Der Wald an der Bergstraße bei Dossenheim und Schriesheim (Rhein-Neckar-Kreis) gerät in den Brennpunkt eines Kampfs um Windkraft. Der Regionalplan weist Gebiete rund um den 549 Meter hohen "Weißen Stein" als Vorranggebiete für Windkraft aus. Die Gemeinderäte beider Orte sind weitgehend positiv eingestellt, ein Dialogverfahren soll bis zum Frühjahr das Vorgehen klären. Gegen den Bau von Windrädern gibt es allerdings auch Widerstand, teils vor Ort, teils aus unklaren Quellen.
Die Argumente der Windkraft-Befürworter
Befürworter der Windräder betonen das stärkste Argument für erneuerbare Energien: Energie selbst umweltfreundlich erzeugen und damit den Klimawandel verlangsamen. Mit Windenergie und Solarstrom könne die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und von Importen aus dem Ausland gesichert werden. Zudem würden Städte und Gemeinden von den Einnahmen profitieren. Windräder in der Ebene seien wegen fehlender Flächen, zu wenig oder zu wechselhaftem Wind und gesetzlichen Einschränkungen nicht sinnvoll. Also müssten sie an höher gelegenen Stellen errichtet werden, so wie in Schriesheim und Dossenheim.
Die Position der Windkraft-Gegner
Gegner der Windkraftanlagen argumentieren mit dem Landschafts- und Artenschutz. Windräder wie auf den Höhen des Odenwalds könnten die Natur beeinträchtigen und den Lebensraum von Tieren stören. Sie wollen den Wald in seinem heutigen Zustand erhalten. Zudem sei die Ansicht der Windräder nicht schön. Bedenken gibt es auch wegen möglicher Auswirkungen auf den Tourismus, der von unberührter Natur profitiere. Die meisten Windkraftgegner wollen Windräder, wenn überhaupt, nur in der Ebene.
Wie Windräder nach einigen Jahren in den Wald "eingewachsen" sind, zeigt das Beispiel Greiner Eck bei Hirschhorn (Kreis Bergstraße), wo 2016 Windräder gebaut wurden.
Investoren für Dossenheim und Schriesheim warten schon
Entscheiden sich Dossenheim und Schriesheim, bei der Windkraft voranzugehen, wird es an Investoren nicht mangeln, heißt es in den Rathäusern. Die Bundesregierung hatte Anfang 2023 mit ihrem neuen Wind-an-Land-Gesetz Hindernisse für den Bau von Windkraftanlagen weitgehend beseitigt. Planungs- und Genehmigungsverfahren wurden beschleunigt und die Voraussetzungen geschaffen, um Flächen bereit zu stellen
Windräder in die Ebene
Die Gegner der Windkraftanlagen an der Bergstraße waren längere Zeit grundsätzlich gegen Windkraft. Klimawandel sei eine Erfindung der Windkraftindustrie, lautete ein Kernargument, das sie im Mitteilungsblatt der Stadt Schriesheim häufig veröffentlichten. Jetzt hat sich nach einem Vorstandswechsel die Argumentation geändert. Windräder sollen in die Ebene, das sagte eine Windkraftgegnerin gegenüber dem SWR bei einer Wanderung der Windkraftgegner zu möglichen Standorten für Windräder im Schriesheimer Wald.
Lobby-Arbeit auf Bundesebene
Die Initiativen der Windkraftgegner in Schriesheim, Dossenheim und Hirschberg (ebenfalls Rhein-Neckar-Kreis) erhalten Unterstützung vom Verein Gegenwind mit Sitz in Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis), dessen Aktivitäten wiederum in die größere Struktur "Vernunftkraft" eingebunden sind, die Lobby-Arbeit gegen Windkraft macht.
Die Finanzierung der oft aufwändigen Aktionen wie Postwurfsendungen und der großen Banner an der Bergstraße bleibt undurchsichtig. Prominenter Redner der Windkraftgegner an der Bergstraße war jüngst Fritz Vahrenholt, der sich vehement gegen Windkraft wendet und behauptet, der Klimawandel sei nur teilweise menschengemacht.
Dieter Teufels Argumente übernommen
Die Windkraftgegner folgen jetzt aber eher Dieter Teufel, dem Chef des Umwelt- und Prognose-Instituts (UPI) aus Heidelberg. Der agiert seit einiger Zeit gegen Windräder auf Höhenzügen, wie sie auch in Heidelberg auf dem Lammerskopf geplant sind. Es könne auf anderem Weg viel mehr Kohlendioxid (CO2) eingespart werden, etwa durch Photovoltaik oder Einschränkungen im Verkehr, sagt Teufel.
Energiewende Bergstraße
Für Windkraft engagiert sich dagegen die Initiative Energiewende Bergstrasse. Thomas Rinneberg ist einer der Aktiven des Vereins. Windräder in der Ebene, betont er, seien längst nicht so effektiv wie in der Höhe:
Er wendet sich auch gegen Argumente des Windkraftgegners Fritz Vahrenholt. Rinneberg schreibt: "Die Studie stammt nicht von ausgewiesenen Fachleuten, sondern vom ehemaligen AfD-Kreisrat Andreas Geisenheiner sowie Klaus K. Maier, zu dem sich im Internet so gut wie nichts findet. Die verwendeten Quellen umfassen das rechte Blog Achse des Guten, das rechtspopulistische Online-Magazin Tichys Einblick sowie die von Vahrenholt gegründete Klimawandel-Leugnungsfirma relook climate."
Thomas Rinneberg betont, der Erhalt kleiner Waldflächen habe nicht annähernd den gleichen Effekt für das Klima wie die Stromerzeugung durch ein Windrad.
Im Frühjahr soll an der Bergstraße eine Entscheidung über den Bau von Windrädern fallen. Wie viele es werden sollen und wo genau, steht noch nicht fest. Falls ein Artenschutzgutachten vorgeschaltet wird, verzögert sich der Prozess weiter. Es könnte auch einen Bürgerentscheid zum Bau von Windrädern geben.