Dünnschnitt eines Retina-Organoiden

Neues Präventionszentrum festigt Heidelbergs Stellung in der Krebsforschung

Neue Forschung: Intervallfasten könnte vor Leberkrebs schützen

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Autor/in
Christian Scharff
Christian Scharff

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg bekommt ein Krebspräventionszentrum und präsentiert Forschungsergebnisse: Intervallfasten könnte Leberkrebs verhindern.

In Heidelberg wird bis zum Jahr 2027 ein neues Krebs-Präventionszentrum entstehen. Die Vorsorge wird bei einer immer älteren Bevölkerung in Deutschland und auch weltweit zu einem zentralen Pfeiler der Krebsbekämpfung. Nur so könnten die angestrebten Ziele erreicht werden. Frühzeitiges Eingreifen bei Erkrankung und vor allem die Prävention könnten nach heutigem Wissen die Krebssterblichkeit um bis zu 70 Prozent senken.

Das Krebs-Präventionszentrum wird nicht nur ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern auf Arbeitsebene sein, sondern ein eigenes Gebäude in Heidelberg beziehen. Dort werden Mitarbeiter des Deutschen Krebsforschungszentrums, der Deutschen Krebshilfe und Vertreter von anderen Organisatoren und Sponsoren zusammenarbeiten.

Im Verständnis über die Ursache von Krebs macht die Wissenschaft Riesensprünge. Lange bekannt ist die Erkenntnis, dass Viren und Bakterien Krebs auslösen können.

Weltkrebstag am 4. Februar

Einige aktuelle Ansätze zur Krebs-Prävention sind anlässlich des kommenden Weltkrebstags 2024 (4. Februar) der Öffentlichkeit vorgestellt worden.

Mit herangezüchteten Mini-Tumoren im Brutkasten können Krebsmedikamente für Kinder getestet werden.
Krebsfoschung ist vor allem aufwändige Laborarbeit. Mathematik spielt dabei eine immer größere Rolle.

Intervallfasten kann Leberkrebs vorbeugen

Vorbeugung bedeutet fast immer auch Verhaltensänderungen und da spielt das Essen neben der Bewegung eine große Rolle. Prof. Mathias Heikenwälder vom DKFZ hat den Zusammenhang zwischen Intervallfasten und der Entstehung von Leberkrebs untersucht.

Bei Versuchen mit Mäusen zeigte sich: Fasten ein oder zweimal pro Woche für 24 Stunden war das beste Rezept, um die Fettleber zu reduzieren und auch das Auftreten von Leberkrebs. Dabei nahmen die Tiere genauso viel Kalorien zu sich wie andere Mäuse, die frei futtern durften. Die Ergebnisse sind ermutigend, der Stoffwechsel atmet regelrecht auf, die Zellen erholen sich. Klinische Tests müssen diese Ergebnisse jetzt bestätigen.

Schädliches Darmbakterium im Visier

Es geht bei der Studie des Biologen Dr. Jens Puschhof und seinem Team in Heidelberg um die Rolle von Bakterien bei der Entstehung von Darmkrebs. So identifizierte das Team in aufwendiger Arbeit einen Stamm des Darmbakteriums Escherichia Coli, das die Substanz Colibactin abgibt, die mit der DNA reagiert und so Erbgutschäden verursachen kann. Colibactin befördert somit die Entstehung von Darmkrebs. Allerdings erkranken nicht alle Träger der schlechten E.-Coli-Variante.

Rund jeder achte Darmkrebspatient trägt die schlechte Variante von E. Coli ("Phs + Escherichia Coli"). In Zukunft könnte eine gezielte Veränderung der Darmflora, zu der ja E. Coli mit alle seinen Varianten ganz selbstverständlich gehört, die Vorsorge verbessern.

Die Forschung an Organoiden bietet viele Möglichkeiten bei der Erforschung von Krankheiten.
Die Forschung an Organoiden bietet viele Möglichkeiten bei der Erforschung von Krankheiten.

Jens Puschhof und sein Team arbeiten bei ihren Forschungen mit gezüchteten Gewebestrukturen, den Organoiden. Die Forscher erhielten kürzlich den Nachwuchspreis für Krebspräventionsfoschung des DKFZ.

Impfung gegen Lynch-Tumoren

Einen anderen Präventionsansatz verfolgt in einem Forschungsteam Aysel Ahadova zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den USA. Ihnen ist es gelungen, bei Mäusen mit einer Schutzimpfung das Immunsystem gegen Tumorzellen zu aktivieren und so zu verhindern, dass Krebs entsteht. In diesem Forschungsbereich sind die Heidelberger weltweit führend. Die Forschungen liefen an "Lynch-Tumoren". Daran erkranken Menschen, denen ein wichtiger Reparaturmechanismus für Zellen fehlt, der normalerweise kleinere Fehler korrigiert. Es fehlt dem Körper also ein Werkzeug. Die Hälfte aller Menschen mit dieser erblichen Veranlagung erkrankt an Krebs. Die Schutzimpfung könnte hier helfen.

 Biomarker zur Früherkennung von Leberkrebs

Die Wissenschaftlerin Prof. Ursula Klingmüller aus Heidelberg  hat zusammen mit ihrem Team Auslöser für Leberkrebs ermittelt. Biomarker könnten in Zukunft zeigen, so die Vision, wie weit die Leber auf dem Weg zur Krebsentstehung ist. Vor Erreichen eines Kipppunkts können Verhaltensänderungen noch viel bewirken, denn die Leber regeneriert sich sehr gut selbst.

Die Forschungen sind wichtig, weil die Zahl der Leberkrebs-Fälle weltweit steigt. Eine Vorstufe für Leberkrebs ist die Fettleber. Bei zu viel Fett und Zucker im Essen lagert die Leber Fett ab. Allein in Deutschland gibt es 20 Millionen Betroffene. Das ist für sich selbst noch keine Krankheit. Aber in der dauergestressten Leber können sich leichter Krebszellen entwickeln.

Weiter Weg bis zur klinischen Praxis

Auch mit Hilfe komplexer mathematischer Methoden haben die Wissenschaftler in Heidelberg Blutmarker gefunden, die schon früh die Gefährdung der Leber anzeigen. Das könnte in Zukunft weitreichende Auswirkungen auf die Vorsorge haben. Denn die Biomarker im Blut zeigen schon erhöhte Werte, bevor der Krebs mit bildgebenden Verfahren überhaupt sichtbar wird. Es wäre also ein Frühwarnsystem. Bis diese Erkenntnis aus der Grundlagenforschung in die klinische Praxis kommt, wird noch viel Zeit vergehen, das gilt auch für die Forschungen, wie Bakterien die Krebsentstehung beschleunigen können.

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