlagen bauen zu lassen, sagt Bürgermeister Thomas Glasbrenner (parteilos) dem SWR.

Mit einer Einschränkung, betont er: "Bitte keine Umzingelung". Denn auch die Forst BW hat Flächen ausgeschrieben. Den Zuschlag bekam Iberdrola, nach Brancheneinschätzungen der größte Windenergieerzeuger der Welt mit Wurzeln im spanischen Bilbao. Ob diese Anlagen realisiert werden, bleibt aber nach Aussage von Thomas Glasbrenner fraglich.

Der Tenor in Dielheim ist aber: Wir wollen und müssen etwas für die Energieversorgung der Zukunft tun. Die zu erwartenden Einnahmen seien nicht das alleinige Thema, sondern der Einsatz für erneuerbare Energien. In einer Bürgerinformationsveranstaltung im Mai hat das die Bevölkerung gelassen zur Kenntnis genommen.

Es hilft nichts, wir müssen uns der Aufgabe stellen und können nicht auf kommunaler Ebene die Augen verschließen.

Wiesenbach unterstützt Windkraft-Initiative eines Landwirts

Auch in der selbstständigen 3.000-Einwohner-Gemeinde Wiesenbach läuft es auf Pro-Windkraft hinaus. Wiesenbach unterstützt die private Initiative eines Landwirts, der auf seinem Gelände rund um den Ortsteil Langenzell bis zu fünf Schwachwindanlagen errichten will und dazu auch Photovoltaik. Der Gemeinderat hatte mit großer Mehrheit beschlossen, dazu beim Regionalverband Rhein-Neckar zwei Vorranggebiete auf ihrer Gemarkung für Wind und Solar zu beantragen.

Windkraft
Vor acht Jahren installiertes Windrad auf dem Greiner Eck zwischen Neckarsteinach und Hirschhorn.

Bei der rund 19 Hektar großen Fläche handelt es sich um Äcker und Privatwald des Landwirts. Der Projektentwickler für die Windkraft ist die "Altus renewables GmbH", ein kommunales Unternehmen aus Karlsruhe, und für den Solarpark die Firma "Reventon Asset Partners". Der Gemeinderat hat kürzlich die Aufstellung von Bebauungsplänen beschlossen.

Direkte Einnahmen würde es für Wiesenbach nicht geben, weil ja das Gelände von dem Landwirt verpachtet wird. Aber es herrscht in Wiesenbach die Überzeugung vor, etwas für erneuerbare Energien tun zu müssen.

Würfel gefallen in Helmstadt-Bargen - pro Windräder

In Helmstadt-Bargen sind die Würfel inzwischen auch in Richtung Windkraft gefallen. Ein Bürgerentscheid brachte dort eine klare Mehrheit für den Bau von Windrädern. Die Windräder werden vom Unternehmen "JUWI" projektiert und gebaut. Die MVV-Tochter hat das Interessenverfahren gewonnen. Im Herrschaftswald könnten vier bis fünf Windräder entstehen.

Auf einer zweiten, davon völlig unabhängigen Schiene gibt es rund um Helmstadt-Bargen Pläne von zwei privaten Landeigentümern, die ebenfalls Windräder aufstellen könnten, in dem Fall ohne Bürgerbeteiligung.

Wolfgang Jürriens (parteilos), Bürgermeister in Helmstadt-Bargen, betont, es gehe nicht vorrangig um die Einnahmen. Aber die seien natürlich ein guter Nebeneffekt, wenn mit dem Geld Kindergärten oder Hallen saniert werden könnten oder der Strom für die Einwohner günstiger werde.

Die meisten Menschen haben gemerkt, dass wir bei erneuerbaren Energien mitmachen müssen

Energieallee in Sinsheim schon 2028

Entlang der A6 zwischen Sinsheim und Dielheim-Balzfeld plant die "badenova", eine Tochter des Freiburger Energieversorgers, zehn Windenergieanlagen. So wie es bislang aussieht, sollen die sie auf Hoffenheimer und Eschelbacher Seite der Autobahn entstehen. Die Windräder würden Energie für rund 84.000 Haushalte erzeugen und sollen schon 2028 in Betrieb gehen.

Dossenheim und Schriesheim ebenfalls für Windkraftanlagen

Für die Hänge des Odenwalds bei Dossenheim und Schriesheim gibt es ebenfalls Pläne für Windkraftanlagen rund um den Berg "Weißer Stein". Die Gemeinderäte stehen dem positiv gegenüber, Windkraftgegner agitieren dagegen. Im Frühjahr soll ein Dialogverfahren die Projekte vorantreiben.

Mehrheit in Meckesheim gegen Windkraft

In Meckesheim hingegen fiel der Bürgerentscheid im Jahr 2023 gegen den Bau von Windrädern aus - mit einer klaren Mehrheit. Örtliche Grüne hatten die Widerstandsfront angeführt, die durch andere Windkraftgegner befeuert wurde, inklusive vieler Flugblätter, die Angst vor gigantischen Anlagen schürten, die Landschaft und Leben zerstören.

Meckesheim wird also in seiner Gemeindekasse nicht von Einnahmen aus Windrädern profitieren, rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr waren im Gespräch. Aber Meckesheim könnte dennoch Windräder in der Nähe bekommen, denn der Landesforstbetrieb "Forst Baden-Württemberg" besitzt direkt angrenzend an die Meckesheimer Gemarkung Gelände, das für Windräder geeignet wäre.

Neckarsteinach im Nachbarkreis: Windräder sind unauffällig

Ein Blick über die Landesgrenze nach Neckarsteinach (Kreis Bergstraße) im südlichsten Zipfel Hessens am Neckar zeigt, was Windkraft tatsächlich mit dem Wald und der Landschaft macht: Die fünf Windräder auf dem Greiner Eck zwischen Neckarsteinach, Hirschhorn und Schönau sind unauffällig, der Wald ist seit 2016 drumherum gewachsen, nur aus großer Höhe mit einer Drohne gefilmt ragen die Windräder prominent aus dem Wald.

Windräder auf dem Lammerskopf bei Heidelberg

Auf dem Lammerskopf zwischen Heidelberg-Ziegelhausen und Schönau sollen 10 bis 15 Windräder entstehen. Das Gelände gehört der Forst BW, die Ausschreibung war deshalb auch Sache der Forst. Heidelberg, Schönau und Neckargemünd konnten nicht mit entscheiden.Aber: Ein Konsortium aus den Stadtwerken Heidelberg und den Energiegenossenschaften Starkenburg, Kraichgau und Heidelberg kommt als Projektentwickler und Betreiber für den Bürgerwindpark zum Zug.

Bürgerentscheid in Waibstadt

In Waibstadt gab es im Oktober einen Bürgerentscheid gegen die Aufstellung von bis zu 11 Windrädern auf der Gemarkung Waibstadt-Daisbach.

Eberbach: Bürgerentscheid pro Windräder auf dem Hebert

In Eberbach gab es 2022 einen Bürgerentscheid mit einer klaren Mehrheit für den Bau von fünf Windrädern auf dem Berg mit dem Namen Hebert. Projektentwickler soll das Unternehmen "BayWa-re" aus München sein, das weltweit Windkraft und Solaranlagen baut.

Schwere Finanzkrise der BayWa

Der Mutterkonzern BayWa steckt allerdings in einer schweren Finanzkrise – vor allem wegen der Verluste der Solar und Wind- Tochter BayWa-re sind fast sechs Milliarden Euro Schulden aufgelaufen. Der Münchner Agrakonzern könnte gerettet werden, schreibt die Süddeutsche Zeitung, allerdings würde dieser Prozess Jahre dauern. Was das für die Windkraftprojekte auf dem Hebert bei Eberbach bedeutet, ist noch unklar.

Falls das Projekt unter der Regie der BayWa oder eines anderen Betreibers zustande kommt, könnte Eberbach hohe Einnahmen erwarten. Pro Jahr eine Million Euro und das über 25 Jahre seien für Eberbach realistisch. Eines der Windräder könnte von einer Genossenschaft betrieben werden, dessen Einnahmen beteiligten Bürgern zugute kommen.

Was das Land laut Gesetz tun muss

Die Entwicklung pro Windkraft trotz aller Widerstände ist auch Ergebnis des neuen "Wind-an-Land-Gesetzes" der Bundesregierung, das seit Februar 2023 gilt. Die Länder werden darin verpflichtet, die Flächen bis 2032 bereitzustellen. In Baden-Württemberg soll das nach dem Willen der grün-schwarzen Landesregierung schneller gehen: Bis Ende 2025 sollen 1,8 Prozent für Windkraft und zusätzlich noch einmal 0,2 Prozent der Landesfläche für Photovoltaik ausgewiesen sein.

Falls es nicht gelingen sollte, das Flächenziel für Windkraftanlagen zu erreichen, greift die "Super-Privilegierung", das heißt, auf kommunaler und regionaler Ebene würden sämtliche Steuerungsoptionen für Windkraftanlagen verloren gehen. Super-Privilegierung bedeutet konkret, dass Windkraftanlagen überall dort genehmigt werden können, wo sie nicht verboten sind. Planerische Vorgaben des Regionalplans und auch der Flächennutzungspläne würden außer Kraft gesetzt.

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